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Der Ruf des Kolibris

Der Ruf des Kolibris

Titel: Der Ruf des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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schmerzhaft, so unerträglich und fürchterlich das für uns auch sein würde.

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– 33 –
     
    I m Licht der kleinen Kerze saßen wir auf meinem Bett und Damián erzählte seine Geschichte.
    Er hatte sich auf den ersten Blick in mich verliebt. Es hatte ihn wie ein Blitzschlag getroffen, als er mir in der Grünanlage von El Rubí die Uhr zurückgab, die das Seidenäffchen seiner Großmutter mir geklaut hatte. Da stand vor ihm plötzlich ein Mädchen mit Augen so hell und blau wie zwei Gebirgsseen, mit Haaren vom satten Rotblond der Maisblüten und scheu wie ein Lamafohlen.
    Nie hatte er damit gerechnet, sich in ein weißes Mädchen zu verlieben. Die Töchter der Reichen, mit denen er auf die Schule gegangen war, hatte er nie interessant gefunden. Sie kamen aus einer fremden Welt, in der es alles gab, Handys, Partys, Schmuck und Kleider nach der letzten Mode. Manche hatten ihn angeglitzert, hatten mit ihm geflirtet, dem stattlichen Indio mit der bronzefarbenen Haut und der Wildheit der Urwälder in Blick und Bewegungen, aber sie hatten ihn kalt gelassen. Gefährlich hatte ihm keine werden können.
    Doch plötzlich stand ich vor ihm wie ein auf die Erde geplumpster Engel, ein bisschen verwundert, sogar ängstlich, aber nicht abweisend. In meinem Gesichtsausdruck hatte er nichts von der lächelnden Herablassung gefunden, die er so oft in den Gesichtern seiner Klassenkameradinnen bemerkt hatte, wenn sie sich mit ihm unterhielten, dem Indianer aus den Nebelbergen, der auf dem Colegio Bogotano Englisch und Deutsch lernte und Wirtschaftswissenschaften studieren wollte. Medizin hätten sie noch verstanden, damit hätte er seinen Landsleuten am ehesten helfen können, meinte man immer. Er hatte ihnen etwas von Wolle und Textilindustrie erzählt. Sie hatten zufrieden genickt, wenn er ihnen erklärte, dass man etwas von Wirtschaft verstehen müsse, um in rückständigen Gebieten funktionierende Kleinunternehmen aufzubauen und zu Kollektiven zusammenzufassen, die auf dem globalisierten Markt bestehen konnten. Doch in einem Bankhaus von Bogotá konnten sie sich ihn nicht vorstellen. Bestenfalls als Kleinkreditgeber für Frauen, die sich Wolle kaufen wollten, oder für Kokabauern, die auf weniger einträgliche Kulturen umsatteln wollten. Einer wie er, das schien ausgemacht, musste die Bildung, die er mithilfe eines Stipendiums erwarb, in den Dienst seiner verarmten Landsleute stellen.
    Hätte ich ihn genauso spöttisch oder mitleidig angesehen, hätte er kein Problem damit gehabt, mir mit ironischem Lächeln die Uhr zu überreichen und auf den Grundverdacht anzuspielen, dass die Indios alle Diebe seien. Aber es hatte ihm förmlich die Sprache verschlagen.
    Zuerst hatte er mich für eine Engländerin gehalten, eine von den Luxustöchtern, die von ihren Vätern auf weite Reisen mitgenommen wurden und den ganzen Tag nichts zu tun hatten, als einzukaufen. Eigentlich hatte er mir erklären wollen, dass der Affe ihm nicht gehöre, sondern ihm nur gefolgt sei, und dass er gelegentlich klaue, was ihn stets ziemlich in Verlegenheit bringe. Vermutlich sei er von einem seiner Besitzer einst auf Klauen abgerichtet worden. Aber das alles hatte er mir plötzlich nicht mehr sagen können. Es war ihm zu brutal vorgekommen. Ich sah schon erschrocken genug aus. Außerdem hatte es die Hausverwaltung nicht gern, wenn die Gärtner die jungen Mädchen ansprachen. Das konnte missverstanden werden.
    Und so hatte er mich stehen lassen, hatte den Affen mit dem Moped zurück zu seiner Großmutter gebracht, ihr erzählt, was jener angestellt hatte, und war dann zur nächsten Anlage gefahren, die er betreute. Am Abend hatte Juanita ihm zu seiner großen Überraschung berichtet, dass das Mädchen mit der Uhr bei ihr am Gartentor gestanden habe.
    »Sie hat mich damals mit Namen angesprochen«, unterbrach ich Damián. »Woher wusste sie ihn?«
    »Das weiß ich nicht. Mama Lula weiß manchmal Dinge, die sie nicht wissen kann. Vielleicht kam es dir auch nur so vor, als hätte sie dich beim Namen genannt. Sie hat etwas in ihrem Verhalten, was die Leute manchmal glauben lässt, von ihr Dinge gehört zu haben, die sie nicht gesagt, die sie sich selbst aber gedacht haben. Mir hat sie jedenfalls deinen Namen nicht genannt.«
    »Vielleicht hast du ihn nur nicht hören wollen«, spöttelte ich. »Und deshalb glaubst du, sie habe ihn nicht gesagt. Deine Oma hat ja was an sich, was die unbewussten Wünsche zum Vorschein bringt, nicht?«
    Damián lachte. Er hatte meine

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