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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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nach oben, es war beinahe, als lächelte er. »Wieso kann es nicht so sein, dass es dumm gelaufen ist und mir niemand anders einfiel, als ich überlegte, wo ich jetzt hin soll?«
    »Weil Sie dazu viel zu einfallsreich sind«, entgegnete sie. »Sie hätten auch vor einem Ladeneingang geschlafen, wenn es hätte sein müssen.«
    »Nicht vor einem Ladeneingang«, widersprach er. »Da ist man leichte Beute. Ich habe erst vor kurzem erlebt, wie eine Clique betrunkener Halbwüchsiger einen alten Mann mit Füßen getreten hat. Es war ungefähr zwei Uhr morgens, und die haben alle auf ihn eingetreten. Einer der Jungs hat sogar auf ihn gepisst.«

    »Und was haben Sie getan?«, fragte sie neugierig.
    »Ich bin mit ihm zu der Herrentoilette in Covent Garden gegangen, die Tag und Nacht geöffnet ist, da hat er sich erst mal ein bisschen sauber gemacht. Er wollte nicht gern allein gehen, weil er Angst hatte, sie kämen ihm nach. Dann hat er mich gebeten, ihn zu einer Bar in der Caroline Street zu bringen. Er sagte, da gebe es hinten einen Heißluftabzug, wo er seine Sachen trocknen könnte. Ich habe ihm geholfen, über das Gitter zu steigen.«
    Susans Neugier wurde geweckt. So viel freundschaftliche Anteilnahme schien ganz untypisch für Charles. »Wer war der Mann?«
    »Niemand.« Acland zuckte plötzlich mit den Schultern. »Oder doch - er war früher mal Soldat, glaube ich. Jedenfalls hat er dauernd salutiert und mich Sir genannt, aber mir blieb gar nichts anderes übrig, als ihm zu helfen. Er war selbst stockbesoffen, stank wie die Pest und hat mich nicht mehr losgelassen.«
    »Was haben Sie mit den Jugendlichen gemacht?«
    »Die habe ich verscheucht«, antwortete er kurz.
    »Wie?« Sie betrachtete sein unbewegtes Gesicht und wechselte das Thema, als sie erkannte, dass sie keine Antwort erhalten würde. »Wieso stehen wir hier? Was ist los?«
    »Die Straße ist abgesperrt, aber ich glaube nicht, dass es ein Verkehrsunfall ist. Ich sehe nirgends ein kaputtes Auto.«
    »Ich habe gehört, sie haben in einer Wohnung Sprengstoff gefunden«, bemerkte eine Frau neben Susan. »Sie haben die Straße geräumt für den Fall, dass es eine Explosion gibt.«
    Acland schüttelte den Kopf. »Dazu sind wir zu nahe dran. Sie hätten uns mindestens fünfhundert Meter zurückgedrängt.« Er wies auf die umgebenden Wohnhäuser und Bürobauten. »Da hängen überall Leute an den Fenstern. Die Polizei hätte die Häuser alle evakuiert, wenn sie eine Explosion befürchtete. Implodierendes Glas richtet schlimmere Schäden an als Granatsplitter.«

    »Hier hat’s ein Verbrechen gegeben«, sagte ein junger Schwarzer, der an seinen BMW gelehnt stand. »Ich kenn das vom Fernsehen. Die Bullen haben weiße Overalls an, wenn sie Spuren sichern. Ich wette, hier hat’s einen Mord gegeben.«
    »Wie kommen wir hier durch?«
    »Keine Ahnung, Kumpel«, sagte er freundlich, »aber Sie sind auf jeden Fall besser dran als ich. Wenigstens sind Sie zu Fuß unterwegs. Ich häng hier mit dem Auto fest.« Er wies zur anderen Straßenseite. »Sie können vor der Absperrung rechts abbiegen - aber Sie werden drängeln müssen. Das Ding hier hat mehr Leute angelockt als das Live 8 Konzert im Hyde Park.«
    »Danke.«
    » De nada . Wenn Sie den Bullen begegnen, seien Sie so nett und sagen Sie ihnen, sie sollen uns fahren lassen. Auf mich wartet eine schöne Frau, die wird mir schön eine verpassen, wenn ich schon wieder zu spät dran bin.«
    »Möchten Sie sie anrufen?«, fragte Susan, während Acland ihr voraus zwischen dem BMW und dem davor haltenden Wagen hindurchging.
    »Schon erledigt.« Der Mann öffnete seine Hand, um sein eigenes Handy zu zeigen. »Sie hat mich einen Wich-«, mit einem Lächeln zu Susan brach er ab, »einen Lügner genannt. Sie ist ein bisschen misstrauisch, wissen Sie. Ich hoffe, die Geschichte hier schafft’s in die Nachrichten.«
    Susan wartete, bis sie und Acland auf der anderen Straßenseite waren, ehe sie lachte. »Der Junge ist ganz schön naiv, wenn er glaubt, seine schöne Frau wird die Nachrichten als Entschuldigung gelten lassen. Sie wird sagen, er hätte es im Radio gehört, und ihm gleich noch eine verpassen.«
    Acland blieb stehen. »Sie finden das komisch?«, fragte er verwundert.
    Susan ließ ihre halb gerauchte Zigarette zu Boden fallen und trat sie aus. »Ich vermute, das verschmitzte Lächeln bedeutete, dass der Kerl einen Scherz gemacht hat.«

    »Nicht unbedingt. Fünf von den Betrunkenen, die den alten Soldaten malträtierten,

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