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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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geglaubt, sondern lediglich seine Vermutung bestätigt gesehen, sie neige zur Hysterie.
    Jetzt stellte er sie offiziell Ferris Dunmore vor, der dasWombat-Creek-Hotel seit fünf Jahren führte. Er war etwas größer als Ethan, aber sehr kräftig, mit einer volltönenden Stimme, die gut zu seiner stämmigen, etwas bärenhaft wirkenden Figur passte. Seine Kleidung war für Tara dagegen eher ein wenig abstoßend: Er trug ein schmutziges, ausgeleiertes Unterhemd, das im Ausschnitt dunkle Brustbehaarung sehen ließ, und kein Hemd darüber. Die Beine seiner faltigen Hosen waren bis zu den Knien aufgerollt, und seine riesigen nackten Füße hatten die Farbe des Wüstensands angenommen. Tara wusste vor Verlegenheit nicht, wo sie hinschauen sollte.
    »Sollten Sie sich nicht vielleicht anziehen, Mr. Dunmore?«, fragte sie. »Ich weiß, dass Sie geschlafen haben, aber jetzt ist es schon später Nachmittag.«
    Ethan versuchte ohne großen Erfolg, seine Belustigung zu verbergen, und erklärte, er werde jetzt baden gehen.
    Ferris starrte verwirrt auf seine spärliche Kleidung hinunter und lächelte dann etwas befangen. »Ich bin angezogen«, meinte er, während er sich auf der Armlehne ihres Sessels niederließ, »und ich heiße Ferris. Wir sind hier draußen nicht so förmlich, Mädchen.«
    Tara fand, dass er roch, als habe er selbst ein Bad bitter nötig, und wünschte, er würde sich einen anderen Sessel suchen.
    »Woher kommen Sie?«, fragte er plötzlich. »Ich kann Ihren Akzent nicht ganz einordnen. Zuerst dachte ich, es sei Dublin, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    »Ach, ich habe schon überall in Irland gewohnt, aber meine Familie stammt aus Edenderry in der Grafschaft Offaly.« Tara verstummte und wartete angespannt auf die nächste Frage, die auch prompt kam.
    »Wie ist denn Ihr Mädchenname?«
    Tara zögerte, so persönliche Dinge preiszugeben, denn in Irland verbreiteten sich Gerüchte noch schneller als ansteckende Krankheiten, und das bedeutete, dass sogar er vielleicht ihre Geschichte kannte. Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte, falls erihr ›Davonrennen‹ mit den Zigeunern erwähnte. Sie sehnte sich nach einem neuen Anfang, und nun würde die Vergangenheit sie wohlmöglich sogar hier wieder einholen! Das Schicksal konnte so grausam sein. Zwar fand sie noch immer, dass ihr Leben mit den Zigeunern nichts war, dessen sie sich schämen musste, doch sie wusste aus Erfahrung, dass alle Sesshaften sich durch das fahrende Volk bedroht fühlten – und deshalb gehörten Zigeuner auf der ganzen Welt zu den Ausgestoßenen.
    Doch sie hatte keine Wahl. »Killain«, erwiderte sie und hielt den Atem an. Wenn er ihre Vergangenheit kannte, konnte sie ihn entweder bitten, darüber zu schweigen, oder so tun, als müsse er sich irren. Noch wusste sie nicht, welche der beiden Möglichkeiten sie wählen würde.
    »Killain ...«, murmelte Ferris nachdenklich, »ja, der Name kommt mir bekannt vor. Ist Ninian Killain Ihr Vater?«
    Tara fühlte, wie ihr Kopf ganz leer wurde. »Ja«, murmelte sie fast tonlos, »kennen Sie ihn?«
    »Nicht persönlich. Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke ... Ihre Tante hat wohl einmal erwähnt, dass ihr Bruder ein sehr erfolgreicher Schafzüchter ist. Daher hat sie wahrscheinlich auch ihren starken Willen und ihre guten Instinkte. Ihre Entschlossenheit ist hier draußen wahrhaftig auf eine harte Probe gestellt worden. In den fünf Jahren, die ich hier bin, haben viele aufgegeben und ihr verdorrtes Land verlassen – aber nicht Victoria. Sie hat die harten Zeiten mit eisernem Willen überstanden und in den guten Jahren viel Gewinn gemacht – nur, um noch mehr schwere Zeiten zu erleben. Es gibt hier sonst niemanden wie sie, auch unter den Männern nicht.« Taras Blick zeigte ihm die Liebe, die sie für ihre Tante empfand. »Standen Sie sich früher nahe?«
    Tara entspannte sich ein wenig. Die Gefahr war erst einmal vorüber, und sie wollte gern mehr über ihre Tante erfahren. »Ja, wir haben uns gut verstanden. Kommt sie oft nach Wombat Creek?«
    »Früher kam sie alle zwei Wochen, wie die meisten anderen Farmer auch. Aber in diesem Jahr ist sie selten hier gewesen. IhrVerwalter Tadd Sweeney kommt und holt die Post, wenn Ethan oder Rex sie nicht ausliefern, und er kauft Vorräte ein. Beim letzten Mal, als er da war, sagte er, es ginge ihr nicht so gut. Ich habe gehört, dass sie Probleme mit den Augen haben soll.«
    Alarmiert horchte Tara auf: »Sie wird doch nicht etwa blind?«
    »Nun

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