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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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sie zu dem großen, weißen Haus hinüber, und ihre Freude begann zu schwinden. Es wirkte großartig, doch wenn sie es recht bedachte, wie konnte ihre Tante inmitten einer so feindlichen Umgebung ein so unbeschwertes Leben führen? Das war schlicht unmöglich. Die Trockenheit hatte der Gegend schwer zugesetzt – das hatte sie selbst gesehen. Ganz sicher war das nicht ohne Auswirkungen auf den Viehbestand ihrer Tante und damit auf deren Leben geblieben – und außerdem war da noch die Wirtschaftskrise ...

11
    B evor er die Schlafgelegenheiten herrichtete, lud Ethan die Kamele ab, um sie dann mit Jacks Hilfe zu füttern und zu tränken. Tara fand einige Konservendosen im Innern der Hütte und stellte daraus eine einfache Mahlzeit zusammen. Dann machte sie ein Feuer an, und während die gebackenen Bohnen und das Corned Beef in einem Topf über den Flammen langsam warm wurden, pumpte sie Wasser zum Waschen aus dem Brunnen hoch und füllte den Teekessel.
    Wie erwartet war Jack mehr an den Kamelen als am Essen oder Baden interessiert. Ethan hielt seine Zuchttiere auf einer umzäunten Weide nicht weit von der Hütte entfernt. Einige der Stuten hatten gerade Junge, von denen zwei erst wenige Wochen alt waren. Mit ihren weichen, lockigen Fellen und den unschuldig blickenden braunen Augen waren sie fast niedlich, und Jack verliebte sich sofort in sie. Während Ethan sich die Tiere sorgfältig ansah, erzählte er Jack, er verkaufe die Tiere vor allem an andere Karawanenführer, die das Innere des riesigen Kontinents bereisten. Aber manchmal brauchte er sie auch selbst, um große Ladungen Vorräte zu Minengesellschaften zu transportieren.
    Nachdem sie sich mit dem erfrischend kühlen Wasser gewaschen hatte, fühlte sich Tara fast wieder wie ein Mensch. Als es dunkel wurde, aßen sie am Lagerfeuer. Tara fiel auf, dass Hannah nur in ihrem Essen herumstocherte und sehr lethargisch wirkte. Tara fragte sich, ob die Kleine vielleicht krank war oder einen Hitzschlag hatte. Dann sah sie, dass Ethan Hannah ebenfallsbeobachtete. »Ich glaube, sie ist nur erschöpft«, meinte er. »Die letzten Tage waren sehr hart für ein so kleines Mädchen.« Er hob den Blick und sah Tara direkt an. »Sie haben sich alle drei sehr gut gehalten.«
    Tara spürte, dass er es ehrlich meinte. »Ich bin enttäuscht, dass wir nicht bis zur Farm gekommen sind«, gab sie zu. »Wir haben Sie aufgehalten, nicht wahr?«
    Ethan schüttelte den Kopf. »Wenn man bedenkt, dass Sie alle noch nie eine solche Entfernung in diesem Klima und auf dem Kamel zurückgelegt haben, sollte es Sie stolz machen, überhaupt bis hierher gekommen zu sein.«
    Tara war ihm dankbar für diese Worte. Sie war noch nie so müde gewesen, und ihr tat buchstäblich jeder Knochen weh. Auch für Hannah war die Reise hart gewesen, doch Jack hatte sich erstaunlich gut gehalten. »Ich bringe Hannah ins Bett«, sagte sie und trug die Kleine in die Hütte.
    Als sie wieder herauskam, war Ethan dabei, Hannibal zu striegeln, was sie sehr komisch fand, nachdem sie ihn am Tag zuvor mit einer alten Decke verglichen hatte. Aber trotz aller Anstrengungen sah Hannibal dann auch hinterher nicht anders aus als vorher. Jack stand neben Ethan und bürstete Oma.
    In Taras Augen war Ethan ein sehr vielschichtiger Mann. Offensichtlich war er sehr anspruchslos in Bezug auf persönliche Besitztümer, und er brauchte keine Gesellschaft. Er reiste mit leichtem Gepäck und lebte sehr einfach, was vielleicht auch seine ›Freundschaft‹ mit Maddy erklärte. Bei ihr konnte er seine körperlichen Bedürfnisse ohne zu große, verpflichtende Gefühle befriedigen. Tara beneidete ihn fast ein wenig um sein unkompliziertes Dasein und wusste doch, dass sie selbst nicht für ein Leben in der Einsamkeit geschaffen war. Sie brauchte Menschen um sich herum und sehnte sich nach Liebe und Leidenschaft. Aber vor allem hatte sie immer von einer eigenen Familie geträumt.
    Wahrscheinlich war das auch der Grund, dass sie dieVerantwortung für die Kinder übernommen hatte. Eigenes Mutterglück war ihr verwehrt geblieben, wofür die Zigeuner ihr die Schuld gegeben hatten. Garvie dagegen war immer der Meinung gewesen, es liege an ihm. Ihr Leben mit dem fahrenden Volk hatte sie um vieles gebracht, um Freundschaften außerhalb der Sippe und die Achtung der Gesellschaft. Erst jetzt, nach so vielen Jahren, begriff sie, dass die Anerkennung ihre Familie und eine eigene Familie ihr sehr wichtig waren. Außerdem wünschte sie sich einen Mann, der

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