Der Ruf des Abendvogels Roman
angesiedelt: alle möglichen Arten von Wasservögeln und Fischen, und außerdem eineVielzahl verschiedener Wildblumen. Natürlich haben sich auch Schlangen und Dingos sprunghaft vermehrt, weil es mehr Beute wie Springmäuse und Langhaarratten gab. Ich hoffe, dass ich noch lebe, wenn es das nächste Mal passiert. Es wäre sicher ein einmaliger Anblick. Aber das Innere Australiens ist nicht der ideale Ort, um schwimmen zu lernen. Weiter im Norden gibt es ein paar natürliche Quellen. Wo haben Sie denn den Badeanzug erstanden?«
»In Marree.«
»Lassen Sie mich raten – in Mohomet Basheers Geschäft?«
»Genau.«
Ethan lachte herzlich.
Es dämmerte bereits, als die erschöpfte Karawane Ethans kleine Hütte erreichte. Tara bat ihn, anzuhalten und ein Lager aufzuschlagen. Er hatte sie den ganzen Tag über unablässig angetrieben, doch jetzt war sie zu müde, um auch nur das kleinste Stück weiterzureiten, und den Kindern ging es ebenso. »Wie weit ist es noch bis zur Farm?«, fragte sie, enttäuscht darüber, dass sie es nicht geschafft hatten.
»In der Luftlinie wäre es weniger als eine halbe Meile«, entgegnete Ethan. »Das Problem ist, dass man einen Umweg von knapp einer Meile machen muss, um an den Fuß der Klippe zu gelangen.« Er gab den Kamelen das Kommando, in die Knie zu gehen, und Tara und die Kinder stiegen ab.
»Sie können das Haus von hier aus sehen«, fuhr Ethan fort.
Obwohl sie sich insgeheim davor fürchtete, welchen Anblick Tambora bieten mochte, eilte Tara mit Hannah auf dem Arm zum Rand der Klippe und schaute mit klopfendem Herzen hinunter. Unten erkannte sie ein halb verfallenes Gebäude, gegen das Ethans Hütte wie ein Palast wirkte. Tara fühlte einen dicken Kloß im Hals. Der Anblick war viel schlimmer, als sie jemals befürchtet hatte, doch sie besaß nicht einmal mehr genug Energie, um zu weinen. Wäre Hannah auf ihrem Arm nicht gewesen, hätte sie sich vielleicht in den Abgrund gestürzt.
Dann tauchte Ethan auf und stellte sich neben sie. Er bemerkte ihre entsetzte Miene, folgte ihrem Blick und begriff ihren Irrtum. »Sehen Sie, dort drüben ist es.« Er deutete in die Richtung einiger großer, dicht belaubter Bäume, zwischen denen Tara in der zunehmenden Dämmerung ein riesiges weißes Haus erkennen konnte.
Sie stieß überrascht den Atem aus. »Ist das Tambora?« Es sah einfach großartig aus.
Ethan nickte. »Tom hat es genauso bauen lassen wie ihr Haus in Indien. Es hat mehr als ein Jahr gedauert, bis der Rohbau stand, und nach jedem Bauabschnitt haben sie einen Stier geschlachtet, ein großes Fest veranstaltet und alle Leute eingeladen. Viele hier haben ihnen geholfen, aber für die schwierigeren Arbeiten haben sie Handwerker aus Adelaide und Melbourne geholt.«
Das Haus war zweistöckig, und Balkone mit verzierten Geländern liefen um beide Etagen herum. Es sah einfach großartig aus. In einem der oberen Räume, vermutlich dem ihrer Tante, brannte Licht, der Rest des Hauses lag im Dunkeln. Es gab einige Nebengebäude und Hütten, eine davon mit erhellten Fenstern, und verschiedene umzäunte Flächen. Auf einigen Koppeln standen Pferde, und alle waren von Schatten spendenden Bäumen eingerahmt.
Es gab keine Rasenflächen oder Blumenbeete, was angesichts der Trockenheit nur zu verständlich war, doch Tara erkannte auf den Verandas einige Palmen in großen Blumentöpfen.
Ihre Miene hellte sich auf, sie lächelte strahlend, und dann fing sie an zu lachen, bis ihr die Tränen über die staubigen Wangen rannen.
»Seht mal, Kinder«, stieß sie hervor, »das ist euer neues Zuhause.«
Jacks Miene drückte mäßige Neugier und Zurückhaltung aus, während Hannah zu müde war, um irgendeine Reaktion zu zeigen.
»Was hatten Sie denn erwartet?«, fragte Ethan und sah sie scharf an – doch er glaubte es bereits zu wissen.
»Das Schlimmste«, flüsterte sie mit einem Blick auf das verfallene Häuschen unterhalb von ihnen. Dann schaute sie wieder nach Tambora hinüber und fügte hinzu: »Das ist die schönste Überraschung, die ich hatte, seit ich in Australien gelandet bin.« Nur schade, dass es mitten im Busch liegt, dachte sie.
Auch Ethan blickte auf Tambora und meinte leise: »Denken Sie an meinen Rat: Erwarten Sie nicht zu viel, dann werden Sie nicht enttäuscht.«
Zuerst glaubte Tara, er spräche von den niedrigen Erwartungen, die sie gehabt hatte, und der freudigen Überraschung, die sie jetzt empfand. Aber als sie seine besorgte Miene sah, kamen ihr Bedenken.
Wieder sah
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