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Der Schattenesser

Der Schattenesser

Titel: Der Schattenesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Fleisch zum Verzehr gelange. Lucius erinnerte sich, daß auch Bozena, obgleich sie Christ war wie er selbst, ihr Fleisch oft in der Judenstadt gekauft hatte, weil es dort, wie sie immer wieder betonte, sauberer zubereitet und sorgfältiger ausgewählt wurde.
    Er fragte die Frau, wo er diesen Schlächter finden könne, und sie nannte ihm seinen Namen und vermutlichen Aufenthaltsort. Lucius warf ihr den blutüberströmten Ehemann vor die Füße, bedankte sich und ging.
    Ein sechsköpfiger Söldnertrupp der Liga war auf das Treiben nahe der Geistgasse aufmerksam geworden und marschierte gerade in den Seitenweg, als Lucius aus dem Haus kam. Es gelang ihm, sich an ihnen vorbeizudrücken , erhielt jedoch einen Hieb mit dem Lanzenschaft in den Rücken. Keuchend stolperte er vorwärts, schluckte den Fluch, der ihm auf den Lippen lag, und wußte zugleich, daß er sich glücklich schätzen durfte, daß es zu keinem schlimmeren Zusammenstoß gekommen war. Er trug die Uniform der aufgelösten Stadtgarde, und das allein hätte den Söldnern schon Grund genug sein können, ihn auf der Stelle hinzurichten. Doch die Männer hatten bemerkt, daß in dem Haus noch etwas zu holen sein mochte, und so hatte ihre Gier ihren Spaß am Töten überwogen.
    Lucius lehnte sich mit geschlossenen Augen an eine Häuserwand und versuchte, seinen Rücken zu straffen. Es tat teuflisch weh, aber er wußte, daß es nur ein kurzlebiger Schmerz war. Als aus der Seitengasse die ersten Schreie ertönten - die Söldner machten sich wohl erneut über den verbliebenen Besitz der Bewohner her -, war es höchste Zeit, weiterzugehen. Er wollte nicht mehr in der Nähe sein, wenn die Soldaten zurück auf die Straße kamen.
    Das Schlachthaus lag im Westen der Judenstadt. Lucius kam am Palais Siebensilben vorbei, verschwendete aber keinen Blick an den leerstehenden Prachtbau.
    Die Tür des Schlächters war verriegelt, und Lucius geriet in den Zwiespalt, lautstark zu klopfen oder unverrichteter Dinge abzuziehen. Die Entscheidung fiel ihm nicht leicht, denn allzu großer Lärm mochte nahe Söldner auf ihn aufmerksam machen. Wenn er seinem Anliegen aber durch Heftigkeit keinen Nachdruck verlieh, würde der Fleischer ihn nicht einlassen. Notgedrungen hämmerte er mit der Faust an die Tür und hoffte, daß keine Ligasoldaten in der Nähe waren.
    Er hatte Glück, denn schon nach wenigen Augenblicken hörte er, wie der Riegel im Inneren beiseite geschoben wurde.
    »Wer da?« klang es durch einen dunklen Türspalt.
    »Die Stadtgarde!« erwiderte Lucius und gab seiner Stimme die nötige Härte. Aus den Augenwinkeln behielt er die Straße im Blick.
    »Was wollt's?«
    »Laßt mich ein!« verlangte er barsch.
    Die Stimme aus dem Dunkeln ließ sich nicht beeindrucken. »S'gibt sich kei' Stadtgard mehr nich. Glaubt's wohl, mir sinn bleed?«
    »Laßt - mich - ein!«
    »Na, mir fircht, das iss unmeeglich.«
    Hinter einer nahen Ecke wurden Schritte laut. Eisenbeschlagene Stiefelkuppen klirrten über das Pflaster. Lucius wußte, was das zu bedeuten hatte.
    »Ich trete die Tür ein, wenn Ihr mich nicht augenblicklich einlaßt!« Der Mann im Inneren des Hauses zögerte. »No ja, sagt mir, was Ihr wollt, dann laß mir Euch vielleicht ei.«
    Das Klappern der Stiefel kam näher. Es waren viele, stellte Lucius mit Schrecken fest. Sicherlich zehn, vielleicht sogar mehr. Dem Rhythmus der Schritte nach gingen die Männer nicht im Marsch, was bedeutete, es war entweder kein Obrist bei ihnen, der sie zügeln würde, oder aber ihr Anführer hielt nicht viel auf Ordnung.
    Lucius dachte: Ich bin tot, wenn ich ihnen in die Hände falle. Das bist du sowieso, versetzte eine Stimme in seinem Kopf. Schon bald.
    »Ihr wollt es nicht anders«, zischte er durch den Türspalt, holte aus und trat mit aller Kraft gegen das Holz. Die Tür hielt seinem Tritt stand, auch dem zweiten.
    Das hohle Scheppern war laut genug, um auch den Söldnern jenseits der Straßenecke aufzufallen.
    Da - beschleunigten sich nicht schon ihre Schritte?
    Ja, kein Zweifel. Jetzt rannten sie!
    Lucius trat noch einmal, und diesmal spendete ihm die Todesangst zusätzliche Kraft. Ein Riß erschien im Holz, doch die Tür hielt stand. Die Schatten der Söldner stachen bereits hinter der Häuserecke hervor. Nur noch wenige Schritte, dann würden sie ihn unweigerlich entdecken. Dann war es zu spät, ins Haus zu flüchten, selbst wenn es ihm gelänge, die Tür einzutreten. Sie würden ihm folgen.
    Lucius Bein tat weh, und er nahm an, daß er

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