Der Ruf des Kookaburra
Neuigkeiten.«
»Tatsächlich?« Neugierde blitzte in Johns Augen auf. »Glauben die Eingeborenen etwa, sie könnten Purlimil heilen?«
Emma wiegte den Kopf. »Heilen wäre zu viel gesagt. Aber die Ältesten haben über Purlimils Zustand beraten, und sie haben zumindest einen Beschluss gefasst. Einen schwerwiegenden Entschluss.« Sie machte eine Pause, dann setzte sie ehrlich hinzu: »Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dieser Beschluss mir gefällt.«
»Erzähl«, sagte John und verzog den Mund zu einem abenteuerlustigen Lächeln. »Vielleicht gefällt er ja mir.«
Also erzählte sie.
Nachdem Emma mit Birwain spazieren gegangen war und ihre Wut sich abgekühlt hatte, hatten sie ihre Beratungen gemeinsam fortgeführt. Die Ältesten und Yileen waren nun felsenfest davon überzeugt, dass Purlimils Seele tatsächlich geraubt worden war.
Als Übeltäter hatte Birwain fremde, böse Geister in Verdacht. »Es müssen sehr mächtige Geister sein«, sagte er mit einem Schaudern. »Vielleicht sind es sogar die D’anba.«
»Die D’anba!«, schrie Gunur auf. »Nur das nicht, nur das nicht!«
»Wer ist denn das nun wieder?« Skeptisch sah Emma in die Runde. »Und Seelenraub, das kommt mir nach wie vor weit hergeholt vor. Glaubt ihr eigentlich wirklich daran?«
Alle nickten.
Seufzend sagte Emma: »Wenn das so ist, sollten wir uns überlegen, wie wir diesen D’anba Purlimils Seele schnellstens wieder entreißen können.«
»Darin liegt ja das Problem«, sagte Birwain mit sorgenvoll gefurchter Stirn. »Dafür müsste genau der D’anba besiegt werden, der ihre Seele geraubt hat. Aber um gegen ihn kämpfen zu können, müssen wir wissen, wo er sich aufhält …«
»… und das wissen wir nicht«, ergänzte Dayindi schnell.
»Aber dann ist Purlimil verloren!« Gunur rang die Hände. »Ohne Seele überlebt kein Mensch länger als ein paar Monde!«
»Zuerst verblasst man zu einem Schatten seiner selbst«, bestätigte Birwain widerwillig. »Und dann stirbt man.«
Dayindi setzte hinzu: »Auf die qualvollste Weise, die man sich nur vorstellen kann.«
Emma schwieg entsetzt.
Doch dann ging ein Ruck durch Birwain, und er ballte die Fäuste.
»Es sei denn, wir können die Marmbeja davon überzeugen, uns beizustehen. Sie müssen uns helfen, Purlimil zu retten!«
»Was Purlimil zugestoßen ist, gehört zu ihrer Strafe!«, schnappte Dayindi. »Und Strafen zu umgehen ist gegen das Gesetz. Die Marmbeja werden uns wohl kaum helfen, das Gesetz zu brechen!«
Diesen Einwand hatte Birwain offensichtlich vorausgesehen.
»Beruhige dich. Niemand hat vor, erneut das Gesetz zu brechen oder unsere Ahnen und die Marmbeja hinters Licht zu führen. Alles, was ich vorschlage, ist das Abhalten eines Wanderkultes.«
Gunurs Augen leuchteten auf. »Oh ja, wir wandern entlang der Traumpfade!«
Der Schamane nickte bedächtig. »Der ganze Clan muss zusammenhalten, nur dann kann es klappen. Wir alle müssen die heiligen Stätten aufsuchen und dort tanzen und singen. Vielleicht lassen die Marmbeja sich dadurch erweichen, uns beizustehen.«
»Und dann werden sie uns ein Zeichen geben!«, rief Yileen. Neu erwachte Hoffnung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Sie werden uns helfen, den einen D’anba zu finden, der Purlimils Seele gestohlen hat. Danach müssen wir nur noch versuchen, sie ihm wieder zu entreißen – mit dem Beistand unserer Geister.«
Dayindi schüttelte stur den Kopf. »Niemand wird uns beistehen, ihr Narren. Ich sage es noch einmal: Dass es den D’anba gelingen konnte, dem Clan eine Seele zu rauben, ist die Strafe für Purlimils Ungehorsam. Vielleicht waren es sogar die Marmbeja selbst, die sich an Purlimil vergriffen haben.«
»Aber die Marmbeja rauben doch keine Seelen!«, krächzte Birwain aufgebracht. »Sie sind gut, Dayindi!«
»Du irrst dich, Schamane«, spuckte der law man aus. »Sie sind nicht gut, sie sind gerecht.«
Birwain schlug mit der flachen Hand auf den Boden. »Du lästerst die Geister, indem du das Böse dort siehst, wo es nicht ist. Für die wirkliche Gefahr aber bist du blind!«
Böse D’anba, hilfreiche Marmbeja, spirituelle Strafen und Wanderkulte … selbst jetzt noch blieb Emma dieser Umgang mit Problemen fremd. Schließlich ging es hier um nichts anderes als um Purlimils höchst irdische Schwermut!
In diesem Moment rief Yileen ungeduldig: »Genug der Rede, wir müssen meine Frau retten. Also lasst uns wandern.«
Birwain atmete tief durch, wandte seinen Blick von Dayindi ab und fragte
Weitere Kostenlose Bücher