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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Abzug. Er war nicht mehr als zwanzig Meter von ihr entfernt, ein perfekter Schuß. Nicht von deiner Hand. Sie senkte das Gewehr und ließ ihn ziehen.
    Das Lagerhaus stand jetzt völlig in Flammen; die Hitze schlug ihr gegen die Wangen und blies ihr das Haar aus dem Gesicht.
    »Ich habe ein Schiff flußaufwärts«, hatte er gesagt. Sie blinzelte in die Feuersbrunst. Das Feuer füllte fast den ganzen Fluß aus, ein riesiger, schwimmender Film, der von Ufer zu Ufer in einem feurigen Garten voller Flammenknospen erblühte. Nichts konnte diese blendende Mauer aus Licht durchdringen.
    Ihre andere Faust umschloß immer noch den Gegenstand, den er ihr gegeben hatte. Sie öffnete die Hand und sah auf den feuchten, schwarzen Diamanten hinab, der in ihrer Handfläche glitzerte. Das Feuer glühte rot und blutig in seinen Facetten auf.

ZWÖLFTER TEIL
    Je t’aime

63
    Vergebung
    River Run, Mai 1770
    »Das ist die sturste Frau, der ich je begegnet bin!« Brianna rauschte durch das Zimmer wie ein Schiff unter vollen Segeln und ließ sich mit wehenden Röcken in den Sessel neben dem Bett sinken.
    Lord John Grey öffnete ein Auge, das blutunterlaufen unter seinem Bandagenturban hervorlugte.
    »Deine Tante?«
    »Wer denn sonst?«
    »Du hast doch einen Spiegel in deinem Zimmer, oder?« Sein Mund verzog sich, und nach einem Moment des Zögerns folgte auch der ihre.
    »Es ist ihr verdammtes Testament. Ich habe ihr gesagt , daß ich River Run nicht haben will, daß ich keine Sklaven halten kann - aber sie weigert sich, es zu ändern! Sie lächelt einfach nur, als wäre ich eine Sechsjährige, die einen Wutanfall hat, und sagt, wenn es soweit ist, werde ich noch froh darüber sein. Froh!« Sie schnaubte und warf sich in eine bequemere Position herum. »Was mache ich nur?«
    »Nichts.«
    »Nichts?« Sie richtete die ganze Energie ihrer Verärgerung auf ihn. »Wie kann ich denn nichts tun?«
    »Erstens wäre ich extrem überrascht, wenn Eure Tante nicht unsterblich wäre; so manches Mitglied dieser Schottensippe scheint es zu sein. Sollte sich dies allerdings« - winkte er ab - »als unwahr herausstellen, und sollte sie weiter die Wahnvorstellung hegen, daß du dich als gute Herrin für River Run erweisen könntest -«
    »Warum meinst du, daß ich das nicht könnte?« fragte sie voll verletztem Stolz.
    »Du kannst eine Plantage von dieser Größe nicht ohne Sklaven betreiben, und du lehnst es aus Gewissensgründen ab, Sklaven zu besitzen, das hat man mir zumindest zu verstehen gegeben. Obwohl ich noch nie eine Frau gesehen habe, die eine schlechtere Quäkerin abgeben
würde.« Er verengte sein geöffnetes Auge und spielte auf das immense Zelt aus lila gestreiftem Musselin an, in das sie gehüllt war. »Um auf unser Thema zurückzukommen - oder eins davon -, solltest du dich als unfreiwillige Erbin einer Anzahl von Sklaven wiederfinden, so läßt sich ihre Befreiung zweifellos arrangieren.«
    »Nicht in North Carolina. Die Versammlung -«
    »Nein, nicht in North Carolina«, pflichtete er ihr geduldig bei. »Sollte es dazu kommen, daß du in den Besitz von Sklaven gerätst, wirst du sie mir einfach verkaufen.«
    »Aber das ist -«
    »Und ich bringe sie nach Virginia, wo ihre Freilassung weniger strengen Kontrollen unterliegt. Sobald sie frei sind, zahlst du mir das Geld zurück. An diesem Punkt wirst du völlig heruntergewirtschaftet und mittellos sein, was ja dein sehnlichster Wunsch zu sein scheint, gleich nach deiner kategorischen Ablehnung deines persönlichen Glücks, indem du dafür sorgst, daß du den Mann, den du liebst, nicht heiraten kannst.«
    Sie legte eine Handvoll Musselinstoff mit den Fingern in Falten und sah den großen Saphir, der an ihrer Hand glitzerte, stirnrunzelnd an.
    »Ich habe versprochen, daß ich ihn zumindest anhören werde.« Sie sah Lord John scharf an. »Obwohl ich immer noch finde, daß es emotionale Erpressung ist.«
    »Um so wirksamer als jede andere Art«, pflichtete er bei. »Fast einen angeknacksten Schädel wert, endlich einmal die Oberhand über einen Fraser zu haben.«
    Sie ignorierte das.
    »Ich habe nur gesagt, daß ich ihn anhöre. Ich bin immer noch der Überzeugung, wenn er alles weiß, dann - er kann es nicht.« Sie legte eine Hand auf ihren gewaltigen Bauch. »Du könntest es doch auch nicht, oder? Ein Kind lieben - wirklich lieben, meine ich -, das nicht von dir ist?«
    Er schob sich höher in das Kissen und zog eine leichte Grimasse.
    »Um seiner Mutter oder seines Vaters willen? Ich denke,

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