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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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»Ich war sechzehn Jahre alt und größer als er, aber er fand, ich müsste wenigstens einmal im Leben erfahren, wie es ist, wie eine Dame behandelt zu werden. Er machte ein Riesenbrimborium daraus, mir in seinen abgetakelten Peugeot zu helfen.«
    »Entschuldigung.«
    Sie stellte ihren Fuß auf das Trittbrett und legte den Arm abgewinkelt auf die obere Türkante. »Er sagte, Lesben führten ein elendes Leben, besonders die männlich Aussehenden. Die Leute machten sich über sie lustig.«
    Acland starrte unverwandt über ihre Schulter. »Und jetzt muss er alles zurücknehmen?«, fragte er vorsichtig.
    »Ach, wenn er das nur könnte. Er ist ein paar Jahre später gestorben. Das ist einer der Gründe, warum ich Medizin studiert habe. Er hatte eine Krankheit, die durchaus behandelbar war, aber undiagnostiziert blieb, weil sein Hausarzt ein Idiot war und die Wartelisten so lang waren. Dickdarmkrebs«, erläuterte sie. »Als er zum Facharzt überwiesen wurde, war es zu spät.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ja.« Sie ließ sich in den Sitz hinunter. »Er war eindeutig einer von den Guten.« Sie ließ den Motor an und wies auf den Sitz neben sich. »Steigen Sie ein?«
    Acland schüttelte den Kopf. »Ich gehe zu Fuß.«
    Jackson sah ihn einen Moment scharf an. »Gibt es einen besonderen Grund dafür, dass Sie plötzlich nicht mit mir fahren wollen?«
    »Ich brauche Bewegung.«
    Sie lächelte fein. »Sie sollten den Leuten nicht in die Augen sehen, wenn Sie flunkern, Lieutenant. Ihr Blick ist weit offener, als Sie glauben.« Aber sie versuchte nicht, ihm auszureden, was er vorhatte. Mit einem kurzen Nicken schlug sie die Tür zu.
    Als sie davonfuhr, beobachtete sie im Rückspiegel, wie er die Straße überquerte und zu dem Haus der Frauengruppe zurückging.

18
    Die Nachricht, die am späten Mittwochnachmittag eintraf, dass Walter Tutting aus dem Koma erwacht war, wurde vom Ermittlungsteam mit Erleichterung aufgenommen. Die Arbeit mit Kevin Atkins’ Handy war qualvoll langsam vorangekommen. Der letzte Anruf konnte zwar zu einer öffentlichen Telefonzelle am Waterloo-Bahnhof zurückverfolgt werden, doch alle zaghaften Hoffnungen, das betreffende Telefon könnte noch nach so vielen Wochen vielleicht Spuren liefern, waren dahin, als sich herausstellte, dass der Apparat täglich gereinigt wurde. Jones verweigerte seine Einwilligung zu einer forensischen Untersuchung. »Da könnten wir genauso gut ein Loch graben und das Geld reinschmeißen«, sagte er erbittert.
    Mehr als sechzig Einträge im Adressbuch waren erfolglos überprüft worden. Die meisten waren Freunde, Angehörige oder geschäftliche Bekannte, von denen fast alle zum Zeitpunkt von Atkins’ Ermordung schon befragt worden waren. Von den restlichen Personen hatten fünfzehn, unter ihnen drei männliche Prostituierte, alles ehemalige Militärangehörige, Alibis nachgewiesen.
    Vier Namen blieben noch zur Überprüfung, in allen vier Fällen jedoch existierte unter den eingetragenen Nummern kein Handyanschluss mehr. Die Nummern waren unter den Kurznamen »Mickey«, »Cass«, »Sam« und »Zoe« gespeichert, da die Familie Atkins die dazugehörigen Nachnamen jedoch nicht liefern
konnte, wartete das Team jetzt auf das Ergebnis einer Datenbankabfrage beim Betreiber. Das, ließ man sie wissen, konnte allerdings noch Tage auf sich warten lassen, wenn man es mit einer größeren Anzahl von Betreibern zu tun hatte. Und selbst wenn das etwas brachte, musste man noch fürchten, dass die Nummern auf Firmennamen liefen, was weitere zeitraubende Befragungen nach sich ziehen würde.
    Die schwache Hoffnung der Polizei, dass das Handy nach dem Diebstahl aus Atkins’ Haus mit einer anderen SIM-Karte benutzt worden war, erwies sich als trügerisch. Und die Untersuchung der Speichelspuren in der Sprechmuschel erbrachte nur, dass diese vom Opfer stammten. Auf die Frage von Superintendent Jones, »Warum würde der Mörder Atkins’ Telefon in der Öffentlichkeit mit sich herumschleppen?«, schüttelte Steele, der Fallanalytiker, den Kopf und sagte, für ihn ergebe das keinen Sinn.
    »Was Besseres fällt Ihnen nicht ein?«
    »Im Augenblick nicht. Auf Anhieb fällt mir kein einziger Serienmörder ein, der seine Trophäen mit sich herumgetragen hat. Normalerweise wird alles Belastende an einem Ort versteckt, den der Täter ganz unter seiner Kontrolle hat - meistens bei ihm zu Hause. Ich brauche ein, zwei Tage, um das zu recherchieren.«
    Jones beugte sich vor. »Angenommen, der Junge hat sich

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