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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Thaumaturgen?«
    »Fünfter bis siebter Stufe, ganz recht. Meldreth wird Ihnen später eine Liste zusammenstellen, damit Sie sie einzeln vernehmen können, falls Ihnen danach ist.«
    Hippolit nickte erneut und dachte kurz nach. »Wissen Sie, ob einer ihrer Leute Minister Borkudd persönlich kannte?«
    »Das würde mich sehr wundern. Die Zuständigkeiten unserer Behörden liegen nicht gerade eng beieinander. Und selbst wenn einer meiner Leute auf Umwegen mit Borkudd bekannt gewesen sein sollte – ich würde für jeden Einzelnen meine Hand ins Feuer legen! Bei unseren Zenitbesprechungen mag es zuweilen ein wenig hitzig zugehen, dennoch sind alle Mitglieder der Gruppe Paradebeispiele in Sachen Kompetenz und Verlässlichkeit.«
    »Ich frage nur, weil … nun, wie man hört, hatte der Schürfminister nicht wenige Feinde.«
    Everards Lippen teilten sich zu einem schiefen Grinsen. »Ich bitte Sie, mein Bester! Wer hat die nicht? Als Staatsbeamter in einer Führungsposition gehört es zum täglich Brot, dass etliche Leute Sie gern tot sähen, lieber heute als morgen.« Er beugte sich vor, griff in den Wust aus Papieren, der die Arbeitsfläche seines Schreibtischs bedeckte, und zog einen einzelnen Briefbogen heraus. Das Pergament war auf beiden Seiten eng beschrieben, mit kleinen, aggressiven Buchstaben.
    »Nehmen Sie diesen Schrieb, er kam heute Morgen. Darin droht mir ein Druckluftmechaniker namens Yrmengart ›Fausthiebe und Tritte in die Fressleiste‹ an – so steht es wortwörtlich hier –, bis ich ›elende Drecksau wimmernd und blutend am Boden liege‹. Warum? Weil es ‚unten in der Achtzehnten, wo der Mann haust, vor zwei Tagen zu einem knapp achtminütigen Ausfall einer Absaugvorrichtung für verbrauchte Luft kam. Betroffen war eines seiner Zimmer! Acht lächerliche Minuten lang musste der Narr abgestandene Luft atmen oder sich in einem anderen Raum seines Apartments aufhalten. Zu keinem Zeitpunkt bestand eine gesundheitliche Gefährdung für ihn oder irgendjemand sonst. Dennoch hasst mich Herr Yrmengart jetzt von ganzem Herzen. Er ist davon überzeugt, dass ihm, hätte ich meine Aufgabe pflichtbewusster versehen, die schrecklichsten Minuten seines Lebens‹ erspart geblieben wären.« Everard zerknüllte den Brief mit einer Hand. »Verstehen Sie, was ich sagen will? Sobald Sie im Fokus der Öffentlichkeit stehen, eine verantwortungsvolle Position bekleiden, hin und wieder in der Zeitung auftauchen oder nur eine Kleinigkeit mehr verdienen als andere, werden Sie zur Zielscheibe für deren individuelle Unzufriedenheit. Jeder Hyntz und Kuntz wird seinen Unmut auf Sie projizieren, egal, woher dieser ursächlich rührt, ungeachtet dessen, wie gut oder schlecht Sie Ihre Arbeit tun.« Er beförderte das Papierknäuel mit einem achtlosen Wurf ans andere Ende des Tisches. »Mit Briefen wie diesem könnte ich meine kalomischen Schirme tapezieren, und zwar rauf und wieder runter, mein Bester. Trotzdem käme ich nie auf den Gedanken, ernstlich zu behaupten, ich hätte Feinde!«
    »Ich verstehe Ihren Standpunkt«, erwiderte Hippolit. In Gedanken fügte er hinzu: Und wenn du noch ein einziges Mal »mein Bester« sagst, beschwöre ich hier und jetzt einen Steinelementar mit granitenen Fäusten herauf, der Yrmengarts vielversprechende Ankündigung um diverse schmerzhafte Komponenten erweitert! »Aber Ihr Vergleich hinkt dennoch. Sie werden kaum in Abrede stellen wollen, dass Minister Borkudd den im Förderbetrieb beschäftigten Arbeitern einiges abverlangte. Dass er in den vergangenen Jahren auffallend viele Todesfälle zu verantworten hatte. Oder?«
    Der Zwerg machte eine abwinkende Handbewegung. »Wo gehobelt wird, fällen Späne. Die Frau des jüngst verstorbenen Meister Ruperth wird sich auch kaum eingestehen wollen, dass ihr Mann sich umbrachte, weil sie ihm das Herz gebrochen hat. Vielmehr wird sie sich einreden, sein Vorgesetzter – also ich -hätte ihn über Jahre hinweg systematisch ausgebeutet und in die geistige Labilität getrieben.«
    »Und? War es so?«
    Wieder winkte Everard ab, energischer diesmal. »Darum geht es nicht. Der Punkt ist, dass sie jetzt aus gänzlich irrationalen Gründen einen blinden Hass gegen mich hegt. Und dennoch fürchte ich nicht um mein Leben.«
    »Sie wollen sagen, der Umstand, dass Minister Borkudd von unzähligen Bürgern dieser Stadt gehasst wurde, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er ermordet wurde, nicht im Geringsten? Sie halten einen Suizid für realistischer? Obwohl Borkudd

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