Der Ruul-Konflikt 4: Verschwörung auf Serena (German Edition)
wie sich deren Inanspruchnahme gewisser Leistungen mit Maxwells konservativer Doktrin vertrug. Sie konnte Doppelmoral auf den Tod nicht ausstehen.
Dennoch war sie froh über die Anwesenheit sowohl einiger MAD-Offiziere als auch der A.i.S.-Halunken. In diesem Sammelsurium an Uniformen und Dienstgraden, der hier versammelt war, fiel sie nicht weiter auf. Tatsächlich hatte ihre anfängliche Überlegung darin bestanden, ihre Uniform auf der Station zu lassen und sich etwas einheimischer unters Volk zu mischen. Doch in Zivilkleidung wäre sie weit mehr aufgefallen. Little Venus entwickelte sich zusehends zu einem Vergnügungsviertel für dienstfreie Soldaten.
Und gemäß einiger geheimer Dateien, die sie sich auf dem Flug nach Serena zu Gemüte geführt hatte, war eben dieses Viertel auch Schauplatz einiger sehr hässlicher Zwischenfälle gewesen. Unruhen und bürgerkriegsähnliche Zustände waren noch die harmlosesten Begriffe, die in den Berichten genannt wurden. Vielleicht gehörte dies zu dem Preis, den Serena und seine Bevölkerung als Gegenleistung für den Schutz vor den Slugs zu zahlen hatten. Dennoch fühlte Rachel tiefes Mitgefühl für die Bewohner der Kolonie in sich aufsteigen. Serena war definitiv kein Ort mehr, an dem man seine Kinder großziehen wollte.
Es war gerade mal Mittag und die Nachtclubs machten sich bereits daran zu öffnen. Vor den meisten Etablissements hatten sich schon ansehnliche Ansammlungen williger Kunden versammelt, mit zu viel Geld in den Taschen und dem Bedürfnis, es auszugeben. Innerlich schüttelte sie den Kopf. Sie wollte verdammt sein, wenn nicht wenigstens fünfzehn bis zwanzig Prozent dieser Soldaten sich unerlaubt von ihren Einheiten entfernt hatten, um hier einen draufzumachen.
Einerseits war ihr so ein Verhalten zuwider, andererseits konnte sie es gut nachvollziehen. Sogar besser, als ihr lieb war. Den Männern und Frauen war einfach nur langweilig. Eine Streitmacht wie die, die hier im System versammelt war, über sechs Jahre lang untätig herumsitzen zu lassen, hatte seinen Preis. Und der Preis war zweifelsohne hoch.
Die ersten zwei, drei Jahre war man noch aufmerksam gewesen. Hatte jederzeit mit einem Bruch des Waffenstillstands gerechnet. Aber der kam nicht. Keine ruulanische Invasionsflotte brach aus der RIZ und drang in den terranischen (Rest-)Raum ein. Keine ruulanischen Kriegertrupps landeten auf Serena, um die Menschheit zu unterjochen. Oder errichteten riesige Umwandlungsanlagen, um die Bevölkerung für den Zwangsdienst in den ruulanischen Schiffen anzupassen. Nichts dergleichen geschah.
Und irgendwann – zuerst schleichend – ließ die Wachsamkeit nach und Lethargie setzte ein. Der Alltagstrott nagte. Langsam aber stetig. Sie spürte es ja selbst. Sechs Jahre auf einen Angriff zu warten, der nicht kam, war hart. Eigentlich konnte sie den Leuten hier keinen Vorwurf machen. War sie denn im Grunde so viel besser? Sie stürzte sich in eine belanglose Affäre nach der anderen. Und wozu? Tja, das war eine gute Frage. Eine Frage, auf die sie die Antwort eigentlich gar nicht wissen wollte.
Eine Gruppe Milizionäre in ihren schmuck- und fantasielosen grauen Uniformen trabte im Eilschritt vorbei. Im Gegensatz zu den meisten anderen Soldaten in Little Venus waren sie bewaffnet. Und das sogar beängstigend gut. Jeder trug ein Sturmgewehr über der Schulter und eine Handfeuerwaffe in einem Holster an der Hüfte. Außerdem am Gürtel noch jeweils zwei Handgranaten und Extramunition für die Gewehre.
Das hatte Calough gemeint. Die Milizionäre wirkten eher wie eine Besatzungsmacht auf feindlichem Territorium denn wie eine Truppe, die für den Schutz der Bürger verantwortlich war. Die Blicke der Grauhemden glitten besorgt und wachsam von links nach rechts. Sie hatten die Waffen zwar über die Schulter gehängt, doch ihr fiel auf, dass die Gewehre entsichert waren. Eine Maßnahme, die unter Soldaten eigentlich nur in akuten Bedrohungssituationen auf diese Weise gehandhabt wurde. Die Waffen waren so schneller zur Hand, konnten aber aus Versehen auch extrem leicht losgehen. Die Männer mussten sich wirklich unwohl fühlen.
Eine Szene am Straßenrand erregte plötzlich Rachels Aufmerksamkeit. Eine junge Prostituierte von maximal achtzehn Jahren wurde von zwei Männern und einer Frau – einer Frau, um Gottes willen! – bedrängt.
Das Mädchen – und Rachel war nicht imstande, sie anders zu sehen – war nur mit einem sehr knappen Top, einem kurzen Rock und
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