Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
Vom Netzwerk:
Pferd hinkam.
    Neue Energie durchströmte Emmas Körper, als sie es sich gestattete, sich an diese Hoffnung zu klammern. »Yileen«, sagte sie, »ich komme nicht mit ins Lager. Ich gehe in unser ehemaliges Forscherlager, wo Princess und Orlando stehen. Ich werde Carl zu Pferd suchen!«
    Yileen blieb stehen. »Du bist verletzt«, sagte er, »und wir sollten zuerst den Rat der Ältesten anhören. Außerdem hast du nicht geschlafen und nichts gegessen. In diesem Zustand wirst du vom Pferd fallen, wie ich dich kenne.«
    Emma stemmte die Hände in die Hüften. »He, was soll das denn heißen? Ich bin noch nie vom Pferd gefallen!«
    Was unter anderem daran lag, dass es praktisch unmöglich war, von ihrer phlegmatischen Stute abgeworfen zu werden.
    Ungeduldig entgegnete Yileen: »Ihr Weißen haltet nicht viel aus, das wisst ihr doch selbst. Also hör auf zu reden, komm mit mir und stärke dich. Deinem Mann ist nicht damit geholfen, wenn du irgendwohin reitest und dann zusammenbrichst. Dann seid ihr nämlich beide verschwunden.«
    Widerwillig musste sie zugeben, dass Yileens nüchterne Überlegungen einleuchtend waren. Außerdem schmerzte die Wunde an ihrer Schläfe immer mehr, und Emma sehnte sich nach Purlimils kühlender Heilpaste.
    Sie bezwang ihre Ungeduld und sagte: »Also gut. Aber ich schlafe höchstens eine Stunde lang – höchstens, hörst du! Es ist bestimmt schon Mittag, und ich möchte auf jeden Fall heute noch losreiten.«
    »Dann sollten wir uns besser beeilen, anstatt zu reden oder zu grübeln«, sagte Yileen trocken.
    Wo er recht hat, hat er recht, dachte Emma und erlaubte sich keinen weiteren Gedanken an Unfälle, Tierbisse, Ohnmachten oder Tod. Stattdessen versicherte sie sich während des ganzen restlichen Weges im Stillen, dass sie Carl noch heute wiedersehen würde. In der kommenden Nacht würden sie dann bereits wieder zusammen in ihrem Zelt liegen und sich versöhnt und glücklich in den Armen halten.
    Nichts und niemand durfte Carl und sie jemals trennen.

2
    E mma hatte geschlafen, ein paar Früchte heruntergewürgt und sich von Purlimil verarzten lassen. Außerdem hatte sie nach Belle gesehen, die unter Purlimils Obhut stand, seit Emma am frühen Morgen begonnen hatte, nach Carl zu suchen. Und jetzt, am späten Nachmittag, saß sie endlich mit den drei Ältesten in Birwains Hütte. Gerade hatte sie ihnen stockend von ihrem Streit erzählt; davon, dass Carl sie in höchstem Maße verärgert verlassen hatte. Danach hatte Emma die Vermutung geäußert, dass ihm etwas passiert sein müsse, weil ihr Mann niemals freiwillig so lange von ihr fortbleiben würde.
    Was sie daraufhin zu hören bekam, war nicht sehr aufbauend.
    »Vielleicht ist er ertrunken«, sagte Gunur düster.
    »Hat keinen Zweck, ihn weiter zu suchen«, bekräftigte Dayindi.
    »So leid es mir tut, Emma«, sagte sogar Birwain und runzelte kummervoll die Stirn, »mir scheint, es ist vergebens.«
    Emma starrte ihn ungläubig an. »Vergebens? Was redest du denn da? Wir haben gerade mal einen halben Tag lang gesucht. Er kann überall sein, so schnell gibt man doch nicht auf!«
    Statt des Schamanen antwortete ihr der law man . »Du wusstest, dass das passieren würde, also hör auf, dich dagegen zu wehren«, sagte er kalt.
    »Was meinst du damit?« Emma war verwirrt.
    »Du hast Belle bekommen und Carl dafür verloren – Leben gegen Leben. Hatte ich es nicht gesagt? Unsere Geister lassen nicht mit sich spaßen. Jetzt hast du deine Strafe.«
    »Aber das ist doch verrückt.« Sie spürte, wie sie wütend wurde. »Carl lebt, das spüre ich! Gewiss liegt er irgendwo in der Wildnis und wartet auf unsere Hilfe, und ihr … ihr redet von der Strafe der Geister!«
    Dayindi sah aus, als läge ihm eine barsche Erwiderung auf der Zunge, doch Birwain brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
    »Das tun wir, weil alles darauf hindeutet«, sagte der Schamane traurig zu Emma. »Du durftest das Baby behalten, doch als Ausgleich dafür haben die Geister sich …«
    »… deinen Mann geholt«, ergänzte Gunur leise.
    Emma starrte die drei Ältesten an. Die Geister sollten Carl entführt haben? Was waren denn das für Schauermärchen? Liebe Güte, in welchem Jahrhundert lebten diese Menschen eigentlich? Geister spukten, wenn es hoch kam, auf schottischen Schlössern. Vielleicht hausten sie auch in den Feuerpalmen hier im Regenwald, wer konnte das schon so genau wissen? Aber dass sie einen Menschen verschwinden lassen konnten – diese Vorstellung ging

Weitere Kostenlose Bücher