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Der Ruf des Kolibris

Der Ruf des Kolibris

Titel: Der Ruf des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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wirklich gesagt? Fast nichts. Und was hatte er sagen wollen? Dass er und ich ... dass es mit uns beiden nicht ging. Das hatte er gesagt. Und zwar warum? Das hatte er nicht gesagt. Aber er hatte es sagen wollen: »Ich bin ...«
    Und ich blöde Kuh, ich dummes Huhn hatte mich wegschicken lassen. Warum hatte er mich weggeschickt? Weil er gespürt hatte, dass ich mit ihm ums Verrecken nicht von Elena erwischt werden wollte? Oder weil er selbst nicht mit Elena zusammentreffen wollte, der Tochter des superreichen Smaragdminenbesitzers, die offensichtlich meine Freundin war. War es das, was zwischen uns stand?
    »Ist dir nicht gut?«, hörte ich John fragen. Wieder spürte ich seine Hand am Ellbogen.
    »Ich bin in Ordnung!«, blaffte ich ruppig. »Es ist nur ein bisschen stickig hier oben.«
    Ja, wenn es nur das ist!, dachte ich währenddessen einfach weiter. Erleichterung sackte mir ins Gemüt. Das ließ sich klären, erklären. Und zwar sofort. Elena konnte nichts für ihren Vater. Wenn ich nicht verrückt werden wollte, musste ich jetzt sofort noch einmal mit Damián sprechen. Ich wollte mich umdrehen, aber John hielt mich immer noch.
    »Wer ist das denn?«, hörte ich da halb hinter mir Elena erstaunt fragen.
    »Wer?«, fragte John.
    »Hallo Damián«, rief da auch schon mein Vater vom Fenster her und hob winkend die Hand.
    Ich dachte, ich müsste im Boden versinken. Außerdem verschluckte ich mich schier, so klopfte mir das Herz im Hals.
    Leandro Perea hatte sich ebenfalls umgedreht.
    Alle blickten den hoch aufgerichteten jungen Mann an, der auf dem Weg zum Fahrstuhl gewesen war und jetzt seine Richtung änderte. Langsamen Schrittes durchquerte Damián den Saal, die Sohlen seiner Schuhe knisterten auf den spiegelblanken Steinplatten, seine Hände hingen ohne Zeichen der Verlegenheit herab. Er wirkte unverschämt selbstbewusst. So als gehörte ihm nicht nur der Laden hier, sondern das ganze Land. In seinem ruhigen Gesicht zuckte kein Muskel.
    »Wer ist das? Wer ist das?«, flüsterte mir Elena drängend ins Ohr. »Kennst du den? Der sieht voll süß aus.«
    »Komm, nicht so schüchtern, Damián!«, rief mein Vater fröhlich.
    Dabei war an der Haltung des Indios wirklich nichts von Schüchternheit zu bemerken.
    »Komm, ich will dir jemanden vorstellen!«
    Mein Vater ließ wirklich keine Peinlichkeit aus.
    »Das«, wandte er sich jetzt an Leandro, »ist der junge Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe. Der in seiner Heimat eine Universität gründen will.«
    Leandro Perea lächelte interessiert, aber reserviert.
    »Er heißt Damián Dagua.«
    Elena an meiner Seite verschluckte sich an dem eingeatmeten Flüsterwort »Der Dieb!«, krallte sich an mir fest und hustete fürchterlich.
    »Und Damián, das ist Leandro Perea. Er ist ...«
    Damián deutete eine Verbeugung an und unterbrach meinen Vater: »Sein Name ist jedem Mann im Land bekannt. Die kleinen Jungs träumen davon, eines Tages einen kleinen grünen Stein zu finden und so reich zu werden wie er. Die Mütter fürchten den Tag, an dem die Söhne losziehen, um in den Minen zu verrecken.«
    Leandro Perea richtete sich mit einem Ruck auf. Sein gemütliches rundes Gesicht vereiste. »Nicht so ungestüm, junger Mann! Immerhin gebe ich Zehntausenden von euch Arbeit. Nicht zu reden von all den Hunderttausenden, die indirekt von der Smaragdverarbeitung und dem Export leben.«
    »Die Smaragdminen in den Bergen des Cauca gehören uns«, erwiderte Damián ruhig.
    Leandro Perea lachte. »Ich habe das Land bei Inza rechtmäßig erworben. Willst du den Kaufvertrag sehen?«
    Ein bitteres Lächeln zuckte über Damiáns Gesicht. »Ich kenne den Kaufvertrag. Sie haben damals erklärt, sie wollten feste Häuser bauen und ein landwirtschaftliches Zentrum errichten, mit Schule und Krankenhaus. Die Bauern haben es Ihnen geglaubt. Sie warten noch immer auf ihre Krankenhäuser und Schulen. Denn Sie wussten damals bereits, dass der Berg eine Smaragdmine enthält.«
    »Das hättet ihr auch wissen können«, antwortete Perea. »Ihr habt doch eure Thé Walas .«
    »Unsere Thé Walas sind Medizinmänner, sie sind unsere geistlichen Führer, keine Geologen!«
    »Und sagen die nicht immer, Gold und Smaragde interessierten euch nicht?«, lächelte Leandro. »Heißt es nicht, ihr wolltet im Einklang mit der Natur leben, Koka anbauen, Alpakas züchten und Pullover stricken? Was kann ich dafür, dass ihr eure Berge und euch selbst so schlecht kennt? Ich zwinge niemanden, bei mir zu arbeiten und im

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