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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Person.« Nachdem er ihre Einladung erhalten hatte, musste ihm klargeworden sein, dass sie hinter ihm her war. Gut so. Männer mochten es, begehrt zu werden – solange niemand von Heirat sprach.
    »Für ein Leben wie Ihres dürfte das eine unabdingbare Voraussetzung sein.«
    Sieh an, sieh an, er hatte schon ein Urteil über sie gefällt. »Das gilt auch für Ihres, würde ich meinen.«
    Er sah verwirrt aus. Aber warum verwirrte es ihn, wenn sie ihm seine Affären vorhielt? Er kannte doch seinen Ruf und stand dazu. Und er hatte sicherlich damit gerechnet, dass sie zurückschlug. Interessant.
    Beatrix riss sich zusammen und lächelte. »Waffenstillstand?«
    Hatte sie herausgefunden, dass er ein geheimes Doppelleben führte? Oder wusste sie es, weil sie eine Spionin war? Himmel, sie war wunderschön, wenn sie lächelte! Aber selbst wenn sie lächelte, hatte sie etwas Distanziertes an sich. Die Erfolgsstrategie der Kurtisanen, mit denen er zusammen gewesen war – und ihre Zahl war Legion –, bestand darin, an den Lippen der Männer zu hängen, die über sich selbst reden wollten. Nicht so Lady Lente. Irgendwie brachte sie die Männer dazu, darum zu kämpfen, dass sie ihnen ihr Interesse schenkte. Und das wiederum veranlasste ihre zahllosen Bewunderer, immer wieder zu ihr zu kommen. Aber er wettete, dass diese Männer sie eigentlich gar nicht interessierten.
    Sie hatte alles, was John an einer Frau hasste. Keine Tugend, keine Loyalität – sie war die logische Fortführung von Angela und Cecily. Sie hasste die Männer und sehnte sich danach, sie zu betrügen. Eine perfekte Spionin.
    Und doch, da war eine Traurigkeit an ihr, die er … faszinierend fand. Nur nicht den Kopf verlieren , Langley , ermahnte er sich. Vergiss nicht, was sie ist.
    »Lassen Sie mich nachdenken … Waffenstillstand, was Persönliches betrifft, und keine Politik«, grübelte er, um sie zu ködern. »Was bleibt dann noch?«
    »Ich habe nicht gesagt ›nichts Persönliches‹«, bemerkte sie spitz, wobei jenes Lächeln noch irgendwo in ihren Augen funkelte. »Wie steht es mit der Poesie? Ich finde immer, der Lieblingsdichter eines Mannes sagt ziemlich viel über ihn aus.« Sie nahm ihr Champagnerglas von einem kleinen Tisch und trank anmutig daraus. »Zum Beispiel unser Premierminister. Mr. Percevals Liebling ist unser poeta laureatus Mr. Southey. Sie sehen, wie gut das passt, nicht wahr?«
    Er zog die Brauen zusammen. Perceval war nicht gerade ein tollkühner Draufgänger. Dass er Southey schätzte, machte daher durchaus Sinn.
    »Und Mr. Castlereaghs Liebling ist Alexander Pope. Und unsere jungen Wilden sind natürlich alle Verehrer Lord Byrons.«
    »Sie verurteilen sie für ihre Vorlieben?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Southey und Perceval schenken einander möglicherweise nicht viel. Aber Pope ist ein Genie, wenn auch ein sehr strukturiertes; ein Realist wie Castlereagh, wenn Sie so wollen. Was Byron betrifft – er ist ungemein populär, was gegen ihn sprechen sollte, aber seine Dichtkunst ist nicht übel. Byron selbst hat mir gesagt, dass Pope sein Lieblingsdichter ist. Auch wenn er das natürlich nicht eigens hätte sagen müssen. Es spricht aus seinen Versen.«
    Lady Lente glaubte also, alles wieder unter Kontrolle zu haben, oder nicht? John schwieg und wartete ab.
    Sie sah ihn aus diesen braunen Augen an, die alles zu wissen schienen, und legte einen Finger auf die Lippen, die dezent geschminkt waren. Das Rouge wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen. »Und Sie? Hmmm. Ich möchte wetten, dass Sie Shelley bevorzugen – wegen seines sozialen Idealismus. Offensichtlich haben Sie eine Schwäche für gesellschaftliche Themen. Oder ist es eher Wordsworth, weil Sie tief drinnen noch an traditionelle Werte wie die Tugendhaftigkeit glauben?« Sie machte eine nachdenkliche Pause.
    Ihre Worte trafen John mitten ins Herz. Sie hatte erkannt, dass er Tugendhaftigkeit schätzte? Aber er hatte sich niemals selbst für traditionell gehalten. Er wollte sie schockieren. »Nichts davon, Lady Lente. Blake.«
    Sie machte große Augen, ehe sie sie niederschlug. »›Tiger, Tiger, flammend hell in des Waldes finst’rer Höll’‹«, zitierte sie leise. »›Welche Hand, welch’ Himmelsmacht ersannen deiner Schrecken Pracht?«
    »Sie sind auch eine Naturgewalt, Gräfin.« Er verbeugte sich leicht.
    »Lenken Sie nicht vom Thema ab, Langley«, sagte sie gereizt. »Sie mögen also Blakes traditionelle Sicht auf Gott, aber Sie lieben sein Versmaß – das

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