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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Nikita Karpin zurück.
    Bis sie unterbrochen wurden, hatte der alte Mann sich verhalten, als hätten sie alle Zeit der Welt. Er lächelte ruhig vor sich hin, strich mit dem Daumen Kondenswasser von der Karaffe und erklärte, Jurek und sein Zwillingsbruder seien nur zwei Jahre in Schweden geblieben.
    »Warum?«, fragte Joona.
    »Man wird nicht ohne Grund zum Serienmörder.«
    »Weißt du, was passiert ist?«
    »Ja.«
    Der alte Mann hatte mit dem Finger über die graue Mappe gestrichen und erneut darüber gesprochen, dass der bestens ausgebildete Ingenieur wahrscheinlich bereit gewesen wäre, sein Wissen zu verkaufen.
    »Aber die schwedische Ausländerkommission war nur an Vadim Levanovs Arbeitskraft interessiert. Sie begriffen nichts … und schickten einen Raketeningenieur von Weltrang in eine Kiesgrube.«
    »Vielleicht wusste er ja auch, dass ihr ihn überwacht, und war klug genug, sein Wissen für sich zu behalten«, wandte Joona ein.
    »Es wäre klüger gewesen, Leninsk nicht zu verlassen … Er hätte vielleicht zehn Jahre Arbeitslager bekommen, aber …«
    »Er musste schließlich an seine Kinder denken.«
    »Dann hätte er erst recht bleiben sollen«, widersprach Nikita und begegnete Joonas Blick. »Die Jungen wurden aus Schweden ausgewiesen, und Vadim Levanov konnte sie nicht finden. Er setzte sich mit allen in Verbindung, die er kannte, aber vergeblich. Er konnte nicht viel tun. Er wusste selbstverständlich, dass wir ihn verhaften würden, falls er nach Russland zurückkehren sollte, und dann hätte er die Jungen erst recht nie ausfindig gemacht. Deshalb hat er stattdessen auf sie gewartet, es war das Einzige, was er tun konnte … Vermutlich dachte er, wenn die Jungen versuchen sollten, ihn zu finden, dann würden sie zuerst an dem Ort suchen, an dem sie zuletzt alle zusammen waren.«
    »Welcher Ort war das?«, fragte Joona, während er gleichzeitig bemerkte, dass sich ein schwarzes Auto dem Gutshof näherte.
    »Die Gastarbeiterunterkünfte, Wohnung Nummer vier«, antwortete Nikita Karpin. »Dort nahm er sich viel später dann auch das Leben.«
    Bevor Joona nach dem Namen der Kiesgrube fragen konnte, in der ihr Vater gearbeitet hatte, bekam Nikita Karpin Besuch. Ein glänzender schwarzer Chrysler hielt auf dem Hof, und damit war das Gespräch schlagartig beendet. Ohne erkennbare Eile tauschte der alte Mann das Material auf dem Tisch zu Jureks Vater gegen Material zu Alexander Pitjusjkin aus, dem sogenannten Schachmörder – einem Serienmörder, zu dessen Ergreifung Joona beigetragen hatte.
    Vier Männer traten ein, gingen ruhig zu Joona und Nikita, gaben ihnen höflich die Hand, sprachen eine Weile auf Russisch, woraufhin zwei von ihnen Joona zu dem schwarzen Wagen hinausführten, während die beiden anderen bei Nikita Karpin blieben.
    Joona wurde auf die Rückbank gesetzt. Ein Mann mit Stiernacken und kleinen schwarzen Augen bat höflich, einen Blick auf Joonas Pass werfen zu dürfen, und fragte anschließend nach seinem Handy. Sie durchsuchten sein Portemonnaie, riefen im Hotel und beim Autoverleih an. Sie versicherten Joona, dass sie ihn zum Flughafen bringen würden, allerdings nicht sofort.
    Jetzt sitzen sie in einer Raststätte an einem Tisch und warten.
    Joona trinkt einen kleinen Schluck von dem kalten Kaffee.
    Wenn er sein Telefon hätte, könnte er Anja anrufen und sie bitten, nach Jurek Walters Vater zu suchen. Es muss Informationen über die Kinder und den Ort geben, an dem sie wohnten. Er unterdrückt einen Impuls, den Tisch umzuwerfen, zum Auto hinauszulaufen und zum Flughafen zu fahren. Sie haben seinen Pass, sein Portemonnaie und sein Handy.
    Der Mann mit dem Stiernacken trommelt leicht auf den Tisch und summt vor sich hin. Der zweite mit den kurzen eisgrauen Haaren liest nicht mehr, sondern schreibt jetzt SMS.
    In der Küche wird mit Töpfen geklappert.
    Plötzlich klingelt es, und der Mann mit den grauen Haaren steht auf und entfernt sich ein paar Schritte, ehe er sich meldet.
    Nach einer Weile beendet er das Gespräch und teilt den anderen mit, dass es Zeit ist zu fahren.

140
    Mikael sitzt in seinem Zimmer und schaut mit Berzelius fern. Reidar geht die Treppe hinunter und sieht durch die Reihe der Fenster, dass der Schnee wie graues Licht auf den Äckern liegt.
    Im offenen Kamin brennen Birkenholzscheite, und auf dem Tisch in der Bibliothek liegt die Post. Aus den Boxen erklingt eine von Beethovens späten Klaviersonaten.
    Reidar setzt sich und sieht rasch den Briefstapel durch.

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