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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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wurden. Der internationale Terror hatte auch an diesem unschuldigen Ort seine Spuren hinterlassen.
    »Meinst du, ich habe meinen Eltern Unrecht getan?«, fragte Sid plötzlich. »Vielleicht war wirklich alles ein Irrtum!«
    Rascal zischte abfällig durch die Zähne. »Glaubst du an Zufälle?«, fragte sie. »Ich nicht! Sid und Seth , das klingt ein bisschen zu ähnlich, oder? Du musst dich damit abfinden, dass deine Erzeuger bis zur Halskrause mit drinstecken.«
    Sid jagten kalte Schauer den Rücken hinunter. Sein Name! Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Seine Eltern hatten von Anfang an Bescheid gewusst, so viel war ihm jetzt klar.
    Nach langer Wartezeit am Schalter, der automatischen Kartenkontrolle und einem weiteren Metalldetektor traten sie ins Atrium des Museums. Das Erste, was Sid in der länglichen Säulenhalle ins Auge fiel, war eine Reihe von Steinsarkophagen. Er spürte deutlich, wie sein Herz kurz aussetzte. Der Anblick bereitete ihm Unbehagen, schnell wandte er den Blick ab. Vom Ende des Raums starrten zwei Kolossalstatuen missmutig auf die Besucherschar herab.
    »Wow!«, schwärmte Rascal. »Das wirkt alles viel authentischer als in den New Yorker Museen! Fast könnte man glauben, wir selbst hätten diese Schätze gerade erst entdeckt!«
    Sid musste ihr wieder einmal zustimmen, Rascal hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Die muffigen Säle versprühten einen eigentümlichen, staubigen Charme, der hervorragend zu den Ausstellungsstücken passte und ihre ehrfurchtsgebietende Aura unterstrich.
    »Wollt ihr das machen, was alle machen, oder seid ihr schlauer?«, fragte Yusuf.
    Rascal grinste ihn an. »Wie sehen wir denn aus? Wie pensionierte Lehrer auf Studienreise?«
    Yusuf lachte zurück. »Dann kenne ich einen guten Trick. Wir gehen gegen den Uhrzeigersinn. Am Morgen macht das noch Sinn.« Er zeigte auf die Treppe zum Obergeschoss.
    Sid und Rascal ließen sich nicht lange bitten. Oben hielten sie vor einem kleinen Schalter. Der Mann dahinter blätterte gelangweilt in einer Tageszeitung mit arabischen Schriftzeichen und bereitete sich wohl schon seelisch auf den heranrollenden Ansturm vor. Sid zog Yusuf am Ärmel.

»Frag ihn, wer uns etwas über Cheops erzählen kann«, bat er.
    Yusuf begrüßte den Wächter mit » Salam aleikum «, den Rest konnte Sid nicht verstehen. »Wir haben Glück!«, verkündete Yusuf mit strahlendem Gesicht. »Einer der Führer war fest gebucht, aber die Reisegruppe ist nicht erschienen. Wir finden ihn in Saal sechsundfünfzig.«
    Als Sid den Raum betrat, wurde ihm schwindelig. Das Licht war gedämpft, er hatte den Eindruck, in einer Grabkammer zu stehen. Verzweifelt tasteten seine Hände nach Rascal. Als er sie endlich gefunden hatte, stützte er sich auf ihrer Schulter ab. Er atmete tief durch und versuchte sich zusammenzureißen.
    In den Vitrinen lagen elf Pharaonen, mumifiziert. Zwei waren noch komplett mit Stoffbahnen umwickelt, die anderen hatten die Lider geschlossen, einer Königin hatte man Edelsteine in die Augenhöhlen gedrückt. Die Frisuren saßen ordentlich, die Gesichter trugen individuelle Züge. Der Gedanke war ekelhaft und brachte Sid zum Würgen: Das Herz eines solchen verschrumpelten Menschen schlug in seiner Brust.
    »Was meinst du, geht es?«, erkundigte sich Rascal fürsorglich. Sid beeilte sich zu nicken. Er musste stark sein, auch wenn es wehtat, der Realität in die hohlen Augen zu sehen.
    »Sind sie nicht wunder-, wunderschön?« Ein kleiner Mann mit schmalem Haarkranz um die polierte Glatze trat aus dem Schatten einer Vitrine, offenbar der versetzte Führer, den sie suchten. Das Schild an seinem Anzugsrevers zeigte durch Flaggen an, welche Fremdsprachen Professor Saladim alle beherrschte: Englisch, Französisch, Deutsch und Japanisch. Auch sein feines, freundliches Gesicht wirkte gebildet. »Kennen Sie die Geschichte der Einbalsamierung?«, erkundigte er sich. Als Sid und Rascal den Kopf schüttelten, begann er mit strahlendem Gesicht sein Wissen zu teilen. »Das alles begann schon in prähistorischer Zeit. Da Ägypten nur sehr wenig Ackerland besitzt, wurden die Toten in der Wüste begraben, ohne Särge. Der heiße Sand zog die Flüssigkeit aus den Körpern, die Bakterien konnten sie nicht zersetzen, sie mumifizierten. Immer wieder kam es aber vor, dass die Leichname versehentlich wieder ausgegraben wurden oder der Wind sie freilegte. Auch nach Jahrzehnten wurden sie noch von ihren Verwandten erkannt.« Mit seinen feingliedrigen Fingern

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