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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hochexplosiven Stoffe.
    Also würde das Schießpulver an mehreren Stellen explodieren und die umstehenden Fässer in Brand setzen. Doch die Fässer würden langsam brennen; sie hatte Sinclair einmal dabei zugesehen, wie er solche Fässer herstellte; die Dauben waren anderthalb Zentimeter dick und wasserdicht. Ihr fiel der Geruch beim Durchschreiten des Lagerhauses ein; ja, wahrscheinlich hatte Murchison bei ein paar Fässern die Stöpsel gezogen und das Terpentin auslaufen lassen, um dem Feuer nachzuhelfen.
    Also würden die Fässer zwar brennen, doch sie würden wahrscheinlich nicht explodieren - oder wenn, dann nicht alle gleichzeitig. Das Atmen fiel ihr etwas leichter, während sie diese Überlegungen anstellte. Keine Bombe; vielleicht eine Serie von Feuerwerkskörpern.
    Also. Sie holte tief Luft - so tief sie es mit Osbert im Weg konnte. Sie legte die Hand auf ihren Bauch und spürte, wie ihr dahinrasender Herzschlag sich zu verlangsamen begann.
    Selbst wenn einige Fässer explodierten, würde sich der Druck der Explosion nach außen und nach oben richten, durch die dünnen Holzwände und das Dach. Nur ein kleiner Teil des Druckes würde nach unten abgeleitet werden. Und dieser - sie langte hinauf und drückte mit der Hand gegen einen Balken, um sich seiner Haltbarkeit zu versichern.
    Sie setzte sich ganz plötzlich auf den Boden, und ihre Röcke blähten sich um sie herum.
    »Ich glaube, es wird gutgehen«, flüsterte sie, ohne zu wissen, ob sie John, das Baby oder sich selbst meinte.

    Vor Erleichterung zitternd saß sie einen Augenblick zusammengesunken da, wälzte sich dann umständlich auf die Knie und begann, mit zittrigen Fingern Erste Hilfe zu leisten.
    Sie mühte sich immer noch damit ab, einen Streifen vom Saum ihres Unterrockes abzureißen, als sie die Schritte hörte. Sie näherten sich schnell, rannten fast. Sie drehte sich abrupt zur Treppe, doch nein - die Schritte kamen aus der anderen Richtung, hinter ihr.
    Sie wirbelte herum und sah Stephen Bonnets Gestalt aus der Dunkelheit aufragen.
    »Lauft weg!« schrie er sie an. »Um des lieben Himmels willen, warum seid Ihr noch nicht fort?«
    »Weil es hier sicher ist«, sagte sie. Sie hatte die Muskete neben Greys Körper auf den Boden gelegt; sie bückte sich und ergriff sie, hob sie an ihre Schulter. »Geht.«
    Er starrte sie mit halbgeöffnetem Mund aus dem Dämmerlicht an.
    »Sicher? Was für eine Idiotin! Habt Ihr nicht gehört -«
    »Ich habe es gehört, aber Ihr irrt Euch. Es wird nicht explodieren. Und selbst wenn, wäre es hier unten noch sicher.«
    »Unsinn! Lieber Himmel! Selbst wenn der Keller nicht in die Luft fliegt, was geschieht, wenn das Feuer durch den Boden kommt?«
    »Das geht nicht, er ist aus Stein.« Sie ruckte mit dem Kinn nach oben, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    »Hier hinten ja - vorne am Fluß ist er aus Holz, genau wie oben am Kai. Er wird abbrennen und einstürzen. Und was geschieht dann hier hinten, häh? Wird Euch nicht viel nützen, daß die Decke hält, wenn der Rauch angewälzt kommt, um Euch zu ersticken!«
    Sie spürte, wie sich eine Welle der Übelkeit in ihrem Inneren regte.
    »Er ist offen? Der Keller ist nicht versiegelt? Das andere Ende des Korridors ist offen?« Noch bevor sie den Satz beendete, war ihr klar, daß er natürlich offen war - er war in diese Richtung gerannt, zum Fluß, nicht zur Treppe.
    »Ja! Jetzt kommt!« Er machte einen Satz nach vorn und griff nach ihrem Arm, doch sie fuhr zurück bis an die Wand, die Gewehrmündung auf ihn gerichtet.
    »Ich gehe nicht ohne ihn.« Sie leckte sich die trockenen Lippen und wies kopfnickend auf den Boden.
    »Der Mann ist tot!«
    »Das ist er nicht! Hebt ihn auf!«
    Eine außergewöhnliche Mischung von Gefühlen überzog Bonnets Gesicht; Wut und Erstaunen waren die stärksten unter ihnen.
    »Hebt ihn auf!« wiederholte sie laut. Er stand bewegungslos da
und starrte sie an. Dann hockte er sich ganz langsam hin, nahm John Greys schlaffe Gestalt in die Arme, schob seine Schulter unter Greys Bauch und hievte ihn hoch.
    »Dann kommt jetzt«, sagte er und verschwand in der Dunkelheit, ohne sie noch einmal anzusehen. Sie zögerte eine Sekunde lang, ergriff dann die Laterne und folgte ihm.
    Nach zwanzig Metern roch sie Rauch. Der gemauerte Korridor verlief nicht gerade, er verzweigte und wand sich, damit man in die unzähligen Kellerräume gelangen konnte. Doch er führte beständig abwärts auf das Flußufer zu. Während sie den vielen Windungen hinunter folgten,

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