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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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und legte dem viel größeren Oskulapius eine Hand auf die Schulter.
    »Das Volk von Barlyn ist Ihnen zu Dank verpflichtet, mein Herr«, sprach Hindrych mit wohl moduliertem Bass. »Sie haben das Gespenst der Angst aus unseren Stollen vertrieben, indem Sie die unerklärlich scheinenden Todesumstände Borkudds ins Reich der Tatsachen zurückgeholt haben. Die Ratio hat obsiegt. Kein Bewohner Barlyns muss fürderhin Geistererscheinungen oder körperlose Mordbuben fürchten. Mein Berater wird dafür sorgen, dass Ihnen die versprochene Prämie umgehend ausgezahlt wird.« Ein Ausdruck des Bedauerns zog über sein Gesicht. »Zu schade, dass Sie mir heute Abend nicht im Rahmen eines Abschiedsbanketts Gesellschaft leisten können. Sie sagten, Sie reisen bereits am Nachmittag wieder ab?«
    »So ist es«, erwiderte Oskulapius mit geschäftiger Miene. »Wir kehren auf direktem Weg nach Sherlepp zurück. Von dort hat uns heute früh ein dringender Wortwurf erreicht. Die Tochter eines hohen Würdenträgers ist verschwunden, allem Anschein nach entführt. Rekten und ich sollen …«
    »Wirklich zu schade!« Hindrych schüttelte erst Oskulapius, dann auch Rekten, der sein Glück kaum fassen konnte, die Hand. »Alprecht, kümmern Sie sich um das Nötige? Ich habe hier noch zu tun.« Er machte Anstalten, sich wieder dem Spielgerät zuzuwenden, als ihm offenbar etwas einfiel. Erneut warf er einen Blick zu Hippolit und Wymmler hinüber, dann flüsterte er seinem Berater etwas ins Ohr. Alprecht nickte und bedeutete Oskulapius und seinem Gehilfen, dass es an der Zeit sei, den Lordprotektor seinen wichtigen Geschäften zu überlassen. Sie hatten sich kaum in Bewegung gesetzt, da ertönte hinter ihrem Rücken bereits wieder das fröhliche Klingeln der Schusserkugel.
    Als Oskulapius, gefolgt von Rekten und Alprecht, am Strategomaten vorüberkam, blieb er kurz stehen. Ein überhebliches Grinsen verzerrte sein hakennasiges Gesicht. Das Grinsen eines Mannes, der jede Mühe gescheut und dennoch bekommen hat, was er wollte. »Meister Hippolit! Wie schön, dass Sie meinem Vortrag über die Tatumstände beiwohnen konnten. Wie es aussieht, war ich ein wenig flinker als Sie … wieder einmal! Aber machen Sie sich nichts daraus. Jeder kluge Kopf, sei er noch so sehr von seiner eigenen Genialität eingenommen, findet irgendwann seinen Meister.« Er brach in meckerndes Lachen aus und schritt in Richtung Tür davon. Rekten, dem Hippolits hasserfüllter Blick und das unheilverkündende Pochen an dessen Schläfe nicht verborgen blieben, lüftete im Vorbeigehen höflich seinen Hut und entschwand ebenfalls.
    Als Meister Alprecht sie erreichte, bedeutete er Wymmler wortlos, den beiden Männern nach draußen zu folgen. Dann nahm er Hippolit beiseite.
    »Wie können Sie so ein haltloses Geschwafel hinnehmen, es gar mit einer Belohnung vergüten?«, brauste dieser auf. Nur mit Mühe konnte er verhindern, dass sein jugendliches Falsett sich vor Erregung überschlug. »Oskulapius’ Rekonstruktion des Tathergangs ist völlig an den Haaren herbeigezogen! Niemand, erst recht kein kühl berechnender Amtmann wie Borkudd, würde für einen Selbstmord eine derart umständliche und groteske Methode wählen. Abgesehen davon wies Borkudds Leichnam eine viel zu schwache Signatur auf. Er kann folglich nicht Zielobjekt eines hochstufigen thaumaturgischen Bannes gewesen sein – eines Bannes, von dem zu bezweifeln steht, dass Meister Ruperth als Thaumaturg siebter Stufe überhaupt in der Lage gewesen wäre, ihn zu wirken. Darüber hinaus weisen die Nägel, die wir in Borkudds Schädel fanden, keinerlei …«
    Meister Alprecht gebot ihm mit einer energischen Geste zu schweigen. In den kleinen, fast schwarzen Augen hinter seinem Zwicker blitzte es unheilvoll. »Sie sind nicht von hier, Meister H.«, hob er mit gedämpfter Stimme an. »Sie wissen nicht um die internen Mechanismen unserer Stadt, um die Eigenheiten ihrer Bürger.«
    »Wenn Sie damit meinen, dass ich nicht verstehe, wieso Sie sich mit so einem Unsinn zufriedengeben, dann haben Sie quintessenziell …«
    »Vor rund zehn Jahren sagte einer unserer Geostatiker, ein Zwerg namens Henninkh, ein Erdbeben voraus, das innerhalb der nächsten drei Monate zehn Ebenen unserer Stadt zum Einsturz bringen sollte«, verkündete Alprecht scheinbar zusammenhanglos. »Thellw sei Dank blieb dieser verheerende Erdstoß aus. Barlyn wurde dennoch massiv gebeutelt, aber auf gänzlich andere Art und Weise: In den Monaten bis zu dem von

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