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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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Körbe auf dem Floß. Sie hatten sich schon von den Inselbewohnern verabschiedet.
    Runa wollte ihnen folgen, aber die Schamanin klopfte ihr auf die Schulter und forderte sie auf zu warten.
    Runa blickte die Frau abwartend an.
    Die Schamanin lächelte wissend und nahm Runas Hände in die ihren. So standen sie sich einen Augenblick lang gegenüber, Runas Hände in den Händen der Schamanin.
    Plötzlich fühlte Runa ein seltsames Kribbeln in ihren Handflächen. Die Schamanin drückte Runas Hände ein letztes Mal, ließ sie los und strich sachte über den Beutel mit dem Talisman. Runa sah die Schamanin forschend an. Sie hatte den Talisman mit keinem Wort erwähnt.
    Runa spürte das Kribbeln in ihren Händen sogar noch, als sie mit wackeligen Beinen auf das Floß stieg und sie sich immer weiter vom Strand entfernten. Sie ließ die Schamanin nicht aus den Augen, bis das Floß schließlich zu weit entfernt war, um die Gestalten am Strand deutlich zu erkennen.
    »Geht es dir gut, Runa?«, fragte einer der Männer.
    »Ja«, antwortete sie leise. »Aber die Hitze bekommt mir nicht.«
    Die Männer warfen sich verwunderte Blicke zu. Die Morgensonne schien warm, aber nicht heiß, und es wehte ein frischer Wind über das Meer.
    Runa setzte sich, lehnte sich mit dem Rücken gegen einen der Körbe und schloss die Augen. Ein seltsames Ziehen lief durch ihren Körper …

K APITEL 25

Eile
    S ie ist zurück!« Heather weckte die anderen. Sie hatte Chad bei der ersten Dämmerung abgelöst, um Wache zu halten, damit er sich ein wenig ausruhen konnte.
    Unterhalb der kleinen Anhöhe sah Myra sich verwundert um. Wo waren die anderen?
    »Chad?«, rief sie leise.
    »Myra!«, antwortete Chad ebenso leise. Dennoch waren seine Worte in der Stille der Morgendämmerung deutlich zu verstehen. »Warte, wo du bist. Ich komme zu dir.«
    Wie aus dem Nichts stand er plötzlich neben ihr auf dem Weg. Sie zuckte zusammen.
    »Was ist passiert?«
    »Komm mit«, sagte er, »aber sei leise. Ich werde dich zu Heather und Meghali bringen, dort können wir reden.«
    Myra folgte Chad durch das unwegsame Unterholz die kleine Anhöhe hinauf und hielt sich dicht hinter ihm. Sie war ein wenig enttäuscht. Kein Kuss, keine Umarmung, kein liebes Wort. Etwas Unvorhergesehenes musste geschehen sein.
    Myra fiel auf, dass Chad sich immer wieder umsah und sehr darauf achtete, keine Geräusche zu verursachen. Also bemühte sie sich ebenfalls, leise zu sein.
    Als sie das Versteck endlich sicher erreicht hatten, wurden sie von Heather und Meghali begrüßt. Auch die beiden Frauen sprachen nur im Flüsterton.
    »Morris ist uns auf der Spur«, sagte Chad ernst. »Und er hat zwei Komplizen mitgebracht.«
    »Wie schrecklich!«, stieß Myra entgeistert aus. »Drei von seiner Sorte!«
    »Nicht mehr.« Chad erzählte mit wenigen Worten, was ihn am Wagen erwartet hatte.
    »Ich denke, sie haben beschlossen, uns alle zu töten«, meinte Meghali. »Nicht nur dich und mich.« Sie saß auf einem Felsbrocken und spielte nervös mit ihrem langen schwarzen Zopf.
    »Komm, setz dich«, forderte Chad Myra auf. Dann endlich legte er seinen Arm um sie und zog sie eng an sich. »Erzähl uns, wie es dir ergangen ist.«
    »So vieles ist passiert«, sagte Myra.
    Als Erstes berichtete sie, wie Runa sich an dem einsamen Strand des fremden Meeres schweren Herzens von Erdis hatte trennen müssen.
    »Könnt ihr euch vorstellen, wie Runa sich gefühlt hat, als ihr bewusst wurde, dass ihre Reise doch nicht zu Ende war und dass sie ohne Erdis weitergehen musste?«, fragte Myra aufgewühlt und mit tränenerstickter Stimme. »Es war, als ließe sie ein Stück ihres Herzens an dem einsamen Strand zurück.«
    Sie machte eine Pause und sammelte sich.
    »Erdis sagte ihr, dass sie sich irgendwann wiedersehen würden, dass nichts sie für immer trennen könne«, schloss Myra leise. Dann wechselte sie schnell das Thema und berichtete von der Zeit, die sie in der Zukunft als ihr älteres Ich verbracht hatte.
    »Ich weiß nicht, was für eine Idee du, Chad, in der Zukunft gehabt hast«, sagte Myra, »aber es hat sich gefährlich angehört.« Sie seufzte schwer.
    »Mein älteres Ich benimmt sich furchtbar dumm. Du, Meghali, hast versucht zu helfen, aber es hat nichts genützt. Ich war ganz und gar die ältere Myra, mit all ihren Ängsten und all ihrer Verwirrtheit. Ich konnte ihr nichts von meinem jetzigen Wissen mitteilen, um sie zu beruhigen. Es ist zum Verrücktwerden!« Sie sah die anderen entschuldigend

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