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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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kannst wirklich eklig sein. Ich dachte, darauf stehst du. Du hast doch früher immer geschimpft, wenn ich zu viel gezeigt habe.« Sie kam noch einen Schritt näher und
ließ ihre Schultertasche auf seinen Stuhl fallen, während sie ihn unter gesenkten Lidern hervor ansah. »Es ist nur ein Outfit, Charlie. Image ist heutzutage alles. Meinst du, Dr. Willis wird es gefallen? Du weißt wohl, dass er mir schreibt.«
    Acland atmete tief durch die Nase, um sich zu beruhigen. »Er ist Psychiater... Er beurteilt die Menschen nicht nach dem Aussehen.«
    »Aber, Charlie«, versetzte sie amüsiert, »das tut jeder. So läuft das doch immer.« Sie neigte den Kopf zur Seite, um ihn prüfend anzusehen. »Was fehlt dir überhaupt? Du siehst doch wunderbar aus.«
    »Ich möchte, dass du gehst, Jen.«
    Sie beachtete ihn nicht. »Ich kann nicht, jedenfalls noch nicht. Ich habe dir immer noch nicht gesagt, wie leid es mir tut.« Sie sprach wieder mit der rauchigen Nuance in der Stimme. »Dabei war alles deine Schuld, weißt du. Du hast nie auch nur versucht zu verstehen, wie schwer es für mich war, dass du fortmusstest. Ich habe dich kaum wiedererkannt, als du von der Wüstenausbildung in Oman zurückkamst.«
    »Das gilt umgekehrt genauso.«
    »Zu Anfang war es schön.«
    Stimmte das? Er konnte sich jetzt nur noch an die Auseinandersetzungen erinnern. »Ich will das nicht, Jen.«
    »Bitte, Charlie«, bettelte sie. »Es ist mir wirklich wichtig, Darling.«
    Er ließ sich nicht verleiten zu fragen, warum. »Das ist mir egal.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Wie auch!«, entgegnete er schroff, »du konntest ja nie unterscheiden, was echt ist und was nicht. Das hier ist echt.« Er schlug mit der Faust in die offene Hand, dass es klatschte. »Komm bloß nicht näher, und hör auf mit diesem dämlichen ›Darling‹-Getue - sonst raste ich total aus.«
    Ihre Augen blitzten kurz auf, aber ob aus Verärgerung oder
Beunruhigung, konnte er nicht erkennen. »Warum bist du nur so grausam?«
    Acland drückte einen Finger gegen die leere Augenhöhle, wo ein Schmerz aufgeflammt war. »Das bin ich nicht. Ich bin aufrichtig - aber das ist ein Wort, das du gar nicht kennst.« Er sah, wie sie den Mund zu einer hässlichen schmalen Linie verzog. »Ist dir das Geld ausgegangen? Bin ich deshalb wieder im Rennen? Du glaubst wohl, ich bekomme eine Riesenentschädigung.«
    In ihren Augen standen Tränen, und sie sah plötzlich verwirrt aus, als entwickelte sich der Besuch ganz anders, als von ihr erwartet. »Ich dachte, du wolltest mich sehen. Bei mir ruft dauernd jemand an und legt dann auf. Ich hatte gehofft, das wärst du.«
    »Nie im Leben. Ich rufe nicht einmal bei Leuten an, die ich mag.«
    »So warst du früher nie.«
    »Wie? Gelangweilt?« Er hielt kurz inne. »Ich war die ganze Zeit gelangweilt. Ich hoffte, ich würde irgendwann einen echten Menschen hinter der erbärmlichen Fassade entdecken, aber da war niemand. Jedenfalls niemand, mit dem ich zusammen sein wollte.«
    » Kalt «, sagte sie. »Du warst nie kalt, Charlie. Wärst du es gewesen, wäre es mit dir vielleicht einfacher gewesen.«
    »Jetzt tu mal nicht so. Du wolltest doch immer nur angeschmachtet werden. Solange irgendwelche Männer dich bewunderten, war es wenigstens halbwegs auszuhalten mit dir...«
    »Du hättest nicht so eifersüchtig sein sollen. So ist das eben bei Schauspielern - das hast du vom ersten Moment an gewusst.«
    Acland schüttelte den Kopf. »Hör auf damit«, warnte er.
    »Warum denn? Du warst verrückt nach mir. Es macht mich fertig, dass ich an allem schuld sein könnte; dass du womöglich wegen mir hier gelandet bist. Hast du an mich gedacht, als dein Scimitar getroffen wurde?«
    Er starrte sie an, als sie auf ihn zutrat. »Ich schwör’s dir, ich tu
dir etwas an, wenn du noch näher kommst, Jen. Hast du mich verstanden? Es ist mir scheißegal, in was für einer Phantasiewelt du gerade lebst, ich gehöre jedenfalls nicht dazu.« Er schwieg einen Moment. »Ich habe nie dazugehört. Die Frau, die ich gemocht habe, hat es in Wirklichkeit nie gegeben.«
    Sie konnte oder wollte ihm nicht glauben, und von Neuem füllten ihre Augen sich in schönem Schmerz mit Tränen. »Sei nicht lieblos zu mir, Charlie. Ich bin so unglücklich. Können wir nicht wenigstens Freunde sein?«
    Sie hob eine Hand zu seinem Gesicht, als glaubte sie, die Berührung könnte wiedererwecken, was er einmal für sie empfunden hatte. Aber noch ehe sie die Bewegung vollendet hatte, packte er sie

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