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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bisher war sie ohne all das zurechtgekommen, aber sie befürchtete, dass sich dies sehr bald ändern würde.
    Doch die Entscheidung hatte sie nicht in der Hand. Sie war immer noch in Matthew verliebt.
     
    Der Sturm hatte den Sand aufgewühlt, sodass mehrere der bereits ausgehobenen Gräben von neuem freigelegt werden mussten. Matthew war dankbar für die zusätzliche Arbeit. Die Sorgfalt und die Präzision, die der Umgang mit dem Sauger erforderte, ließen keinen Raum für trübsinnige Gedanken.
    Nach der vergangenen Nacht hatte er sowieso die Nase voll davon.
    Während er den Sand aufsaugte, entdeckte er plötzlich den Griff eines Schwertes.
    Déjà vu, dachte er amüsiert. Er schob den Sauger zur Seite und stellte mit einem Seitenblick fest, dass Tate eifrig Sand und Steinchen durchsuchte.
    Matthew klopfte an seine Sauerstoffflasche, wartete, bis
sie sich umdrehte, und gab ihr ein Zeichen. Als sie bei ihm angekommen war, zeigte er auf den Griff.
    Nimm es, signalisierte er ihr. Es gehört dir.
    Er registrierte ihr Zögern, wusste, dass auch sie sich erinnerte. Dann legte sie ihre Finger um den Griff und zog daran, aber die Scheide blieb auf halber Strecke stecken.
    Er kämpfte gegen seine Enttäuschung an und verbreiterte mit dem Schlauch die Mulde um das Schwert.
    Sie entdeckten den Teller gleichzeitig. Doch in dem Moment, als sie nach seinem Arm griff, um ihn zurückzuhalten, drehte Matthew den Sauger auch schon in eine andere Richtung. Vorsichtig fächernd, legte Tate den Teller zu drei Vierteln frei.
    Das Porzellan war fast durchsichtig, mit zarten Veilchen bemalt, die sich um den goldenen Rand wanden. Vorsichtig versuchte sie, den Teller zu lösen.
    Auch er steckte fest. Frustriert sah sie Matthew an und schüttelte den Kopf. Beide wussten, dass es zu riskant war, mit dem Sauger nachzuhelfen. Wenn der Teller wie durch ein Wunder tatsächlich noch ganz war, würde ihn die Saugkraft zerbrechen.
    Sie erörterten die verschiedenen Möglichkeiten mit Handsignalen, bis fest stand, dass sie es riskieren mussten. Tate beachtete weder Schlammwolken noch Unbequemlichkeit, sondern hielt den Rand des Tellers, während Matthew in minutiöser Kleinarbeit Sand und Steinchen entfernte.
    Wahrscheinlich fehlt ein faustgroßes Stück, dachte er und ignorierte den Schmerz in Armen und Rücken. Vorsichtig legte er das durchsichtige Porzellan frei, entdeckte einen weiteren Veilchenstrauß und dann den ersten Zug eines Monogramms.
    Tate hielt Matthew an. Sie bemühte sich, gleichmäßig zu atmen, und zog noch einmal sacht an dem Teller, bis er wieder stecken blieb. Den ersten verzierten Buchstaben, ein goldenes
T, konnte sie bereits entziffern. Sie betrachtete es als Omen und nickte Matthew zu.
    Ein Stück fehlte, da war er sich sicher. Das stählerne Schwert hatte nur dreißig Zentimeter entfernt gelegen und war beschädigt gewesen, wie konnte da etwas so Zerbrechliches wie ein Porzellanteller unversehrt bleiben? Stirnrunzelnd beobachtete er, wie der nächste Buchstabe, ein L, sichtbar wurde.
    Wenn das L für das Glück der Lassiters stand, vergeudeten sie ihre Zeit. Er wollte schon aufhören und seine schmerzenden Oberarme massieren, aber Tates faszinierter Gesichtsausdruck ließ ihn fortfahren.
    Dann wurde der letzte Buchstabe sichtbar: Das Monogramm lautete TLB. Sie hatte kaum Gelegenheit, sich über den Zufall Gedanken zu machen, als sich der Teller auch schon ganz und unversehrt löste.
    Vor Überraschung hätte sie ihn beinahe fallen lassen. Sie hielt ihn zwischen sich und Matthew und konnte ihre eigenen Finger durch das zarte Porzellan hindurch sehen. Der Teller wirkte unglaublich zerbrechlich und elegant. Tate stellte sich vor, wie er einst auf einem polierten Tisch gestanden hatte. Er hatte zu einem teuren Service gehört, sorgfältig verpackt für die Reise in ein neues Leben.
    Und sie war die Erste, die ihn seit mehr als zweihundert Jahren in den Händen hielt.
    Aufgeregt sah sie Matthew an. Einen Augenblick lang verband sie die Freude über ihre Entdeckung, dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck und wurde wieder distanziert.
    Bedauernd schwamm Tate weiter, um den Teller neben das Schwert zu legen. Sie betrachtete die beiden Stücke.
    Sie waren auf demselben Schiff gewesen, hatten denselben Sturm erlebt, waren hin und her geworfen und im selben Meer begraben worden. Kraft und Schönheit. Nur die Schönheit hatte überlebt.
    Welche Laune des Schicksals hatte zwischen ihnen gewählt?
fragte sie sich. Wie konnte Stahl

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