Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
unterhielten sich leise, während Connor sich auf den Weg zu seinem Zimmer machte. Lance sagte irgendetwas zu mir, aber ich stand wortlos auf und folgte unserem Gruppenleiter.
»Hey, warte mal!«, rief ich ihm hinterher und verfiel in einen Laufschritt, um ihn einzuholen. »Du hast gesagt, dass wir aufeinander aufpassen und uns dann hier treffen sollen, aber wirst du denn nicht auch da sein?«, fragte ich, als ich ihn erreichte.
Ein Schatten huschte über seine Züge, und mehr brauchte ich nicht zu wissen. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe für euch alles getan, was in meiner Macht steht. Aber mach dir mal keine Sorgen. Konzentrier dich in den nächsten 24 Stunden ganz auf dich selbst und auf deine Aufgabe.«
»Jetzt warte doch mal … Da kommen bei mir aber extreme Verlustängste hoch. Ich versteh das nicht.« Ich versuchte, einen Witz daraus zu machen, in Wirklichkeit tat mir jedoch das Herz in der Brust weh. »Wie kannst du denn jetzt einfach gehen? Willst du etwa nicht hier sein, um zu sehen, was alles passiert? Sind wir dir gar nicht wichtig?«
»Haven, natürlich seid ihr mir wichtig. Aber das liegt nicht in meiner Hand. So ist das nun mal – ich kümmere mich um euch, und irgendwann muss ich dann gehen. Es ist mir nicht erlaubt, hier zu sein, wenn ihr in den Kampf zieht. Dann würde es mir nämlich in den Fingern jucken, mich an der Schlacht zu beteiligen, und das ist nicht meine Aufgabe. Deshalb muss ich am Tag der Metamorphose fortgehen, zumindest für einige Zeit. Hör mal, ich bin wirklich fest davon überzeugt, dass wir uns wiedersehen werden, okay? Es ist nur …«
»Aber wie soll das denn gehen?«, unterbrach ich ihn. »Du kannst doch nicht einfach das College schmeißen, oder?« Ich zermarterte mir das Hirn auf der Suche nach irgendetwas, das ihn zum Bleiben bewegen würde.
»Haven.« Beruhigend legte er den Arm um mich. »Das ist doch überhaupt nicht wichtig. Willst du hier über organisatorische Fragen reden? Ich nehme mir aufgrund eines ›familiären Notfalls‹ eine Zeitlang frei, und irgendwann tauche ich dann wieder auf. Jemand anders – ein Nicht-Engel, keiner von uns – wird für eine Weile übernehmen. Meine wahre Arbeit hier ist ja erledigt. Das Wichtigste ist jedoch, dass du bei der Sache bist und die Prüfung bestehst, okay?« Er redete mir streng ins Gewissen und starrte mich mit harten Augen an, bevor sein Blick wieder sanft wurde. »Weißt du, absolvier jetzt einfach diesen Test, und dann könntest du eines Tages die Anführerin der Wächter werden.«
»Was sind denn die Wächter?«
Er lächelte nur. Dann nahm er meine Gabel, spießte ein Stück Kuchen auf, biss hinein und griff nach etwas, das auf dem Teller liegen geblieben war.
»Herzlichen Glückwunsch. Gegrüßet seist du, Königin Haven!«, verkündete er, umfasste die winzige Plastikfigur und hielt sie hoch. Ich nahm sie an mich, während er mir noch einmal herzlich aufmunternd zulächelte und in seinem Zimmer verschwand.
Nach all der Zeit, die ich während ihrer Renovierung in der leeren, unheimlichen LaLaurie-Villa verbracht hatte, fand ich es seltsam, sie am Morgen des Mardi Gras so für die Party herausgeputzt zu sehen. Es kam mir vor, als wäre sie gereift und auf einmal in eine völlig neue Rolle geschlüpft. Und ich hatte das Gefühl, als wäre ich in den letzten Monaten auch reifer geworden, als hätte ich das Böse längst besiegt und dabei den Kampf meines Lebens hinter mir. Und jetzt bereitete ich mich eben darauf vor, diesen Bestien ins Gesicht zu spucken. Ich hatte bewiesen, dass ich über die emotionale Stärke verfügte, um diesem Grauen zu trotzen. Jetzt hoffte ich nur, dass ich der Herausforderung auch körperlich gewachsen war.
»Mir gefällt das gar nicht«, hatte Lance erklärt, als ich ihm vom geplanten Treffen mit Lucian erzählt hatte. »Aber ich kann dich schon verstehen.« Also wartete er draußen auf der Veranda, während ich hineinging. Mir blieb nicht viel Zeit, weil wir bald den Umzugswagen besteigen sollten.
Die Votivkerze aus Glas war durch einen Leuchter ersetzt worden, aber der junge Mann, der davorstand und hinaus auf die Welt blickte, die er hoffentlich in wenigen Stunden wieder betreten durfte, war unverkennbar. Noch bevor ich ihn erreichte, wandte er sich zu mir um. Zur Feier des Tages trug er bereits eine Partymaske. Obwohl sie sein Gesicht verdeckte, verrieten mir seine Augen, dass es sich nicht um den Fürsten, sondern wirklich um ihn handelte. Um ganz sicherzugehen,
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