Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines
den Wachposten (der viel breitere Schultern hatte als er) zu schlagen.
Myrial, lass mich stark sein.
»Ruf sie einfach her, einverstanden?«, sagte er durch zusammengebissene Zähne. Damit zog er dem Wachmann die Tür aus der Hand und schloss sie vor seiner Nase.
»Sehr weise«, meinte Aethon trocken in seinem Hinterkopf.
Veldan zog den Vorhang ein Stück zurück und spähte durch den Spalt. »Er ist noch da – und auch der an der Hintertür.« Sie ließ den Vorhang zurückfallen. »Ist Cergorn eigentlich verrückt geworden?«, brauste sie auf. »Was glaubt er denn, was wir vorhaben, um Himmels willen? Und mal angenommen, wir führten etwas im Schilde, wie kommt er darauf, dass er uns aufhalten kann, indem er eine Wache vor unsere Tür stellt? Besonders wenn Kaz bei uns ist.«
Elion, der am Feuer saß, blickte aus den Tiefen seines Polstersessels auf. »Vielleicht will er uns wirklich einschärfen, dass wir in Ungnade gefallen sind. Außerdem, mal angenommen, wir versuchten tatsächlich irgendwohin zu gehen, während die Wachen – wer sind die eigentlich? – während die Wachen sagen, wir müssen bleiben, wo wir sind, dann wären wir ungehorsam gegen den Archimandriten und hätten danach mehr Ärger denn je.«
Veldan ging zu ihrem Sessel am Kamin zurück und ließ sich hineinfallen, streckte sich dankbar aus und seufzte. Sie war lange genug unterwegs gewesen, um die kleinen Annehmlichkeiten des Lebens zu schätzen. »Ich vermute, Cergorn versucht uns von Toulac und Zavahl fernzuhalten«, sagte sie düster. »Er scheint ziemlich entschlossen zu sein, uns nicht zu glauben. Was, wenn er beschließt, ihnen die Erinnerung an diesen Ort zu nehmen und sie einfach zurückzubringen?«
»Nun, wenn sie versuchen, an Zavahls Gedächtnis herumzupfuschen, dann stoßen sie auf Aethon«, hielt ihr Elion entgegen. »Nur die arme alte Toulac hätte wenig Aussichten. Auf jeden Fall solange Cergorn entschieden dagegen ist, sie hier zu behalten.«
»Das ist so ungerecht!« Veldan schlug mit Faust auf die Stuhllehne und zuckte zusammen.
»Hat dir einer was getan?« Kazairl, der mit dem Kopf unter dem eingerollten Schwanz geschlafen hatte, fuhr in die Höhe.
Veldan rieb sich kläglich die Knöchel. »Bin selbst schuld. Ich habe die Beherrschung verloren.«
»Warum?«, fragte Kaz mit einem misstrauischen Blick auf Elion.
Der hielt abwehrend die Hand hoch. »Gib nicht mir die Schuld. Sie ist nur nicht erfreut, dass Cergorn uns eine Wache vor die Tür gestellt hat, das ist alles.«
Leises Donnergrollen hallte durch den Raum. »Sieh an, dieser eitrige, madenbefallene Haufen Abfallfleisch!«
Veldan gluckste in sich hinein. »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können. Wirklich, mit Worten kannst du umgehen. Ich glaube jedoch nicht, dass es unserer Sache nützt, wenn du den Archimandriten des Schattenbundes unverblümt einen hirntoten Haufen Pferdefleisch nennst.«
»Das ist nicht einmal die Hälfte dessen, was ich über diesen degenerierten, verseuchten Abkömmling eines Zugpferds und einer Schlampe sagen könnte«, brummte Kaz. »Er kann von Glück reden, dass ich ein Feuerdrache von Anstand und großer Zurückhaltung bin. Was ist überhaupt mit ihm los? Ist er inzwischen verrückt geworden?«
Elion sah von einem zum anderen, und zwinkerte belustigt. »Ihr zwei seid euch wirklich einig, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, was daran so komisch ist«, sagte der eine, und gleichzeitig die andere: »Na und? Da gibt es gar nichts zu lachen.«
Dann prusteten alle drei los. »Also, das gibt unseren Wachen einige Rätsel auf«, meinte Veldan.
»Was sagtest du noch, wer sie sind?«, fragte Elion noch einmal.
»Ich sagte nichts, aber es sieht so aus, als stünde Trinn hinten und Endos vorne. Warum willst du das wissen?«
»Ich kenne Trinn nicht besonders gut, aber Endos ist ein anständiger Kerl, und er wird nicht viel davon halten, uns zu bewachen. Es wird recht frisch werden heute Nacht. Wir könnten ihn auf ein Glas ans Feuer einladen und Karten spielen. Er dürfte mehr wissen als wir, was vor sich geht. Und egal, was wir zu tun beschließen, es wird leichter werden, wenn wir eine Wache auf unserer Seite haben.«
Veldan rollte mit den Augen. »Du klingst vernünftig, Elion. Es macht mich unruhig, wenn du vernünftig klingst.«
»Nun, was schwebt dir stattdessen vor? Ihm einen Ziegel aufs Haupt hauen und in die dunkle Nacht verschwinden?«
Sie machte eine rüde Geste. »Wenn mich überhaupt etwas bewegen könnte, von
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