Der Schaedelschmied
erreichte.
Es bestand kein Zweifel: Wer sich hier vor seinen Augen, gut hundert Meilen von Nophelet entfernt, ein imaginäres Staubflöckchen von seiner Uniformjacke schnippte und die Anwesenden mit glasigem, latent unverständigem Blick musterte, war niemand anders als der vom IAIT in schöner Regelmäßigkeit als unfällig deklassierte, aus unnachvollziehbaren Gründen bis heute nicht seines Postens enthobene Leiter der Stadtwache von Nophelet.
»Darf die Herren miteinander bekannt machen«, ließ sich Polizeipräsident Wymmler vernehmen, der zwischenzeitlich sowohl Hippolit als auch Jorge die Hand geschüttelt hatte. Erwies auf den zuerst eingetretenen, hageren Mann, der unter seinem karierten Mantel einen gleichfalls karierten Hosenanzug zum Vorschein gebracht und in einem der Sessel auf der gegenüberliegenden Seite des Tischrunds Platz genommen hatte.
»Meisterermittler Oskulapius aus Sherlepp …«
Der Karierte nickte huldvoll, mit halbgeschlossenen Lidern, und ließ unbeteiligt einen Schwall Rauch aus seiner Hakennase aufsteigen.
Hippolit atmete scharfein, sagte aber nichts.
»… nebst seinem ständigen Begleiter, dem ehrwürdigen Meister Rekten, medizinisch-thaumaturgischer Heiler der siebten Stufe.«
Der dickliche Mann mit dem Mondgesicht deutete eine Verbeugung an, bevor er sich an der Seite des Karierten niederließ.
»Der Kerl hat einen Assistenten«, stellte Jorge kauend fest. Er war wieder dazu übergegangen, sich den Mund mit Hirsekeksen vollzustopfen. »Ulkig. Genau wie du, M.H.«
Präsident Wymmler fuhr stimmgewaltig fort: »Weiterhin: General Glaxiko, kriminologischer Leiter der Stadtwache Nophelets, landesweit bekannt für eine Vielzahl gelöster Kriminaldelikte von höchster Komplexität.«
Die Worte waren noch nicht im Raum verhallt, da prustete Jorge so heftig los, dass Kekskrümel bis in die Mitte des Tischkreises sprühten. »Bei Batardos, der saß im Ziel«, hustete er. »Präsident, du bist ja ein richtiger Witzbold!«
Hippolit versuchte ein letztes Mal, aus dem absurden Albtraum zu erwachen, der ihn umfangen hielt, scheiterte jedoch erneut. Dies hier war die Realität, auch wenn er sie im Moment beim besten Willen nicht verstand.
Wymmler ignorierte die Unterbrechung mit stoischem Gleichmut, wie man ihn nur bei chronisch Depressiven und langjährigen Angehörigen des Militärs findet. Er wandte sich in Richtung der drei Männer, die er soeben vorgestellt hatte, und wies auf Hippolit und Jorge. »Und bei diesen Herren handelt es sich um …«
»… Meister Hippolit, Lichtadept der neunten Stufe, sowie seinen Assistenten, Agent Jorge«, vollendete Meister Alprecht den Satz für ihn, der durch eine getarnte Klappe irgendwie ins Innere des geschlossenen Tischkreises gelangt war. »Vom IAIT in Nophelet.«
Der Mann im karierten Anzug verzog keine Miene, auch seine Augen öffneten sich keinen Millimeter weiter als zuvor.
Gräuliche Rauchwolken stiegen aus dem Kopf seiner Pfeife in die Höhe. Seiner gleichgültigen Miene war nicht zu entnehmen, ob er je von einer Institution namens IAIT gehört hatte.
Sein dicklicher Begleiter dagegen neigte anerkennend den Kopf. »Der berühmte Meister Hippolit! Man kennt Sie und Ihre Glanztaten im Dienste der Verbrechensaufklärung aus einer Vielzahl schriftlicher Kolportagen. Man ist erfreut, Sie einmal persönlich zu treffen.«
Er hatte noch nicht ausgeredet, als sich hektisches Stimmengewirr im Raum erhob:
»Warum hat mir niemand gesagt, dass auch Beamten des IAIT …«, begann Glaxiko in seinem kippeligen Falsett.
»Was, in Blaaks Namen, hat der General hier …«, hob Hippolit an.
»Wir hatten nicht die geringste Ahnung, dass außer uns noch weitere Ermittler …«, näselte der Mann mit Namen Oskulapius.
»Die Kekse sind alle, bei Batardos!«, brachte sich Jorge ein.
Meister Alprecht gebot dem Tumult mit in die Luft gereckten Armen Einhalt. »Meine Herren, ich bitte Sie! Selbstverständlich sollen Sie eine Erklärung erhalten. Das sind wir Ihnen schuldig.«
»Ich bin gespannt«, knurrte Hippolit und schoss einen eisigen Blick in Glaxikos Richtung. Der General bemerkte nichts davon, wie so oft.
»Sie werden sich fraglos vorstellen können, dass unser gütiger Herrscher, Lordprotektor Hindrych, über die Maßen bestürzt ist angesichts des schrecklichen Schicksals, das Schürfminister Borkudd zuteilwurde«, begann Alprecht, nachdem wieder Ruhe eingekehrt war. »Bestürzt und besorgt! Nicht allein beunruhigt ihn der Gedanke, dass
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