Der Schaedelschmied
Korridor, jeden Förderstollen. Bis ganz hinunter, in die Dreiunddreißigste.«
Jorge blies die Backen auf, überlegte. »Aber wenn oben laufend jemand Luft reinpustet, müsste eure schöne unterirdische Stadt dann nicht irgendwann einfach platzen?«
Frietrych schüttelte entschieden den Kopf. »Ein ausgeklügeltes System von Klappen und Weichen im Innern Abertausender von Rohrmeilen sorgt dafür, dass kontinuierlich Abluft nach außen geleitet wird, ohne sich mit der frischen zu vermengen. Die Steuerung dieses Mechanismus ist enorm kompliziert, nicht zuletzt, weil Barlyn sich ständig verändert, wächst, expandiert. Es grenzt an ein Wunder, dass ein derart ausuferndes System mechanisch, ohne thaumaturgische Maßnahmen betrieben werden kann. Und dennoch gelingt es unseren Technikern seit vielen Generationen.«
Jorge starrte blicklos zur Decke, die Stirn gerunzelt.
»Thaumaturgie kommt lediglich bei der Kontrolle des Luftflusses zum Einsatz. Meister Everard, oberster Thaumaturg unseres gütigen Lordprotektors, und seine Männer überwachen von einer zentral gelegenen Kontrollzentrale in der Ersten rund um die Uhr die Position sämtlicher Schleusen und Weichen.« Er reckte die schmächtigen Schultern. »Eine vergleichbare Anlage werden Sie weder in Sdoom noch sonst irgendwo in Lorgonia finden, Agent Jorge.«
»Wie? Was?« Jorge schüttelte den Kopf und wandte den Blick wieder von den Löchern in der Decke ab. »Was hast du gesagt? Hab gerade nicht zugehört. Die Öffnungen dienen also nicht der Entsorgung von Kacke, wenn ich dich richtig verstanden habe?« Ein letztes Mal musterte er mit zusammengekniffenen Augen die Löcher, die eben groß genug für die Spitze seines kleinen Fingers waren. Unvermittelt begann er zu kichern. »Mann, da hab ich aber wieder einen Blödsinn von mir gegeben, was? Ich meine: Ein Mörder, der durch diese Löcher passen würde, wäre ja so mickrig, dass er nicht mal den dämlichen Hammer hochheben könnte.« Er deutete auf die Waffe, die Oskulapius mit seiner Linse begutachtete. »Bei Batardos – ein echtes Mysterium!«
Wie zur Bestätigung seiner Worte ertönte in der Mitte des Raumes ein japsender Laut, verursacht von General Glaxiko, der zu Hippolit hinter den Schreibtisch getreten war. Mit fassungslos geweiteten Augen starrte er auf den Hinterkopf des Schürfministers, der nach wie vor schief in seinem Lehnstuhl hing. »Das … ich … bei Ubalthes, welches Monstrum ist zu so etwas fähig?«
Hippolit griff in sein Gewand, zog ein Paar hauchdünne Paramandirhandschuhe hervor und zog sie über. Probehalber stach er mit dem Finger in das Gewirr aus Blut und eisernen Nagelköpfen, ohne jedoch eine einzelne Haarsträhne bewegen zu können. Es schien, als wäre der Leib des Zwergs aus massivem Fels gemeißelt.
»Gute Arbeit, Herr Wymmler. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich jetzt die Stasis, die Ihr Gerichtsthaumaturg über den Raum gewirkt hat, aufhebe?«
Wymmler, der sich zur Tür zurückgezogen hatte, um den Ermittlern nicht im Weg zu stehen, schüttelte den Kopf. »Hatte bereits selbst daran gedacht, das anzuordnen, bevor wir uns auf den Weg machten. War mir allerdings nicht sicher, ob dadurch eventuell wichtige Indizien verloren gehen könnten, bevor wir ankommen.«
»Sie haben korrekt gehandelt.« Hippolit bedachte den Polizeipräsidenten mit einem anerkennenden Nicken. »Dank Ihrer Geistesgegenwart sollten hier in den vergangenen vier Tagen weder physische noch thaumaturgische Spuren verwischt worden sein.« Die Versiegelung eines Tatorts mithilfe eines Unveränderlichkeitsspruchs war reine Routine. Hippolit hatte jedoch das Gefühl, es könnte dem Fortgang der Ermittlungen dienlich sein, wenn er sich mit diesem Mann gut stellte.
»Sagen Sie mal, Herr Präsident«, mischte sich Glaxiko mit bebender Stimme ein, bemüht, seinen Blick von dem zerstörten Zwergenschädel fernzuhalten. »Meister Alprecht erwähnte vorhin, Sie hätten die bisherigen Ermittlungen geleitet. Was genau haben Sie denn ermittelt, wenn hier seit dem Leichenfund nichts verändert wurde?«
Wymmlers kantiges Gesicht verzog sich missbilligend. Offenbar hatte der General einen wunden Punkt angesprochen.
»Meine Aktivitäten beschränkten sich darauf, den Tatort fothaumatographisch erfassen zu lassen und anschließend eine juristisch anerkannte Variante der Stasis anzuordnen. Mehr durfte ich nicht tun.«
»Sie durften nicht?« Hippolit hob die Brauen. »Was heißt das, Sie durften nicht?«
»Noch bevor
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