Der Sarg: Psychothriller
kam.
Als sie das Gefühl hatte, sie könnte es schaffen, drückte sie sich ab und machte die ersten, vorsichtigen Schritte an der Wand entlang auf die Tür zu, wobei sie ihre Finger über den kalten Beton streichen ließ. Nach fünf Schritten hatte sie die Tür erreicht, und obwohl sie nicht damit rechnete, dass sie unverschlossen war, schlug ihr Herz noch ein paar Takte schneller, als sie die Hand auf die kalte Metallklinke legte und sie herunterdrückte.
Die Tür war verschlossen. Ohne sich lange damit aufzuhalten, wandte Eva sich um und sah hinüber zu der zweiten Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Genau in der Mitte zwischen ihr und dieser Tür stand der Sarg.
Nicht nachdenken
, beschwor sie sich.
Du musst zu dieser Tür, das ist wichtiger als alles andere.
Sie tastete sich weiter am Beton entlang zur Seitenwand, vor der zwei große Boxen standen, wie riesige Truhen, aber offensichtlich aus Kunststoff. Beide Deckel waren geschlossen, und Eva hatte in diesem Moment nicht das geringste Bedürfnis herauszufinden, was sie beinhalteten. Zumindest nicht, solange sie nicht sicher wusste, ob die zweite Tür ebenfalls verschlossen war. Also ging sie an den Kisten vorbei, kam an eine Stelle, an der einige blanke Rohre mit Stellrädern daran an der Wand senkrecht nach oben verliefen, und hatte dann die Wand mit den Fernsehern und der Tür erreicht. Von Nahem sahen die alten Geräte noch desolater aus als von ihrem vorherigen Platz in der Ecke aus. Die Mattscheiben waren gerissen, die Belüftungsrillen verdreckt, und über allem lag eine zentimeterdicke Staubschicht.
Sie hatte die Tür erreicht, versuchte sie zu öffnen und zog in der nächsten Sekunde die Hand entmutigt zurück. Ihr Blick fiel auf das Wandtelefon, das nur etwa einen Meter neben der Tür hing. Schon als sie den Hörer abnahm, sah sie die freiliegenden, zerfaserten dünnen Kabel, die aus der Seite herausragten, und es war eigentlich eine überflüssige Bewegung, mit der sie sich den Hörer ans Ohr hielt. Es war, als drücke die absolute Stille im Hörer ihr unangenehm gegen das Ohr, sie öffnete einfach die Hand und ließ ihn achtlos fallen. Kurz, bevor er auf dem Boden aufschlug, war das Kabel zu Ende, und er pendelte wenige Zentimeter über dem Boden hin und her.
Eva spürte, wie ein Gefühl der Verzweiflung von ihr Besitz ergriff, wie es ihr die Luft abdrückte und versuchte, in ihre Gedanken einzudringen. Das musste sie verhindern. Sie hatte schon in diesem Sarg gelegen, und er war verschlossen gewesen. Verglichen damit war ihre Lage doch in diesem Moment noch relativ komfortabel. Außer dass ihr dieses Mal eine innere Stimme sagte, dass sie nicht einfach so wieder zu Hause aufwachen würde. Dieses Mal war es etwas ganz anderes.
Sie wandte den Kopf ein Stück zur Seite. Der Sarg. Er war der Schlüssel zu alldem. Wenn es etwas gab, das sie weiterbringen würde, so musste es unmittelbar mit dem Sarg zu tun haben. Sie gab sich einen Ruck und machte einen Schritt darauf zu, dann noch einen. Im Abstand von etwa einem Meter blieb sie stehen und ließ ihren Blick über das Holz gleiten. Es sah stumpf aus, und auch die Messinggriffe waren matt und fleckig.
Ob er schon in Gebrauch gewesen war?
, fragte sie sich und erschrak bei dem Gedanken, denn das konnte ja bedeuten, dass dort jemand … Sie versuchte die Worte wegzuschieben, bevor sie gedacht waren, und begann um den Sarg herumzugehen. Sie konnte nichts Auffälliges daran entdecken. Aber sie war aus einem unerfindlichen Grund absolut sicher, dass es der Sarg war, in dem sie selbst schon gelegen hatte. Aber warum lag sie jetzt nicht darin, sondern konnte sich im Raum frei bewegen? Was bezweckte derjenige, der ihr das antat, damit?
Sie wagte sich noch einen Schritt näher heran und hob langsam die Hand. Vorsichtig ließ sie sie auf das Holz sinken, als könne der Sarg zum Leben erwachen, wenn sie unachtsam war. Sie spürte ihren Herzschlag pochend am Hals, als sie die Finger vorsichtig am Deckel entlang herabgleiten ließ und die Stelle erreichte, an der die Kante ein Stück weit überstand. Hier konnte man den Deckel anheben. Eva schob die Finger unter die Kante und verharrte in dieser Stellung. Was erwartete sie, wenn sie den Deckel des Sargs nun öffnete? Zweifellos war es genau das, was ihr Entführer von ihr erwartete. Aber warum? Und was hatte er davon? Er konnte doch gar nicht sehen, ob sie es wirklich tat, und wenn, wie sie reagieren würde … Außer … eine Kamera. Es musste irgendwo
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