Der Ruf des Satyrs
andere Geschäfte konzentrieren – darauf, ihren Vater zu suchen und Alexas Bruder zu umwerben.
»Und was ist mit deinem Ehemann?«, wollte Dane wissen. »Auf wen hast du dein Augenmerk gerichtet?«
Konnte dieser Mann Gedanken lesen? »Deine künftige Ehefrau mag meine Angelegenheit sein, doch mein künftiger Mann geht dich nichts an«, entgegnete sie. Sie stellte ihr Glas auf ein Tablett, das gerade an ihr vorbeigetragen wurde, und reichte ihm eine Karte, die sie aus ihrer Tasche geholt hatte.
»Was ist das?«, fragte er skeptisch.
»Die Karte mit deinen Kandidatinnen für heute Abend.«
»Fünf Namen? Du warst fleißig«, stellte er fest und steckte sie in die Tasche, als hätte er die Absicht, sie zu ignorieren.
»Gleich werde ich dich allen fünf Damen vorstellen, die ich ausgewählt habe«, warnte sie ihn. »Du kannst auch selbst nach Belieben zusätzliche Kandidatinnen aussuchen. Dieser Teil des Plans ist flexibel. Sobald wir uns trennen, ist es deine Aufgabe, mit beliebig vielen geeigneten Damen zu tanzen und Konversation zu betreiben. Doch sei darauf gefasst, dass ich mich einmischen werde, wenn du zu lange bei einer einzigen verweilst! Nicht mehr als zwei Tänze pro Dame, diese auf keinen Fall direkt hintereinander, und ich möchte dich herumgehen sehen.«
»Sklaventreiberin!«
Sie ließ ein spöttisches Lächeln aufblitzen. »Es freut mich, dass du meine Rolle bei der Sache verstehst. Dein Ziel heute Abend besteht darin, eine möglichst große Vielfalt an potenziellen Partnerinnen zu treffen. Sobald du hinreichend eingeführt bist, werde ich dich freigeben, damit du ganz nach deinen Wünschen umherwandern kannst.«
»Und wo wirst du sein?«
»In Reichweite. Ich werde beobachten. Deine Aura wird auf die geeigneteren Kandidatinnen reagieren. Diese werde ich mir merken. Und wenn du aus einer unangenehmen Situation befreit werden möchtest, gib mir ein Zeichen, indem du dir einfach mit der rechten Hand durchs Haar fährst.« Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Komm, ich sehe die Gastgeber. Lass uns damit beginnen, dass ich dich vorstelle.«
»Wenn sie uns als Paar einordnen, wird das nicht abschreckend auf mögliche Heiratskandidatinnen wirken?«, fragte er, während sie sich einen Weg durch den Raum bahnten.
»Wir leben in den 1880 ern, Signor«, erklärte Eva. »Die Regeln der Gesellschaft sind nicht mehr so streng, wie sie einmal waren. Heutzutage können Männer und Frauen sich in der Öffentlichkeit als Freunde treffen, ohne dadurch gleich übermäßig prüfenden Blicken ausgesetzt zu sein. Und wenn die Damen sehen, dass eine andere Frau – meine Wenigkeit – deine Gesellschaft akzeptiert, wirkst du zuverlässig. Eine gute Wahl als Ehemann.«
In dem Gedränge stieß jemand sie versehentlich an, und Dane zog sie an sich. »Zuverlässigkeit?«, flüsterte er in ihr Haar. »Ist es das, was eine Frau wirklich von ihrem Ehemann will?«
Evas Herzschlag hämmerte in ihren Ohren, und für einen kurzen, gestohlenen Augenblick lehnte sie sich an ihn. »Es ist das, was ich will. Aber nur von meinem Ehemann, nicht von meinem …«
»Liebhaber?«
Die Menge teilte sich, und sie entzog sich Dane wieder. Höflich lächelnd, als sie sich den älteren Damen näherten, begann sie mit den Vorstellungen, die sie beide rund um den ganzen Saal führten und für die nächste halbe Stunde in Anspruch nahmen.
»Evangeline!« Das war Alexa Patrizzi, gewandet als Venus in ein pfirsichfarbenes Kleid und übers ganze Gesicht strahlend. Alexa hakte sich bei ihr unter und sah dann kokett zu Dane hinüber – als stumme Bitte an Eva, sie ihm vorzustellen.
Eva schaute sie mit leicht gerunzelter Stirn an.
»Du sagtest doch, ich sollte mir selbst eine Meinung über ihn bilden«, murmelte Alexa neben ihr, die Unschuld in Person.
»Signorina Patrizzi, Signor Satyr«, sagte Eva und beugte sich damit dem Unvermeidbaren. Alexa konnte wirklich hartnäckig sein, wenn sie etwas wollte. Während jedoch ihre Aura angeregt auf Danes Präsenz reagierte, blieb die seine ruhig und konstant – ein Umstand, den Eva erfreut registrierte. Während die beiden kurz miteinander plauderten, stand Eva größtenteils schweigend dabei, doch als einige andere Freundinnen von Alexa sich zu ihnen gesellten, machte Eva Anstalten, sich unauffällig zurückzuziehen in dem Glauben, dass es in dem Gedränge niemand bemerken würde. Doch als sie einen Schritt zurückgehen wollte, ergriff eine starke Männerhand sie am Arm.
Dane neigte sich
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