Der Ruf des Abendvogels Roman
könne auf ihr landen, regelrecht hysterisch wurde.
Riordan und Victoria saßen allein am Tisch. Tara stellte verwundert fest, dass Riordan eine riesige Portion Lammcurry aß, während ihr allein von dem Chiligeruch schon die Augen zu tränen begannen. Seit Tara Sanja mit Kündigung gedroht hatte, würzte der Koch das Essen extra scharf.
»Hättest du das gedacht, Tara?«, meinte Victoria. »Ich glaube, Riordan mag Curry ebenso sehr wie ich. Aber er hat ja auch genau wie ich schon den exotischen Osten bereist!«
Tara antwortete nicht, sondern warf Riordan lediglich einen gleichgültigen Blick zu, als dieser sich gerade mit einer Hand den Schweiß von der Stirn wischte.
»Können wir bei Nugget Lammkoteletts essen gehen?«, fragte Jack.
Tara freute sich sehr über das strahlende Lächeln, mit dem er sie bedachte. »Einverstanden. Du hast doch nichts dagegen, Tante Victoria, nicht wahr?«
Victoria hatte die Veränderung bemerkt, die mit Jack vorgegangen war, und sie freute sich sehr darüber. »Natürlich nicht, Liebes«, erwiderte sie. »Deine Mutter schläft noch, Tara. Ethan und Rex sind auch zu Nugget hinübergegangen, um dort zu essen – ich glaube, er kocht einen Eintopf und außerdem noch Lammkoteletts.«
»Ist Nerida inzwischen zurück?«, fragte Tara, die den Gedanken an Ethan weit von sich schob.
»Nein. Sie muss mit ihrem Stamm fortgegangen sein. Wahrscheinlich sind sie geflohen, weil sie Riordan und deine Mutter für Vertreter der Behörden gehalten haben, die ihnen die Kinder fortnehmen wollten.«
Riordan blickte sie verständnislos an. »Vor mir brauchen sie doch keine Angst zu haben. Ich bin wirklich kein großerKinderfreund, erst recht nicht, wenn es um eine ganze Horde von ihnen geht!«
Victoria lachte herzlich.
»Das ist aber keine Erklärung für Neridas Fortbleiben«, meinte Tara, die nicht verstand, wie man Kinder nicht lieben konnte. »Schließlich ist sie auch nicht weggelaufen, als ich hierher kam.«
»Ich weiß«, erwiderte Victoria. »Ich mache mir auch Sorgen um sie, vor allem, weil sie sich nicht wohl gefühlt hat. Aber die Aborigines misstrauen unseren Medikamenten und nehmen lieber ihre traditionellen Mittel, die sie selber herstellen. Vielleicht ist sie deshalb fortgegangen – ich wünschte nur, sie hätte mir vorher etwas davon gesagt! Normalerweise ist sie so zuverlässig!«
»Wahrscheinlich hat sie gedacht, jetzt, wo Mutter und ich hier sind, könnte sie dich ruhig allein lassen«, meinte Tara mit einem kühlen Blick in Riordans Richtung. »Wir sehen uns später, Tante Victoria!«
Als Tara und die Kinder gegangen waren, sah Victoria Riordan an. »Sie ist noch immer sehr wütend auf dich, das höre ich an ihrem Ton.«
»Ich kann es ihr nicht übel nehmen, Victoria. Ich hoffe, sie gewöhnt sich irgendwann an meine Anwesenheit hier, und dann werde ich mit ihr reden. Jetzt werde ich ihr erst einmal Gelegenheit geben, ihrer Mutter wieder näher zu kommen.«
Victoria tätschelte ihm den Arm. »Du bist wirklich ein sehr verständnisvoller Mensch, Riordan!«
Er lächelte verhalten. »Ich glaube, deine Nichte würde dir im Moment wohl kaum zustimmen. Wenn ich vor sieben Jahren mehr Verständnis aufgebracht hätte, oder vor ein paar Monaten, als sie zu mir kam, wäre wahrscheinlich alles anders. Unglücklicherweise war mein Urteil über sie von meiner Besessenheit getrübt. Aber das ist jetzt vorüber, ich hoffe es jedenfalls.«
»Aber du findest sie noch immer attraktiv, nicht wahr?«
»Ja, Gott steh mir bei, das tue ich.«Ethan und Rex Crawley saßen mit Bluey, Charlie und dem Jungen Karl im Schererhaus. Es hatte inzwischen fast ganz aufgehört zu regnen, doch überall auf dem Boden standen Pfützen, in deren schlammigem Wasser ertrunkene Heuschrecken schwammen. Es wäre fast unmöglich gewesen, im Freien Feuer zu machen. Drinnen köchelte ein Eintopf auf dem Herd vor sich hin, und im Ofen stand eine Platte mit appetitlich duftenden Lammkoteletts.
Tara hatte kaum die Schwelle überschritten, da fühlte sie ihren Blick wie magisch von Ethan angezogen, und ihr Herz begann wie wild zu hämmern. Sie lächelte verlegen.
»Hast du vielleicht noch ein paar Lammkoteletts übrig, Nugget? Der Curry riecht heute Abend besonders scharf!«
»Natürlich, Missus – kommen Sie schnell aus dem Regen!«
Tara trat ein, gefolgt von Jack und Hannah. »Der Regen scheint nachzulassen – aber draußen sieht es schlimm aus!«, sagte sie und fügte dann hinzu: »Weiß vielleicht irgendjemand,
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