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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Grund zu haben, nach Sydney zurückzukehren?
    Sie würde es gleich erfahren.

15
    D ie Hufe ihrer Pferde wirbelten Erde und totes Laub auf. Die silbrigen Eukalyptusbäume standen weit genug auseinander, um ihnen freie Bahn zu gewähren, und Princess und Sirius genossen es ebenso sehr wie ihre Reiter, ungebremst durch den Busch zu galoppieren. Erst als der Boden steiniger und das Strauchwerk dichter wurde, zügelten Emma und John ihre Pferde. Mit geröteten Wangen und zerzausten Haaren ritten sie im Schritt nebeneinanderher.
    Emma überlegte gerade, wie sie einen Einstieg in das Thema Seelenraub finden konnte, ohne allzu plump mit der Tür ins Haus zu fallen, als John sie auf eine besondere Gesteinsart hinwies. Offenbar war diese Art selten, denn John wurde ganz aufgeregt; kurzentschlossen sprang er von Sirius’ Rücken und hob einen der mandelförmigen Brocken für sie auf.
    »Schau dir das an!«, sagte er strahlend, als er wieder aufgestiegen war und ihr im Reiten den Stein überreichte. »Ist er nicht faszinierend?«
    Emma beäugte das löcherige Gebilde. »Er sieht gar nicht aus wie ein Stein. Eher wie ein … na ja, wie ein löchriger Käse.«
    John lachte. »Der wäre aber ziemlich hart für die Zähne. Nein, das ist ein so genannter Blasenstein. Das, was dich an Käselöcher erinnert, gibt dem Stein seinen Namen.«
    »Er ist wunderschön.« Emma lächelte. »Darf ich ihn behalten?«
    »Du musst ihn behalten! Als ewige, wenn auch löchrige Erinnerung an mich.«
    Erinnerung. Eine gute Überleitung. »John, ich muss dir etwas sagen.«
    »Ich dir auch«, meinte er leichthin. »Ich habe nämlich einen Entschluss gefasst: Ich werde die Regierung bitten, mir ein paar weitere Wochen im Regenwald zuzugestehen.«
    Erstaunt blickte Emma ihn an. Er brauchte mehr Zeit? War das nun ein gutes Zeichen oder ein schlechtes?
    »Was wirst du den Herren schreiben?«, fragte sie. »Über mich, meine ich. Über mein Projekt.«
    John versenkte seinen graugrünen Blick in ihren. »Das darf ich dir nicht sagen, Emma. Tut mir leid, aber so steht es in meinem Vertrag.«
    Uff. Das klang eindeutig nach einem schlechten Zeichen, auch wenn er sie noch so verwirrend intensiv ansah.
    Sie wandte sich ab und starrte auf die grauweiße Mähne ihrer Stute. »Natürlich.«
    »Abgesehen davon«, fuhr er locker fort, »fesseln mich meine eigenen Studien in diesem Landstrich so sehr, dass es sich allein dafür lohnt, noch eine Weile hierzubleiben. Ich glaube also nicht, dass die Herren der Regierung sich mir in den Weg stellen werden.«
    »Hat sich dir überhaupt schon mal jemand in den Weg gestellt?«, fragte sie halb im Scherz.
    »Nein«, sagte er entspannt. »Noch nie.«
    Und plötzlich ärgerte sie sich über ihn. Obwohl John zwei Jahre älter war als sie, kam er ihr in diesem Augenblick sehr viel jünger vor. Für ihn war alles so einfach: Er sah gut aus, war gebildet und stammte, wie sie inzwischen wusste, aus einer vermögenden, hoch angesehenen Familie. Er übte einen Beruf aus, der ihn zu fesseln vermochte, war aber gleichzeitig frei, jederzeit etwas anderes zu tun, wenn es ihn danach verlangte. Für John war das Leben ein Spiel; eines, das bisher immer nach seinen Regeln gespielt worden war. Wusste er überhaupt, was Sorgen waren? Ahnte er auch nur, wie es war, wenn einem das Glück zur Abwechslung mal nicht in den Schoß fiel?
    Doch obwohl Emma galligen Neid verspürte, wusste ein Teil von ihr, dass es genau das war, was sie an John anzog. Mit ihm zusammen zu sein bedeutete, alles ein bisschen leichter zu nehmen, eine Zeitlang zu vergessen, wie übel ihr das Leben mitgespielt hatte.
    Es bedeutete, die Trauer um Carl in kleinen Schritten hinter sich zu lassen.
    Nur, dass ich das gar nicht will . Ich will Carl nicht aufgeben, nicht heute, nicht morgen und nicht in einem Jahr.
    Für eine Weile war nichts zu hören als das dumpfe Geklapper der Pferdehufe auf dem felsigen Boden.
    »Jetzt bist du dran«, sagte John schließlich.
    »Womit?«
    »Wolltest du mir nicht auch etwas sagen?«
    Vollkommen richtig. Emma bemühte sich, ihre widersprüchlichen Gefühle für den Moment zu vergessen, und konzentrierte sich auf das, was hier und jetzt wichtig war: nicht Carl, nicht John, nicht sie selbst. Sondern ihre beste Freundin.
    Sie räusperte sich. »Wir haben doch letztens über Purlimils Schwermut gesprochen, erinnerst du dich? Du sagtest, man könne nichts dagegen tun. Nun, ich habe die Schwarzen befragt, und … es gibt

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