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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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alte Frau der Wahrheit kam! Ihren Scharfblick fürchtete sie mehr als Gunters Schwert.
    »Es überrascht mich nicht«, sagte Oda. »Es passt zu dir. Du lässt dich von Heldenliedern blenden. Aber eine Ehe besteht aus mehr als Tapferkeit und tollkühn geschwungenen Schwertern.«
    »Bist du fertig?«, fragte Brünhild eisig. »Dann würde ich es begrüßen, wenn du jetzt gehst.«
    Die Geschwindigkeit, mit der die Sächsin sich gefasst hatte, zeigte deutlicher als alles andere, was in ihr steckte. Oda fand sich damit ab, die Runde verloren zu haben. Sie hatte Brünhild unterschätzt. Ein Jammer, dass sie Gunter nicht liebte! Was für eine segensreiche Verbindung hätte das sein können! »Ich wünschte, ich könnte helfen«, murmelte sie traurig und wandte sich zum Gehen.
    Odas Respekt verloren zu haben, schmerzte Brünhild. »Er ist ein erwachsener Mann«, rechtfertigte sie sich. »Er wird damit fertig.«
    Oda drehte sich um. »Du hast mich missverstanden, Kind! Ich wünschte, ich könnte dir helfen.«
9
    Gunter brachte die unaufschiebbaren Reichsangelegenheiten hinter sich, so schnell es ging. Das ständige Lächeln, um alle Welt von seinem Glück zu überzeugen, erschöpfte ihn. Seine Kiefermuskeln schmerzten. Er verabschiedete den keltischen Händler und hörte sich ungeduldig das Lamentieren des Mönches an, der ihm in den Ohren lag, ihm eine Eskorte ins Sachsenland mitzugeben, damit er dort den Glauben der Römer an den gekreuzigten Gott verbreiten konnte. Außerdem stand die Kornernte vor der Tür, und es gab Hunderte von Dinge, an die Gunter zu denken hatte. Dabei dachte er in Wahrheit nur an eines. Vierzehn Nächte waren sie jetzt verheiratet. Und er hatte sie nicht angerührt.
    Als die Bittsteller endlich fort waren, betrat Sigfrid die Große Halle. Gunter betrachtete ihn mit der Neugier eines Mannes, der sich davon überzeugen will, dass es so etwas Fremdartiges wie Glück wirklich gibt. Grimhild und ihr Gemahl merkten nichts von den düsteren Wolken, die sie umgaben. Sie waren blind für alles außerhalb ihrer Liebe. Beneidenswert. »Ich sehe, dass du die Verbindung mit meiner Schwester nicht bereust.«
    »Keinen Augenblick. Nie zuvor in meinem Leben war ich so glücklich. Ich glaube, du und ich, wir stehen beide in Frijas besonderer Gunst.«
    Die Bemerkung, einfach so dahingesagt, riss etwas auf, das zu überdecken Gunter nicht länger imstande war. Vierzehn Nächte hatte er sich bemüht, eine glückliche Fassade aufrecht zu erhalten. Jetzt konnte er einfach nicht mehr. »Ich bin am Ende«, sagte er tonlos.
    »Am Ende? Aber, ich dachte   … bist du denn nicht glücklich mit deiner Frau?«
    Der Niflunge vergrub den Kopf in seinen Händen. Durfte er sich Sigfrid anvertrauen? Er hatte schon mehr preisgegeben, als vernünftig war. Ein Geständnis der Vorgänge in seinem Schlafgemach könnte jederzeit als Waffe verwendet werden. Aber er musste endlich mit jemandem darüber reden! Sigfrid gelüstete es nicht nach fremden Königreichen. Und waren sie nicht durch einen Blutschwur miteinander verbunden? »Ich   … habe noch nicht bei ihr gelegen. Sie   … ich glaube, sie verachtet mich.«
    Sigfrid war fassungslos. »Aber was kann sie sich mehr wünschen? Du bist ein mächtiger Herrscher, jung, freundlich, nicht hässlich   …«
    »Ich weiß nicht, was sie an mir abstößt. Ich weiß es einfach nicht. Sie hat mich mit einem Dolch bedroht, als   … als ich ihr beiliegen wollte.«
    »Bedroht? Wie kann sie so etwas tun? Zwing sie, dich zu respektieren!«
    »Ich liebe sie.«
    »Du liebst sie auf ungute Weise. Du verehrst sie wie eine Göttin. Aber sie ist nur eine Frau. Eine Frau, die Freude daran hat, dich zu quälen. Ein anderer Mann an deiner Stelle würde ihr den Kopf zurechtrücken.« Sigfrid lauschte seinem eigenen Gedanken nach. »Ein anderer Mann   …« Ein Lächeln erhellte sein Gesicht. »Heute ist Neumond«, sagte er, scheinbar zusammenhanglos.
    Gunter sah ihn verwirrt an.
    »Es ist stockfinster«, erklärte der Sachse. »Niemand würde etwas bemerken, würde ich deine Stelle einnehmen.« Er wurde rot und hob abwehrend die Hände. »Nur, bis sie nachgegeben hat, natürlich, und dich als ihren Mann anzuerkennen bereit ist. Dann tauschen wir im Dunkeln wieder die Plätze.«
    Gunter schüttelte den Kopf. »Es wäre nicht recht.« Aber was hatte er sonst für Möglichkeiten? Wollte er Nacht für Nacht neben dieser herrlichen Frau frieren? Und riskieren, dass sie ihn immer mehr verachtete, weil er nicht

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