Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
noch nie an ihm gesehen hatten. Als er hereinkam und seinen verbeulten, staubigen Koffer auf den Boden warf, wussten Percy und Ferris sofort, dass etwas nicht stimmte.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte Ferris. »Willst du in Urlaub fahren?«
    »Ich brauche ein Zimmer«, gab Tadd missgelaunt zurück.
    Die Männer wechselten viel sagende Blicke. »Für wie lange?«, erkundigte sich Ferris.
    »Weiß noch nicht; aber wo ist das Problem? Bist du etwa ausgebucht?« Es war ironisch gemeint, doch Ferris war zu beschäftigt, um es zu bemerken.
    »Die Scherer sind noch hier. Bist du zu Hause ausgezogen, Tadd?« Ferris und Percy grinsten, doch Tadd warf ihnen einen so finsteren Blick zu, dass sie augenblicklich wieder ernst wurden.
    »Das hier ist doch ein Hotel, verflixt noch mal, oder? Wieso treibt ihr Späße mit einem Mann, der vor Durst beinahe umkommt?«
    Ferris goss Tadd einen Drink ein, den dieser in einem Zug austrank. Ferris schenkte ihm das Glas wieder voll; er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der Alkohol Tadds Zunge lösen würde.
    Insgesamt war es im Wombat-Creek-Hotel ein interessanter Morgen gewesen. Samstags war die Bar immer gut gefüllt, und außer den Scherern waren auch noch Viehtreiber und ihre Gehilfen aus Oodnadatta im Norden und Hawker im Süden angekommen. Dirk Dolan, ein irischer Dingojäger mit Aborigines-Blut in den Adern, war auf ein paar Drinks hereingekommen. Sein dreizehnjähriger Sohn würde mit dem Nachmittagszug aus Adelaide eintreffen, um die Ferien mit ihm zu verbringen. Dirk war immer sehr laut und trank viel zu viel, doch die Männer wussten, dass er das einsamste Leben der Welt führte. Er ritt den so genannten ›Hundezaun‹ hinauf und hinunter, der von Ceduna in Südaustralien bis in das Herz von Queensland führte. Er wies jeden stolz darauf hin, dass der Hundezaun dreimal länger war als die große Chinesische Mauer.
    Gegen Mittag konnte Tadd sich nicht mehr auf den Beinen halten. Ferris hatte ihn in einer ruhigen Ecke auf einen Barhocker gesetzt und mit dem Rücken an die Wand gelehnt, und er hatte stundenlang vor sich hin gebrabbelt. Ferris und die anderen Männer waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, um zuzuhören. Als er schließlich gestand, dass Victoria ihn in Neridas Zimmer erwischt und ihn hinausgeworfen hatte, wurde Ferris neugierig.
    »Das ist aber nicht richtig«, meinte er und schenkte Tadd noch einen Drink ein. »Nerida war doch willig, oder etwa nicht?«
    »Natürlich war sie das. Glaubst du, ich hätte es nötig, eine Frau dazu zu zwingen? Wie hätte ich wissen sollen, dass sie schon ein Kind im Bauch hatte?« Er konnte immer noch nicht fassen, dassdas Mädchen schwanger geworden war. »Ich dachte, Abo-Frauen wüssten, wie man ungewollte Babys verhindert!«
    »Du hast sie geschwängert?«, fragte Percy ungläubig. »Himmel, Tadd, das hätte dir aber in deinem Alter nicht passieren dürfen!«
    »Ich war es doch gar nicht, du verdammter Dummkopf. Es war ... Nugget.«
    »Nugget? Er war immer nett zu Nerida«, meinte Ferris.
    »War er das?« Tadd hatte nie darauf geachtet.
    »Wenn er ihr ein Kind gemacht hätte, hätte er sie geheiratet.«
    »Sie will ihn aber nicht heiraten, weil sie einen dickeren Fisch an der Angel hat.«
    »Und wer sollte das sein?«
    »Na, ich natürlich.«
    Die Männer feixten, und Tadd wurde wütend. »Ich habe ein Cottage und einen guten Posten, und ich hab euch ja schon öfter erzählt, dass ich Tambora erben sollte, bevor diese Zigeunerschlampe aufgetaucht ist.«
    »Sie ist mit Victoria verwandt, Tadd«, meinte Ferris. »Dagegen kannst du nichts sagen. Außerdem hast du jetzt nicht mal einen Job, geschweige denn ein Cottage!«
    »Es ist alles ihre Schuld. Victoria und ich waren uns sehr nahe, bis dieses Weib kam und Victoria alles Mögliche in den Kopf gesetzt hat. Vielleicht hätten wir sogar eines Tages geheiratet.«
    Die Männer verdrehten die Augen, denn keiner von ihnen glaubte ernsthaft, dass Victoria Tadd jemals geheiratet hätte.
    »Indem du dich mit Nerida eingelassen hast, hast du dir deine Chancen anscheinend gründlich verdorben«, meinte Percy lachend.
    »Stimmt«, fügte Ferris hinzu. »Wenn du eine Frau gebraucht hättest, hättest du in die Stadt kommen und Lottie einen Besuch abstatten sollen.«
    Tadd winkte ab. »Ihr glaubt, ihr wüsstet so viel – Lottie ist nicht in der Stadt, sondern mit den Mädchen in Tambora.«
    »Wie bitte?«
    Tadd war sehr zufrieden mit sich. »Es ist wirklich

Weitere Kostenlose Bücher