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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Junge - obwohl ich sagen muß, es hat mir einen Ruck versetzt, ihn wie einen Wilden aufgemacht zu sehen, und sein Gesicht war so sonnenverbrannt, daß ich ihn für einen gehalten hätte, wenn er mich nicht bei meinem Namen gerufen hätte.«
    Schließlich fand er, was er suchte, und reichte mir ein kleines Päckchen, das in dünnes Leder gewickelt und mit einem Wildlederstreifen zugebunden war - eine Spechtfeder steckte im Knoten.
    »Das hat er mir anvertraut, Ma’am, um es Euch und Eurem Mann zu bringen.« Er lächelte freundlich. »Ich nehme an, Ihr wollt es sofort lesen; wir sehen uns dann später, Mrs. Claire.« Er verbeugte sich ernst und formell, dann entfernte er sich und begrüßte im Vorübergehen weitere Bekannte.
    Ich wollte mit dem Lesen auf Jamie warten; glücklicherweise erschien er nur ein paar Minuten später. Der Brief war auf etwas geschrieben, das die herausgerissene, innere Umschlagseite eines Buches zu sein schien, seine Tinte hatte die blaßbraune Farbe der Eichengalle, war aber gut lesbar. Ian salutat avunculus Jacobus , begann die Notiz, und in Jamies Gesicht brach ein Grinsen aus.
     
    Ave. Da meine Lateinkenntnisse hiermit erschöpft sind, muß ich mich jetzt auf simples Englisch verlegen, an das ich mich weitaus besser erinnern kann. Mir geht es gut, Onkel Jamie, und ich bin glücklich - ich bitte Dich, das zu glauben. Ich habe geheiratet, nach den Bräuchen der Mohawk, und lebe im Haus meiner Frau. Du erinnerst Dich sicher an Emily, die so geschickt schnitzen kann. Rollo hat eine Menge Welpen gezeugt; das Dorf ist mit kleinen Wolfsrepliken übersät. Ich kann nicht damit rechnen, mich jemals so reichlich fortzupflanzen - jedoch hoffe ich, daß Du meiner Mutter von meinem Wunsch schreiben wirst, daß sie noch nicht so viele Enkelkinder hat, daß sie es übersieht, wenn noch eins dazukommt. Die Geburt ist im
Frühling; ich werde Euch davon berichten, so schnell ich kann. In der Zwischenzeit sei so lieb und erinnere alle in Lallybroch, River Run und Fraser’s Ridge an mich. Ich denke mit großer Zuneigung an alle und werde es immer tun, solange ich lebe. Liebe Grüße an Tante Claire, Cousine Brianna und vor allem an Dich. Dein Dich liebender Neffe; Ian Murray. Vale, avunculus.
     
    Jamie blinzelte ein paarmal, faltete die zerrissene Seite vorsichtig zusammen und steckte sie in seinen Sporran.
    »Das heißt avuncule, du kleiner Trottel«, sagte er leise. »Für die Grußform nimmt man den Vokativ.«
     
    Als ich an diesem Abend meinen Blick über das Pünktchenmuster aus Lagerfeuern wandern ließ, hätte ich gesagt, daß sich alle schottischen Familien zwischen Philadelphia und Charleston hier eingefunden hatten - und doch trafen in der nächsten Dämmerung noch mehr von ihnen ein, und der Strom riß nicht ab.
    Es war am zweiten Tag, und Lizzie, Brianna und ich verglichen gerade unser Baby mit dem Nachwuchs von zwei von Farquard Campbells Töchtern, als sich Jamie seinen Weg durch eine Menge von Frauen und Kindern bahnte, ein breites Lächeln im Gesicht.
    »Mrs. Lizzie«, sagte er. »Ich hab”ne kleine Überraschung für dich. Fergus!«
    Fergus, der genauso strahlte, trat hinter einem Wagen hervor und schob einen schmalen Mann mit vom Wind zerzaustem, dünnem blondem Haar vor sich her.
    »Pa!« kreischte Lizzie und warf sich in seine Arme. Jamie steckte sich einen Finger ins Ohr, wackelte damit und machte ein erstauntes Gesicht.
    »Ich glaube nicht, daß ich schon jemals gehört habe, wie sie solchen Krach macht«, sagte er. Er grinste mich an und gab mir zwei Stücke Papier; ursprünglich Teile ein und desselben Dokumentes, waren sie sorgsam entzweigerissen worden, so daß die gezahnte Kante des einen zur gekerbten Kante des anderen paßte.
    »Das ist Mr. Wemyss’ Zwangsarbeitervertrag«, sagte er. »Steck ihn erst einmal ein, Sassenach; wir verbrennen ihn heute abend im Freudenfeuer.«
    Dann verschwand er wieder in der Menge, von einer Handbewegung und einem Mac-Dubh-Ruf ans andere Ende der Lichtung bestellt.

     
    Am dritten Tag des Clantreffens hatte ich so viele Neuigkeiten, Gerüchte und allgemeines Geschwätz gehört, daß meine Ohren von gälischen Worten widerhallten. Wer nicht redete, der sang; Roger war in seinem Element, er wanderte über das Gelände und sperrte die Ohren auf. Außerdem war er heiser vom Singen; er war fast die ganze letzte Nacht aufgewesen, hatte auf einer geborgten Gitarre gespielt und einer verzauberten Zuhörerschaft vorgesungen, während Brianna zu seinen

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