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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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und sprang leichtfüßig wie ein junger Elb über das Gerumpel hinweg. Noch ehe Frantz irgendwie reagieren konnte, hatte er sich die verrostete Lore – sie musste mehr wiegen als zehn Zwerge – auf den Rücken gehievt. Kurz schwankte er, dann setzte er sich, noch immer erstaunlich zügig, in Bewegung. In hohem Bogen warf er den Waggon in die Aufzugskabine. Metall klirrte auf Metall.
    Frantz brauchte einen Moment, um sich von seinem Erstaunen zu erholen. »Gut«, sagte er dann gedehnt. Wylhelm stand grinsend vor ihm und erwartete neue Instruktionen. Er schwitzte noch immer nicht.
    »Das … ahm, war für den Anfang schon mal gar nicht schlecht.« Ein unsicheres Lächeln erblühte auf Frantz’ ausgemergeltem Gesicht. Er hatte eine Idee – bei Thellw, möglicherweise musste der Tag nicht so beschissen weitergehen, wie er begonnen hatte!
    »Pass auf, Wylhelm: Als Erstes sortierst du die Materialien. Verstehst du – Holz zu Holz, Metall zu Metall, Glas zu Glas. Du bildest Haufen. Weißt du, was ein Haufen ist? Halt, noch nicht losrennen! Wir beide, du und ich, wir sind ein gutes Team, oder? Ich werde jetzt mal den Stollen hinuntergehen und nachsehen, wie viel Arbeit uns alles in allem erwartet. Du bleibst hier und bildest Haufen. Ist mal was anderes, als den ganzen Tag Gestein zu hacken. Das hier macht Spaß, Wylhelm, oder etwa nicht?«
    Frantz lachte. Wylhelm stieß ein Gurgeln aus. Es hätte unheimlich geklungen, hätte er nicht sein infantiles Grinsen beibehalten.
    »Sehr gut, mein Freund.« Frantz schlug Wylhelm freundschaftlich auf den Oberarm, der prall und fest war wie ein Schinken. »Du startest hier durch, und ich seh mich da hinten ein wenig um. Ist das ein Wort?«
    »Daaaaaa.« Es schien das einzige Wort zu sein, das in Wylhelms Sprachschatz existierte.
    »Dann los!« Frantz schnappte sich eine Pechfackel und betrat den vom Vorraum wegführenden Stollen.
    Er wollte sich tatsächlich ein wenig umsehen, allerdings war das nicht sein Hauptanliegen. Sobald er außer Sichtweite war, würde er sich ein einigermaßen bequemes Plätzchen suchen und sich eine Mütze lange überfälligen Schlafes genehmigen.
    Währenddessen würde der schwachsinnige Wylhelm die Arbeit für sie beide erledigen.
    Hier unten gab es nicht einmal Aufseher, die einen anherrschten, schneller zu arbeiten, keine Brüder, die sich im ewigen, sinnlosen Konkurrenzkampf miteinander messen wollten. Bei Thellw, der Tag versprach, einer der angenehmsten seit mindestens zehn Jahren zu werden.
    Frantz stieg über klirrende Scherben und einen Haufen verbogener Schienenbolzen hinweg, vorbei an einer zweiten ausrangierten Bergwerkslore. Die Finsternis war undurchdringlich, trotz seiner Fackel konnte er höchstens zehn Schritte weit sehen. Die Luft war zum Schneiden, zäh wie Schmieröl in einem heiß gelaufenen Meißelhammer.
    Ein letztes Mal drehte er sich um. Weit hinter sich sah er den flackernden Schein der zurückgebliebenen Fackeln. Wylhelms Umriss, der ohne Unterlass zwischen Abfallgebirge und Lift hin-und hereilte. Kein Geräusch – die Finsternis schluckte alle Töne, ohne selbst welche zu verursachen. Frantz ging weiter.
    Der Stollen beschrieb eine Biegung. Die Wände waren roh behauen und schartig, die Decke niedrig. Immer wieder ragten schräge Holzstelen oder Stützpfeiler in seinen Weg, aber ganz wie Frantz vermutet hatte, ließ der Unrat nach wenigen Dutzend Metern merklich nach. Offenbar waren die Brüder zu faul gewesen, ihren Mist weiter als ein paar Schritte zu schleppen.
    Nach kurzer Suche fand er ein einladendes Plätzchen am Fuß einer ebenen Wand, ganz ohne Schutt oder größere Gesteinsbrocken. Er ließ sich nieder und spürte im selben Moment die Schwere seiner geschundenen Knochen. Ein glückliches »Thellw, ich danke dir!« auf den Lippen, rammte er die Fackel neben sich in einen Haufen Geröll und war binnen Sekunden fest eingeschlafen.
    Es war der letzte glückliche Moment seines Lebens.
    Ein hohes Sirren ließ Frantz aufschrecken, ein Geräusch wie von einem riesigen Grillenschwarm. Er riss die Augen auf – nur, um sie im selben Moment geblendet wieder zu schließen. Für einige bange Sekunden wusste er nicht, wo er sich befand.
    Frantz hatte geträumt, was einem Wunder gleichkam, denn eigentlich war ihm die Fähigkeit zu träumen schon vor ungezählten Zeniten abhandengekommen. Er hatte von Gelika geträumt, seiner verstorbenen Frau; sie hatten ein Haus auf dem Gipfel des Standar besessen – draußen, über der Erde

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