Der Schaedelschmied
angrenzende Büro?«, wollte er von Wymmler wissen.
»Vorzimmer beherbergt den Arbeitsplatz von Herrn Hellmuth, Minister Borkudds persönlichem Sekretär«, gab der Polizeipräsident Auskunft. »Ist über Ihre Ankunft sowie Aufnahme der Ermittlungen informiert. Hält sich in seiner Privatunterkunft in der Dreizehnten zu Ihrer Verfügung.«
»Gut.« Hippolit nickte zufrieden.
»Warum interessiert Sie das?«, mischte sich Glaxiko ein. Er hatte seine Musterung der Bücherborde beendet und widmete sich nun der Entfernung mehrerer hartnäckiger Staubflusen von der frisch gestärkten Brust seiner Uniformjacke. Mit einem speichelfeuchten Zeigefinger nibbelte er an dem blauen Stoff herum. »Das Vorzimmer und alles, was sich darin befindet, kann uns völlig egal sein. Es gibt keine Verbindungstür zwischen den beiden Räumen, wie Sie gewiss bemerkt haben.«
Hippolit schloss die Augen. Bevor er Gelegenheit zu einer Erwiderung fand, ertönte unvermittelt Jorges Stimme:
»Vielleicht ist unser Mörder ja hier durchgekommen, M.H.?«
Die Augen aller Anwesenden folgten Jorges ausgestrecktem Arm zur Decke, wo eine Ansammlung kleiner, runder Löcher im Gestein zu erkennen war. Es mochten knapp ein Dutzend sein, angeordnet in einem Kreis von der Größe einer Untertasse. Ihr Durchmesser entsprach jeweils etwa dem einer dicken Traube.
»Äh, na ja. Wenn ich genauer darüber nachdenke«, fuhr Jorge zögernd fort, »müsste der Mörder in diesem Fall … gewissermaßen müsste er sehr klein gewesen sein.« Er kicherte entschuldigend.
Oskulapius, mittlerweile auf dem Boden kniend, wo er den blutverkrusteten Hammer mit einer riesigen Vergrößerungslinse untersuchte, bedachte Hippolit mit einem höhnischen Seitenblick. »Mit so einem tüchtigen Assistenten werden Sie den Fall zweifellos lange vor uns gelöst haben, werter Kollege.« Er lachte meckernd, schob sich die erloschene Pfeife zwischen die Zähne und widmete sich wieder der vor ihm liegenden Waffe.
»Quintessenziell, Herr Kollege«, gab Hippolit kühl zurück. »Tatsächlich könnte das rascher passieren, als Sie denken.«
»So rasch wie damals in Panieth, nehme ich an?«, erkundigte sich Oskulapius, ohne aufzusehen. Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, verzichtete allerdings darauf, als sei dies nicht notwendig.
»Sag bloß, ihr kennt euch, M.H.?« Jorges Stimme klang überrascht. »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Oh, gewiss wollte Ihr Freund Ihnen die Geschichte unseres ersten Zusammentreffens später auseinandersetzen, in aller Ausführlichkeit.« Oskulapius’ Stimme troff vor Überheblichkeit. »Ist es nicht so, werter Kollege?«
Hippolit sagte nichts, starrte nur den karierten Rücken des knienden Mannes an. Die Ader an seiner Schläfe pochte rhythmisch.
Als Jorge klar wurde, dass keiner der beiden im Augenblick ein Wort über die Sache verlieren würde, zuckte er die Achseln. »Fein. Wenn Ihr unbedingt ein Staatsgeheimnis daraus machen wollt, bitte schön! Ein altes Trollsprichwort weiß: Manche Geheimnisse sind Scheißgeheimnisse, die ich gar nicht kennen will.« Er reckte das Kinn. »Trotzdem verlange ich als Beamter des IAIT augenblicklich zu erfahren, was das da für komische Löcher in der Decke sind!«
Wie aus dem Nichts tauchte Vizeminister Frietrych an seiner Seite auf und wies mit seinem Schnupftuch in die Höhe. »Was Sie dort sehen, Agent Jorge, ist ein Teil des berühmten Belüftungssystems von Barlyn.« Als Jorge ihn ratlos anblinzelte, tupfte er sich die Nase und fuhr fort: »In Barlyn leben und arbeiten rund eine halbe Million Zwerge, verteilt auf vierunddreißig Ebenen, dreiunddreißig davon unterirdisch. Bereits die regelmäßige Versorgung mit Nahrungsmitteln stellt eine logistische Herausforderung dar, an der andere, weniger disziplinierte Völker fraglos scheitern würden.« Er lächelte stolz. »Und mit Essen und Trinken ist es längst nicht getan. Die Bürger Barlyns müssen schließlich noch etwas anderes tun, das mindestens ebenso wichtig ist …«
»Kacken?«, vermutete Jorge sofort.
»Sie müssen atmen, Agent Jorge!« Pikiert steckte der Vizeminister sein Tuch fort. »Über eine Ansauganlage auf dem Gipfel des Berges Standar, sechstausend Fuß über Meeresniveau, wird rund um die Uhr frische Bergluft angesaugt. Ein System von Röhren, manche breit genug für einen Mann Ihrer Größe, andere dünner als das Handgelenk eines Kindes, transportiert die Frischluft unter die Erde, in jeden noch so unbedeutenden Raum, jeden
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