Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
Dampfschiff vorbei.
Ein paar Minuten marschierten wir schweigend voran und nippten an unserem Kaffee, bis Sabine mich zu einer Bank am Wasser führte. Sobald wir saßen und unsere Sachen abgestellt hatten, machte sie eine der Papiertüten auf und hielt sie mir entgegen. Als ich ein noch warmes Beignet hervorzog, hüllte mich die Abendbrise in Puderzucker, der an meinen Wangen klebte. Sabine nahm sich selbst einen Krapfen und zog die Knie an.
»Die sind einfach köstlich«, seufzte sie schließlich.
»Ich weiß, das war eine gute Idee.« Ich beschloss, es noch einmal zu versuchen. »Also. Wylie. Heute Abend trefft ihr euch also, nur zu zweit? Was habt ihr denn so vor?«
»Keine Ahnung. Er plant die ganze Sache. Aber ich denke, es wird auf jeden Fall super«, erklärte sie zwischen zwei Bissen.
»Bestimmt. Du musst mir einfach alles erzählen!«, erwiderte ich so überschwänglich wie möglich.
»Na klar! Aber warte nachher besser nicht auf mich!« Sie lächelte und musste dann lachen.
»Verstanden.« Ich nickte wissend. Aber in meinem Kopf schrillten alle Alarmglocken. Ich musste jetzt aufs Ganze gehen. »Also gehörst du jetzt quasi zu dieser Clique dazu?«
»Dazugehören würde ich jetzt noch nicht sagen«, stellte sie klar. »Aber ich arbeite dran.«
»Und was ist mit dieser Clio?«
»Die ist echt cool. Wir standen den ganzen Abend in derselben Gruppe, aber ich hab eigentlich nur ganz kurz mit ihr gesprochen. Ich weiß, wie sie heißt und wo sie einkauft, und das war’s eigentlich auch schon.« Sie leckte sich den Zucker von den Fingern und fuhr fort: »Sie war ziemlich beschäftigt, weil sie nämlich alle fünf Sekunden jemand angegraben hat.«
»Ja, ja, man hat’s nicht leicht.« Ich schob mir den Rest meines Beignets in den Mund. Sabine warf bereits einen Blick in den Beutel, um sich ihr nächstes Opfer auszugucken. Sie nahm sich einen Krapfen und wedelte schließlich mit der Tüte vor meiner Nase herum. Ich zögerte eine Sekunde und griff dann zu.
»Egal, jedenfalls ist das eine supercoole Truppe. Emma und ich waren echt erstaunt, dass sie uns dabeihaben wollten.«
»Was war denn nur mit Emma los?«
»Oh Mann, Emma und Jimmy, das musst du dir mal reinziehen.« Jetzt drehte sie sich zu mir um. »Also, sie waren schon ein Jahr oder so zusammen, total verrückt, und offensichtlich sind sie etwas früher angereist, um ein bisschen die Zweisamkeit zu genießen.« Sie rollte mit den Augen. »Aber dann ist er ihr letzte Woche aus heiterem Himmel plötzlich damit gekommen, dass er sich Hals über Kopf in eine andere verliebt hat, und es sieht wohl so aus, als hätte er sich einfach bei der Neuen einquartiert.«
»Wie kann denn das bloß sein?«
Sabine zuckte mit den Achseln. »Wenn ich mehr herausfinde, sag ich Bescheid«, versprach sie mit einem Funkeln in den Augen.
Ich dachte an unseren ersten Tag hier, als Jimmy so früh morgens zum Haus zurückgekehrt war und wir vor unserer Tür die Leiche gefunden hatten. »Emma hat also keine Ahnung, wer die andere ist und so?«
»Nein. Er hat ihr das gestern einfach erzählt und ist dann wieder verschwunden. Das Ganze ist total verrückt. Und deshalb musste Emma auch mal raus. Aber beim nächsten Mal musst du wirklich mitkommen.«
»Danke, das wäre echt super«, behauptete ich. Darauf hatte ich zwar so gar keine Lust, aber ich wusste, dass ich näher an Clios Gruppe ranmusste, um zu sehen, was ich herausfinden konnte. Eine frische Brise kam auf, und die Dämmerung setzte ein. Wir mussten uns bald auf den Rückweg machen. »Also, wie ist das bei dir in Boston gelaufen?« Ich nippte an meinem Kaffee und senkte die Stimme, so dass kein Zweifel darüber aufkam, worüber ich jetzt sprach. »Ich meine, wie bist du hier gelandet?«
Sie rutschte unruhig hin und her, wandte sich wieder dem Wasser zu und sah mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne, während sie einen langen Schluck aus ihrem Becher nahm. Schließlich erklärte sie mit steifer Stimme: »Eigentlich möchte ich darüber lieber nicht reden.«
»Verstehe. Das geht mir meistens auch so. Aber ich finde es einfach unglaublich, plötzlich jemanden kennenzulernen, der dasselbe durchmacht wie ich, und dann sogar eine ganze Gruppe. Immerhin dachten wir drei, wir wären ganz alleine.«
Nach kurzem Schweigen seufzte sie und wurde ein kleines bisschen zugänglicher. »Das war bei uns wohl genauso«, sagte sie und blickte aus dem Augenwinkel zu mir rüber. Das Uns war mir nicht entgangen.
Mir wurde klar,
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