Der Schatten des Chamaeleons
vor Mitternacht, den anderen danach.«
»Hat er Anzeige erstattet?«
Pat schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm dazu geraten, aber er hatte Todesangst, sie würden ihm auflauern. Er wollte nur noch weg aus seiner Wohnung und wieder zu Debbie ziehen - das hat ihn wahrscheinlich für immer von seiner Schwäche für Männer geheilt.«
Jones versuchte, die einzelnen Informationen für sich zu ordnen. »Und wann war das mit dem Geld?«
»Ungefähr einen Monat, bevor er umgebracht wurde.«
»Sie sagten ›sie‹. Wie viele Personen waren es denn?«
»Das weiß ich nicht genau, zwei, glaube ich. Wenn ich mich recht erinnere, hat Harry erzählt, der Kerl, den er mit zu sich genommen hatte, hätte einen zweiten reingelassen, sobald das Geschäft erledigt war - könnten aber auch mehr gewesen sein.«
»In Harrys Apartment?«
Pat nickte. »Harry hat sich zu Tode erschrocken - er war eingenickt und nackt, als er plötzlich ein Messer an der Kehle hatte.«
»Wusste er, was das für Leute waren? Hat er sie beschrieben?«
»Er sagte, es wären Schwarze gewesen - ich vermute mal, dass er deswegen solchen Schiss gehabt hat. Er dachte, sie würden ihm sein Geld abnehmen und ihn dann trotzdem abstechen. So machen diese Typen das doch, oder?«
Jones ging auf die letzte Bemerkung nicht ein. »Afrokariben? Nigerianer? Somalier?«
»Keine Ahnung.«
»Alter?«
»Der Erste war ein junger Bursche, das weiß ich, aber bei dem anderen bin ich mir nicht sicher. Harry meinte, die hätten so was schon früher abgezogen - sie haben sich sofort seinen Geldbeutel geschnappt, seine Karte herausgenommen und gesagt, wenn er nicht einen Tausender rausrückt, würden sie ihn wegen Sex mit Minderjährigen anzeigen.«
»Hat er erzählt, wo er den Jüngeren getroffen hat?«
»Nein. War wahrscheinlich ein Fahrgast. Danach hat er nämlich ganz genau geschaut, wen er in seinem Taxi mitgenommen hat. Glauben Sie, dass das die Kerle sind, die ihn umgebracht haben?«
Jones wich der Frage aus. »Wäre nicht schlecht gewesen, wenn wir das alles ein bisschen früher erfahren hätten, Pat. Haben Sie es nach Harrys Ermordung der Polizei gemeldet?«
»Worauf Sie sich verlassen können«, sagte der alte Mann beleidigt. »Wir haben beide alles erzählt, Walter und ich. An dem Tag, nachdem Harry gefunden worden war, waren zwei Streifenbeamte hier und haben alles aufgenommen. Wir haben ihnen gesagt, dass sie nach diesen Schwarzen suchen sollen - aber es ist nichts geschehen. Manchmal fragt man sich echt, ob ihr Bullen genauso Angst vor denen habt wie der Rest der Leute.«
Der Superintendent trank seinerseits einen Schluck Bier, ehe er diplomatisch sagte: »Da muss ich wohl um Entschuldigung bitten, Pat. Keine Ihrer Angaben scheint bei uns angekommen zu sein. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass wir dem nachgehen werden.«
»Machen Sie nur keinen Aufstand. Jetzt wissen Sie ja Bescheid.«
Jones nickte. »Ich verstehe nur nicht, warum Harry denselben jungen Schwarzen, der ihm das Geld abgenommen hat, einen Monat später wieder in seine Wohnung mitgenommen haben soll.«
»Wer sagt, dass er ihn mitgenommen hat? Vielleicht sind er
und sein Kumpel einfach zurückgekommen, um sich ein zweites Mal zu bedienen.«
»Harrys Apartment war im zweiten Stockwerk. Es hatte eine Sprechanlage, und in der Wohnungstür war ein Spion. Wir sind so sicher, wie man nur sein kann, dass er den Mörder selbst hereingelassen hat.«
»Das wusste ich nicht. Ich war nie bei ihm.«
»Wie steht’s mit Walter? Hätte der nach dem, was Harry zugestoßen war, einen Schwarzen ins Haus gelassen?«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, brummte Pat.
Jones nickte. »Und einen jungen Weißen? Sie sagten zwar, die Sache mit Harry hätte Walter abgeschreckt - aber hätte das für alle jungen Männer gegolten, ohne Rücksicht auf die Hautfarbe?«
Da Pat nicht antwortete, offenbar in seiner langgehegten Überzeugung von der Schuld der Schwarzen erschüttert, mischte sich Derek Hardy ein.
»Er war mal mit einem Jungen hier«, sagte er. »Der Kleine wollte ein Bier, aber ich habe ihm keines ausgeschenkt, weil er nicht aussah wie achtzehn und keinen Ausweis dabeihatte.« Er wies zu dem Schild auf dem Tresen. »Walter war ziemlich sauer und ist mit dem Jungen wieder gegangen.«
»Wie lange ist das her?«
»Ich weiß nicht genau. Zwei Monate?«
»Können Sie den Jungen beschreiben?«
»Rotblonde Haare, dürres Gestell, höchstens fünfzehn oder sechzehn, wenn Sie mich fragen. Vielleicht war er ein
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