Der Ruf Der Walkueren
sie den Kopf beiseite. Er spürte ihren warmen Schoß um seine Männlichkeit und konnte sich kaum noch halten. Ekstase erfüllte ihn, und doch war es eine kalte, unerfüllte Flamme. Brünhild schleuderte ihm stumm ihre ganze Verachtung entgegen. Gunter beschlief ihren schönen Körper, der ihm solch quälende Lust bereitete, und gleichzeitig wusste er, dass sie ihm niemals, niemals wirklich gehören würde. Noch während er ihr beilag, entfernte sie sich von ihm, und je heftiger er sie mit Küssen und Kosen und Stoßen zu halten versuchte, umso rascher verlor er sie. Er schrie, als er sein Verlangen nicht länger zurückhalten konnte, es war ein Schrei der Verzweiflung. Ein glühender Impuls jagte durch die Nervenbahnen, und seine Lust wurde aus ihm herausgeschleudert. Am ganzen Körper zitternd vergrub er sein Gesicht in ihrem duftenden Haar und schluchzte wie ein Kind.
Sie ballte die Fäuste, als sie ohnmächtig seinen Samen empfing, und biss sich auf die Lippen, bis sie bluteten. Für diese Entehrung würde er zahlen!
11
Grimhild wälzte sich herum. Zorn auf Sigfrid pulste durch ihre Adern. Zorn, Zorn, Zorn, sang ihr Körper und sehnte sich gleichzeitig nach seinen Händen, seinem Mund, seinen Lenden. Ihr Körper war ein Verräter.
Ruhelos wälzte sich Grimhild auf die andere Seite. Letzte Nacht … letzte Nacht war sie unversehens auf den Gipfel der Wollust gelangt. Zuerst hatte sie darum gekämpft, sich der Auflösung ihres Bewusstseins zu widersetzen, ohne jedoch aufhören zu können, sich Sigfrid entgegenzustoßen. Dann war etwas in ihr heraufgekrochen, etwas Mächtiges, das sie verschlingen wollte. Ihr Körper tat Dinge, die sie ihm nicht befohlen hatte. Schreie, die sie von sich nicht kannte, waren ihrer Kehle entstiegen und hatten sie aus der bekannten Welt herausgelöst, bis sie sich an einem Ort befand, in der die Gesetze Midgards keine Gültigkeit besaßen. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich so ausgeliefert gefühlt. Es erfüllte sie immer noch mit lustvollem Entsetzen. Wodan, der Gott der Ekstase, musste seine Hand im Spiel haben. Jetzt verstand sie, was Männer dazu bringen konnte, sich diesem Gott zu verschreiben. Sie umschlang das Kissen mit den Armen und drückte es an sich. Es war nicht gerecht, dass Sigfrid ihr Fühlen und Denken beherrschte! Selbst jetzt, wo sie voll Zorn war, quälte ihr Körper sie mit seiner Lust nach ihm!
Der Zorn gewann die Oberhand. Grimhild warf die Decke fort und begann, ruhelos im Zimmer auf und ab zu gehen. Etwas Beunruhigendes ging vor. Da war das verschwörerische Verhalten zwischen Sigfrid und Gunter gewesen, die Art, wie sie bei ihrem Auftauchen ihr Gespräch unterbrachen. Männer stellten sich hoffnungslos ungeschickt an, wenn sie etwas zu verbergen suchten. Ebenso gut hätten sie laut ausrufen können: Wir haben ein Geheimnis! Sie war ihnen gefolgt und hatte gesehen, wie Sigfrid in Brünhilds Zimmer schlüpfte, während Gunter vor der Tür Wache hielt. Hatte der Vergessenheitstrank seine Wirkung verloren? Aber warum stand Gunter mit Sigfrid im Bunde? Liebte er Brünhild denn nicht?
Wütend schleuderte Grimhild einen Tonkrug gegen die Wand, der mit lautem Knall zersprang. Alles konnte geschehen, während sie hier herumsaß und nichts tat, Königreiche konnten untergehen, ragnarök konnte hereinbrechen, Sigfrid konnte … Nein! Sie würde auf der Stelle dorthin gehen und in das Zimmer stürzen, ehe ihr Bruder Zeit hatte zu reagieren. Und wenn Brünhild und Sigfrid taten, was sie dachte, das sie taten, dann –
Draußen erklangen Sigfrids Schritte. Grimhild hätte sie unter Hunderten herausgehört. Hastig legte sie sich ins Bett und tat, als schlummere sie, während ihr das Herz bis zum Halse schlug. Die Tür ging auf. Grimhild nahm keine Notiz davon. Sollte er doch den ersten Schritt machen! Sie würde ihn schmoren lassen für das, was er ihr antat! Stille. Warum rührte er sich nicht? Warum kam er nicht zu ihr und bat sie um Verzeihung? Oder lief wenigstens schuldbewusst auf und ab? Sie schlug die Augen auf. Sein Anblick versetzte ihr einen Stich. Sigfrid stand mitten im Zimmer, aber sein Geist war weit, weit fort.
Grimhild sprang auf und schlang ihre Arme um ihn, so fest sie konnte. Sie würde ihn zurückholen! Er gehörte ihr, nur ihr! Sie bedeckte ihn mit Küssen und flüsterte unablässig seinen Namen.
Sigfrid erwachte wie aus tiefer Ohnmacht. »Grimhild«, entdeckte er überrascht, »was tust du?« Er griff nach ihr, um ihre Küsse
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