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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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abführten.
    Sie war tapfer gewesen bis zum Ende, lehnte es ab zu schluchzen oder sich an ihn zu klammern, und hielt in Gegenwart der Wachen, die einst ihre Gefährten im Schattenbund gewesen waren, auf ihre Würde und die Würde ihres Geliebten. Er hatte ihr seinen Mantel geben wollen, aber sie wies ihn entschieden zurück. Später kannte er den Grund. Sie hatte gewusst, dass er ihn selbst brauchen würde. Stattdessen hatte er ihr seinen Ring geschenkt – ein Erbstück seines Geschlechts. Er war aus dem Gold der Magier geschmiedet, das mit einem inneren Feuer glüht, als sei Leben darin. In dem Ring schlummerten Kräfte, die nur jemandem seines Geblüts dienen würden; Aveole konnte sie weder entdecken noch nutzen. Doch darauf kam es nicht an. Sie sollte etwas besitzen, was sie an ihn erinnern würde.
    Auf der Treppe drehte sie sich noch einmal um, streckte die Hand aus, an der das Gold des Rings wie eine Flamme loderte. Ihre grauen Augen glänzten von Tränen, die das Einzige waren, was er ihr sonst noch hinterlassen hatte.
     
    Das war seine letzte Erinnerung an Aveole. Er hatte sie niemals wiedergesehen – bis zu dieser Nacht, wo er als kaltherziger Fremder in das süße Antlitz seiner Liebsten geblickt hatte, das sich in dem narbigen Gesicht einer anderen Frau verbarg, die aus dem Nirgendwo gekommen und im Sturm wieder verschwunden war.

 
     
    »Warum habe ich mir nur eingebildet, dass es eine gute Idee sein könnte, hier heraufzukommen? Ich muss verrückt gewesen sein.« Toulac hatte den Fehler begangen, über die Schulter zurückzublicken, und die klaftertiefe Leere gesehen, die hinter ihr lag. Ihr zog sich der Magen zusammen.
    Irgendwo da unten befand sich ihr Haus und erschien ihr nun verlockender, als sie es je für möglich gehalten hätte. Sehnsüchtig dachte sie an ihr Bett, an den Kamin, den Krug Whiskey …
    Sei nicht so töricht! Gestern warst du noch ganz wild auf ein Abenteuer, schon vergessen? Die alte Kriegerin drückte die Knie fester an den Drachenrücken und sah entschlossen nach vorn. Sie bewegte ein wenig die schmerzenden Arme, zwischen denen sie die zusammengesunkene Veldan festhielt. »Nicht mehr weit«, keuchte Kazairl. Nur noch dreihundert Schritt über bröckelndes Gestein, dann hatten sie den Kamm erreicht.
    Toulac wusste, dass sie sich nicht schuldig zu fühlen brauchte, und kämpfte doch gegen ein schlechtes Gewissen an. Schließlich war es der arme Feuerdrache, nicht seine Reiter, der den ganzen Aufstieg gemacht hatte. Seine Flanken bewegten sich mit jedem rasselnden Atemzug, und Toulac rang mit ihm gemeinsam nach Atem, freilich mehr aus Mitgefühl als aus eigener Anstrengung. Vergeblich versuchte sie, die Umgebung zu erkennen.
    »Lass mich dir helfen«, sagte der Feuerdrache, »jedenfalls funktioniert es bei Veldan …«
    »Myrial sei mir gnädig!« Plötzlich erstand die Landschaft klar und deutlich in Toulacs Kopf.
    »Du siehst, was ich sehe«, erläuterte Kaz selbstgefällig.
    »Myrial in der Jauchegrube! Jetzt habe ich alles gesehen!«
    »Bleib bei mir, und es wird wahr werden«, kicherte der Drache.
    Toulac rieb sich das Eis aus den Wimpern und versuchte, sich zu orientieren. Der Bergrücken, den sie erklommen hatten, war ein Ausläufer des Chaikar. Sein Gipfel bildete einen stumpfen Kegel, der rechts vor ihnen aufragte. Sie zitterte. Hier oben wehte unaufhörlich ein bitterkalter Wind, der den Schnee nahezu waagerecht vor sich her trieb und der wie mit eisigen Fingern in alle Öffnungen und zwischen alle Lagen ihrer abgenutzten Kleider griff. Auch der Schaffellmantel konnte ihn nicht abhalten. Die Kälte zehrte an ihren Kräften. Was musste es erst für die arme Veldan bedeuten! »Hast du dich genug ausgeruht?«, fragte Toulac. »Wir sollten hier oben nicht herumtrödeln.«
    »Ich bin fertig. Wie geht es Veldan?«
    »Sie kann es noch aushalten, glaube ich, aber je eher wir aus der Kälte herauskommen, desto besser.« Während sie das sagte, spürte sie schon, wie Kaz sich bereitmachte. »Halt dich fest«, befahl er, »es geht weiter!«
    Toulac flog der Kopf in den Nacken, als der Drache plötzlich voranpreschte. Seine langen Greifpfoten mit den scharfen Krallen schmiegten sich um jede Unebenheit und gaben ihm Halt. Schwungvoll wie ein Gecko lief er den steilen Felshang hinauf, während unter ihm die Steine knirschten und zu Tal polterten. Auf einem Felssims verschnaufte er noch einmal kurz und war, bevor Toulac sich gesammelt hatte, um etwas zu sagen, schon wieder auf und

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