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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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erkennbaren Grund.
    Sie passierten die Einunddreißigste, dann die Zweiunddreißigste. Die Gänge, die sich in dieser Tiefe vom Aufzugsschacht fort durch den Stein wanden, waren spärlich beleuchtet. Arbeiter sah man kaum, auch das Rumoren der Bohrer und Meißelhämmer blieb zurück, bis nur noch das Rattern der Winde und das Schaben des Metallkäfigs an der steinernen Wand zu hören waren. Schließlich verstummte auch dieses.
    Endstation: Vierunddreißigste.
    Frantz schob die Gittertür auf und trat aus dem Lift. Schweiß rann ihm übers Gesicht. Schon jetzt verspürte er entsetzlichen Durst. Über dem Disput mit Hinreitz hatte er völlig vergessen, an einem der Versorgungshähne in der Zwanzigsten seine Vorratsflaschen aufzufüllen. Das konnte etwas werden!
    Mit einer Fackel aus der Kabine entzündete er weitere, die er einem Eimer neben dem Aufzug entnahm. Zögernd schälten sich ein halbrunder, aus nacktem Fels geschlagener Vorraum sowie die gähnende Öffnung eines mit groben Holzbalken verschalten Förderschachts vor ihm aus dem Dunkel.
    Der Boden war übersät mit Steinschutt, leeren Flaschen und verrottetem Holz, so weit der Schein der Fackeln reichte.
    Frantz kniff die Augen zusammen und erkannte eine verrostete, ausrangierte Transportlore, eine Unmenge gebrochener Schienenschwellen, abgenutzte Spitzhacken, Teile geborstener Meißelhämmer und unzähliges mehr. Die Brüder der tieferen Ebenen schienen sich nicht einmal die Mühe gemacht zu haben, ihren Unrat ein Stück vom Aufzug fortzutragen, sie hatten ihn kurzerhand aus der Öffnung gekippt.
    »Bei Thellw«, murmelte Frantz und wandte sich an Wylhelm, der grinsend neben ihn getreten war. »Wie sollen wir diesen ganzen Mist bloß wegschaffen? Kannst du mir das mal verraten?«
    Wylhelm sah ihn an, schielte, steckte sich einen Zeigefinger ins linke Ohr und sagte: »Daaaaaa!« Dabei kicherte er wie ein Säugling. Frantz fuhr sich mit dem Ärmel über die nasse Stirn und fragte sich, warum Wylhelm nicht ebenfalls schwitzte wie ein Schwein.
    Die Luft schmeckte, als hätte man etwas Verfaultes verbrannt. Irgendwie süßlich, ein grauer Geschmack. Verbranntes, anschließend versteinertes Fleisch.
    Es gab Zwerge, die behaupteten, Stein habe keinen Eigengeruch. Aber das stimmte nicht. Stein hatte einen sehr intensiven, irgendwie lähmenden Duft, der sich, wenn man sich zu häufig mit ihm umgab, in einen regelrechten Abgrund verwandeln konnte, einen Abgrund, der Seele und Verstand aufsaugte, um sie nie wieder freizugeben. Frantz kannte diesen Duft sehr gut, er hatte sich während der zurückliegenden Jahre quasi unausgesetzt darin aufgehalten, ihn nur zum Essen, Schlafen und Scheißen kurz verlassen.
    Hier in der Vierunddreißigsten roch es jedoch anders, irgendwie … organischer. Möglicherweise ging der Geruch von dem rostigen Eisen oder dem verfaulenden Holz aus. Überhaupt war es deutlich feuchter als in den höheren Ebenen, wo die Luft vor stehendem Staub starrte. Im Vorraum des Lifts war sie schwül und drückend wie in den fernen Sümpfen von Tribeka und gewiss mindestens ebenso schädlich.
    »Hör mal, Wylhelm, hast du Schwachkopf zufällig eine Idee, wie wir das hier bewerkstelligen sollen?«
    Wylhelm grinste, glücklich in seiner Beschränktheit, und fischte in der Leere seines Gehirns vergeblich nach einem Gedanken.
    »Ich schlage vor, wir fangen mit den sperrigen Stücken an. Sobald der Aufzug so voll ist, das wir beide gerade noch mit hineinpassen, fahren wir hoch in die Siebenundzwanzigste und räumen den ganzen Mist wieder aus. Dort, auf den Abraumhalden, dürfte das Gerumpel niemanden stören. Wie denkst du darüber?«
    »Daaaaaa«, sagte Wylhelm, der offenkundig kein Wort verstanden hatte.
    Frantz setzte seine Schutzgläser aus Pleroquarz auf und entledigte sich seiner Jacke. Das Wams darunter war unter den Achseln bereits durchtränkt von Schweiß, seitlich und am Rücken lief ihm die Brühe in dünnen Bächen herunter und sammelte sich in seiner Hose. Bei Thellw, hier war es heiß wie in einem Dampfbad. Nur ohne den Dampf.
    Wylhelm rührte sich nicht.
    »Blaak, jetzt setz dich schon in Bewegung, du elendes Stück Zwergendung«, herrschte Frantz ihn an. Er hatte nicht grob werden wollen, aber seine Müdigkeit und die Erniedrigung durch Hinreitz schrien nach irgendeiner Art von Kompensation. »Wir machen es, wie ich gesagt habe: zuerst die großen Teile. Diese Lore dort, dann die Bahnschwellen und …«
    »DAAAAA!«, brüllte Wylhelm, lachte auf

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