Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
Vom Netzwerk:
du hast endlich ausgeschlafen.«
    »Wann kommst du?«
    »Ich bin schon in der Halle.«
    »Und ich habe nichts vorbereitet!« rief Timothy. Anne war kaum vom Bildschirm verschwunden, da meldete der Communicator einen weiteren Anrufer, und der ließ sich kraft seiner Geheimdienst-Frequenz nicht abwimmeln.
    »Es ist nicht so wichtig«, sagte Devlin, »aber ich wollte Ihnen doch mitteilen, daß wir die Gangster gefaßt haben, die Ihren Freund kidnappen wollten. Es war ein simpler Raubüberfall ohne Hintergründe. Freischaffende Gangster. Alte Bekannte mit ellenlangen Vorstrafenlisten. Weiß der Himmel, was sie gerade bei Peaboddy vermutet haben, vielleicht Rauschgift? Der Hubjet war natürlich gestohlen –«
    »Entschuldigen Sie bitte, Mister Devlin«, unterbrach Timothy, »aber ich bin furchtbar in Eile.«
    »Schon gut. Nur noch eine Frage: Sind Sie mit dem Puzzle vorangekommen?«
    »Ich habe es Napoleon geschenkt.«
    Devlin lachte lauthals. »Ich sagte es Ihnen doch, für ein menschliches Gehirn ist es unmöglich, bis zum Kern eines Teufelspuzzles vorzustoßen.«

Der Laurin oder Umzug der Engel
    1.
    Der Kamin brannte! Timothy schlug sich begeistert auf die Schenkel. Er hatte nur eine Handvoll Späne aufgelegt – er mußte erst noch eine Abschirmung um die Sprinkler-Automatik errichten, damit seine Wohnung nicht plötzlich von Löschschaum überflutet wurde –, aber schon die kleinen Flammen, die aus den Holzstäben züngelten, faszinierten ihn. Wann bekam man schon einmal richtiges Feuer zu sehen. Anne würde begeistert sein. Sie hatte ihm letzte Nacht voller Wehmut von den romantischen Lagerfeuern ihrer Kindheit erzählt.
    Den Abzug zu bauen war nicht halb so schwer gewesen, wie Timothy befürchtet hatte. Zwar schaffte es nicht einmal der Laserbrenner, ein Loch in die Scheiben zu schneiden, doch die Mauer erwies sich als weniger fest. Ein Ventirotor zerstäubte den Rauch, so daß er unsichtbar in den Turbulenzen verwirbelte, die das »Nebraska« umtosten.
    Timothy genehmigte sich einen kleinen »Old Finch«, dann ging er ins Schlafzimmer, stellte den Videomaten auf Kreation und entwarf eine Umwelt für die kommende Nacht: Eine weite Wiese voller Butterblumen, Gänseblümchen und Enzian, auf der eine milde Sonne durch lockeres Zirruswolkengespinst bizarre Lichtspiele zauberte; die Bäume rundum waren mit bunten Bändern geschmückt, die im Windhauch vibrierten. Er brauchte lange, bis er mit der Abendstimmung zufrieden war, verwarf ein halbes Dutzend Abendrot und entschied sich schließlich für eine durch mehrere Dunstschichten tauchende, vielfach changierend untergehende Sonne und eine gleichzeitig an der gegenüberliegenden Videowand aufgehende Mondsichel unter einem sternklaren nördlichen August-Himmel.
    Wie gut, daß er sich die enorme Miete für eine Wohnung der Kategorie B leisten konnte, die nur mit dem »gesetzlichen Minimum« ausgestattet war, also nur akustisch und nicht auch noch optisch überwacht werden konnte. Hätten sie sich unter den Augen irgendwelcher NSA-Beamter lieben sollen? Ein unvorstellbarer Gedanke.
    Timothy blickte triumphierend zu dem Kristallkäfig unter der Decke. Er hatte Stunden darauf verwendet, seinen ohnehin nicht kleinen Vorrat an Tonkonserven mit banalen Alltagsgeräuschen und Schlaftönen aufzufüllen, hatte Napoleon ein Dutzend Kristalle mit entsetzlichen Schnarchtönen produzieren lassen, und er besaß – dank Annes Hilfe! – schon seit Jahren die nötigen technischen Geräte, die es erlaubten, die Lauscher des Überwachungsdienstes mit getürkten Tönen zu überlisten. Betroffen stellte Timothy fest, daß er sich so daran gewöhnt hatte, in seinen eigenen vier Wänden nicht beobachtet und kaum noch überhört zu werden, daß er schon gar nicht mehr daran gedacht hatte, wie die anderen damit fertig wurden, welche psychischen Verformungen das Leben mit einem, wenn auch nicht real, so doch potentiell allgegenwärtigen Augenzeugen mit sich bringen mußte.
    Er sah auf die Uhr und erschrak. Fast vier Stunden hatte er für das Programm gebraucht. Jeden Moment konnte Anne kommen, und er hatte die böhmischen Pflaumenknödel, die er ihr zum Nachtmahl versprochen hatte, noch nicht fertig. Timothy lief in die Küche, quetschte die gekochten Kartoffeln mit Mehl und Ei zu einem festen Teig, den er dünn ausrollte und in kleine Quadrate schnitt, entkernte die Pflaumen und steckte in jede Frucht ein Stück Würfelzucker, legte die Pflaumen auf die Teigstücke und faltete sie zu kleinen

Weitere Kostenlose Bücher