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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zupackte.
    »Habt Ihr MacKenzie gefunden?« Es ärgerte ihn noch mehr, daß er nicht in der Lage war, seine Neugier im Zaum zu halten.
    Sie warf ihm einen raschen, argwöhnischen Blick aus ihren sherryfarbenen Augen zu und blickte dann wieder auf seine Hände.
    »Ja. Er kommt nach. Etwas später.«
    »Tut er das?« Sie hörte den Ton seiner Frage und zögerte, dann sah sie ihn direkt an.
    »Wieviel wißt Ihr?«
    »Alles«, sagte er und erlebte die kurzfristige Genugtuung, sie die Fassung verlieren zu sehen. Dann verzog sich ihr Mundwinkel nach oben.
    »Alles?«
    »Genug«, verbesserte er sardonisch. »Genug um zu fragen, ob Eure Behauptung in bezug auf MacKenzies Rückkehr Eurem Wissen oder Eurem Wunschdenken entstammt.«
    »Nennt es Zuversicht.« Ohne ihn auch nur um Erlaubnis zu fragen, zog sie die Schnüre seines Nachthemdes auf, breitete es auseinander
und legte seine Brust frei. Mit kundiger Hand rollte sie ein Stück Pergament zu einer Röhre zusammen, deren eines Ende sie auf seine Brust setzte, während sie ihr Ohr an das andere Ende hielt.
    »Verzeihung, Madame!«
    »Psst, ich kann nichts hören«, sagte sie und brachte ihn mit kleinen Handbewegungen zum Schweigen. Sie fuhr fort, ihr Rohr zu verschiedenen Stellen seiner Brust zu bewegen, und hielt dann und wann inne, um versuchsweise auf eine Stelle zu klopfen oder ihn in die Leber zu stoßen.
    »Habt Ihr heute schon Verdauung gehabt?« fragte sie und stieß ihn ohne Scheu in den Bauch.
    »Ich weigere mich, das zu beantworten«, sagte er und zog würdevoll sein Nachthemd wieder zusammen.
    Sie sah noch empörender aus als sonst. Die Frau mußte mindestens vierzig sein, und doch zeigte sie keine anderen Alterserscheinungen als ein feines Netz aus Fältchen in den Augenwinkeln und ein paar Silberfäden in dieser lächerlichen Masse von Haaren.
    Sie war dünner, als er sie in Erinnerung hatte, in ihrer Barbarenaufmachung aus Lederhemd und Hose. Man konnte sehen, daß sie eine Zeitlang der Sonne und dem Wetter ausgesetzt gewesen war; ihr Gesicht und ihre Hände hatten sich zu einem sanften Hellbraun verfärbt, das den großen, goldenen Augen einen um so enervierenderen Ausdruck verlieh, wenn sie einen direkt ansahen - was sie jetzt taten.
    »Brianna sagt, Dr. Fentiman hat Euch den Schädel trepaniert?«
    Er wand sich beklommen unter den Laken.
    »Das hat man mir auch gesagt. Ich fürchte, ich war mir dessen nicht bewußt, als es geschah.«
    Ihr Mund verzog sich leicht.
    »Das ist auch besser so. Würde es Euch etwas ausmachen, wenn ich es mir ansehe? Es ist nur Neugier«, fuhr sie mit ungewohnter Rücksicht fort. »Keine medizinische Notwendigkeit. Ich habe nur noch nie eine solche Schädelöffnung gesehen.«
    Er schloß die Augen und resignierte.
    »Von meiner Verdauung abgesehen, habe ich keine Geheimnisse vor Euch, Madame.« Er neigte den Kopf, zeigte auf die Stelle, an der sich das Loch in seinem Kopf befand, und spürte ihre kühlen Finger unter den Verband gleiten. Sie hoben die Gaze an, und ein Lufthauch kühlte seinen heißen Kopf.
    »Brianna ist bei ihrem Vater?« fragte er, die Augen geschlossen.
    »Ja.« Ihre Stimme war sanfter. »Sie hat mir - uns - ein bißchen von dem erzählt, was Ihr für sie getan habt. Danke.«

    Ihre Finger lösten sich von seiner Haut, und er öffnete die Augen.
    »Jamie kommt gleich zu Euch herauf. Er… spricht gerade im Garten mit Brianna.«
    Er spürte einen kleinen Stich der Sorge.
    »Sind sie - im Einvernehmen?«
    »Seht selber.« Sie schob ihren Arm in seinen Rücken und richtete ihn auf, mit erstaunlicher Kraft für eine Frau von so leichtem Knochenbau. Jenseits der Balustrade konnte er zwei Gestalten am Ende des Gartens sehen, die Köpfe dicht beieinander. Während er zusah, umarmten sie sich und trennten sich dann wieder. Sie lachten über die Umständlichkeit, die Briannas Figur mit sich brachte.
    »Ich glaube, wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen«, murmelte Claire, während sie ihre Tochter mit geschultem Blick ansah. »Es dauert nicht mehr lange.«
    »Ich muß Euch meine Dankbarkeit über Euer promptes Eintreffen gestehen«, sagte er, während sie ihn wieder in die Kissen zurücksinken ließ und sein Bettzeug glattstrich. »Ich habe es nur knapp überlebt, das Kindermädchen Eurer Tochter zu sein; ich fürchte, ihr auch noch als Hebamme zu dienen, würde mich vollständig erledigen.«
    »Oh, das habe ich fast vergessen.« Claire griff in einen widerlich aussehenden Lederbeutel an ihrem Hals. »Brianna hat

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