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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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Felsen heran. Hier standen von Wind und Wetter gepeitschte knorrige, alte Zedern, die ihre Äste schützend vor die hinter ihnen wachsenden Bäume gestreckt hatten und sie vor den wilden Stürmen, die so oft an dieser Küste tobten, abschirmten.
    Myras Körper fühlte sich an wie ein Knoten, der sich immer weiter zusammenzog. Es musste einen Weg geben, den Talisman zu finden. Es musste . Verbissen schaute sie an den Felsen entlang.
    »Er wird sie nicht gehen lassen, Chad! Verstehst du das nicht!«, entfuhr es ihr, als sie in sein ratloses Gesicht blickte.
    Sie sollte den Talisman finden, hatte Morris gesagt. Aber wie, um Himmels willen, sollte sie das anstellen? Er hatte Emma. Sie musste den Talisman finden. Während der letzten Minuten war Myra klargeworden, dass sie Emma höchstwahrscheinlich auch dann nicht wiedersehen würden, wenn sie den Talisman für Morris fand. Er war ein skrupelloser, kaltherziger Mann, und es war ihm egal, was aus Emma, Chad, Meghali oder ihr selbst wurde.
    »Aber ihr habt hier doch schon gesucht, Myra«, warf Meghali, die ein wenig abseits stand, besänftigend ein.
    »Ich muss den Talisman finden. Ich muss!«, rief Myra beinahe hysterisch, und in ihrer Hysterie fühlte sie, dass der Weg, um den Talisman zu finden, ganz nahe war. Es hatte etwas mit der Vergangenheit zu tun, mit der von Meghali und mit ihrer eigenen – oder, besser, mit etwas, das in ihrer Vergangenheit hätte geschehen sein sollen. Sie schlug sich verzweifelt vor die Stirn und stampfte mit dem Fuß auf.
    »Okay, okay«, sagte Chad und fuhr sich ratlos durchs Haar. »Lass uns die Einzelheiten noch einmal durchgehen: In deinem Traum hast du eine alte Frau gesehen, die zu einer Höhle emporblickte, die in einem Wald gelegen war. Richtig?«
    »Richtig«, erwiderte Myra ungeduldig.
    »Ich bin kurz eingenickt und mit diesem Ort – Squalath – im Kopf aufgewacht.«
    »Stimmt auch«, antwortete Myra. »Der Talisman muss hier irgendwo sein!« Mit tränenfeuchten Augen blickte sie auf die wunderschöne Natur um sie herum. Heute empfand sie dabei jedoch keine Freude. Im Gegenteil, jeder Baum, jeder Strauch, jeder Fels schien plötzlich ihr Feind zu sein.
    Meghali sah betrübt zu Boden. Der Wind war kalt, und sie schlang ihre Arme um ihren Körper.
    »Myra, ich möchte dich nicht noch mehr aufregen, aber es gibt tausend Orte wie diesen. Der Ort, von dem du geträumt hast, kann überall sein«, wandte Chad ein.
    »Wir müssen einen Weg finden, um Morris aufzuhalten, vergiss das nicht«, warf Meghali drängend ein.
    »Der Talisman ist unsere einzige Chance, um Morris Einhalt zu gebieten!«, fuhr Myra auf. »Es ist das Einzige, das stärker zu sein scheint als er und seine Kumpane. Deshalb sind sie hinter dem Talisman her. Nur dann, wenn wir ihn finden, wird Morris auf unsere Forderungen eingehen.«
    Myra sah Meghali an. Deren dunkle Augen verrieten ihr, dass sie sie für verrückt hielt. »Der Talisman ist unsere einzige Chance«, wiederholte Myra. »Und Squalath ist unser einziger Anhaltspunkt. Wir haben keine anderen.«
    »Wir haben einiges über Morris in Erfahrung bringen können. Zusammen mit Meghali könnten wir zur Polizei gehen und …«, warf Chad ein.
    »Bist du verrückt?«, rief Myra entsetzt aus. »Willst du Emma umbringen?«
    Chad bemühte sich, ruhig zu bleiben. Die Schmerzen in seiner Schulter wurden wieder stärker. Er würde noch mehr Schmerztabletten nehmen müssen, er konnte es nicht länger aufschieben.
    »Ich versuche nur, eine Lösung zu finden, Myra.«
    »Die Polizei zu verständigen ist keine Lösung!«, fuhr Myra auf. »Das wäre Mord!«
    »Im Wald umherzuirren und dabei die Zeit verstreichen zu lassen ist auch keine Lösung!« Chad schüttelte den Kopf. Seine harschen Worte taten ihm sofort leid. »Lass uns nach Hause fahren. Vielleicht kann Heather uns einen Rat geben.«
    »Das ist eine gute Idee«, stimmte Meghali zu.
    »Vielleicht! Vielleicht ist nicht gut genug! Ihr lest doch auch die Zeitungen. Ihr wisst, was jungen, hübschen Mädchen alles zustoßen kann! Dinge, die schlimmer sind als der Tod! Ich kann sie nicht im Stich lassen!«
    »Emma ist auch meine Tochter!«, rief Chad aus. Auch er war jetzt aufgebracht.
    »Lasst uns versuchen, ruhig zu bleiben und nicht zu streiten. Das hilft Emma überhaupt nicht. Wir müssen zusammenhalten!«, warf Meghali besänftigend ein.
    Myra zitterte vor Aufregung. Sie atmete ein paarmal tief durch.
    »Es tut mir leid«, sagte sie schließlich. »Ich tue mein

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