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Der Schattenjäger (German Edition)

Der Schattenjäger (German Edition)

Titel: Der Schattenjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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versuchen?«
    »Was glaubst du, was ich die vergangenen zwei Wochen getan habe?«, sagte Wolf mit eisiger Stimme. »Wenn Sam nicht lebend herauskommt, dann ist das dein Fehler, nicht meiner!«
    Sascha erzitterte bei Wolfs Worten. Wolf hatte sich schon abgewendet und ging eiligen Schritts die Mulberry Street hinunter.
    »Warten Sie!«, rief ihm Sascha hinterher.
    Aber entweder hörte ihn Wolf nicht oder er wollte ihn nicht hören. Er stand am Bordstein, um die belebte Straße zu überqueren. Das Letzte, was Sascha von ihm sah, war sein wehender Mantel, ehe ein herankommender Omnibus ihm die Sicht versperrte.
     
    Vielleicht schmerzten Sascha immer noch Wolfs zornige Worte. Oder er fühlte sich schuldig, auf jeden Fall nahm eine Idee in seinem Kopf Gestalt an, als er Wolf noch nachschaute, die mutig oder verrückt oder aber beides zugleich war.
    Ohne seinen Schwung zu verlieren, ging er erst die Mulberry Street entlang, bog dann zur Bowery ab, bahnte sich einen Weg durch die einkaufenden Hausfrauen in der Hester Street, wechselte in die Essex Street und marschierte dort geradewegs in Meyer Minskys Süßwarenladen.
    Dopey Benny und zwei von Meyers am meisten gefürchteten Schlägern standen an der Verkaufstheke und schnippten Kaugummis an die dekorierte Zimmerdecke. Zum Zeitvertreib schlossen sie Wetten ab, welche haften blieben und welche nicht.
    »Hallo, Kleina«, begrüßte ihn Benny in seiner schleppenden Sprechweise. »Wie geht’s deina Schwester?«
    »Oh, äh, gut. Ist Meyer da?«
    »Nee.« Benny schnippte einen weiteren Kaugummi an die Decke. »Is’ sie schon verbrochen?«
    »Was?«
    »Na, ob sie einen hat, der ihr Händchen hält und so.«
    »Ach so, ob sie verlobt ist? Nein. Aber das geht Sie gar nichts an!«
    »Schon gut, schon gut«, wiegelte Benny leicht gekränkt ab. »Aber warum regst du dich so auf? Is doch ’ne ganz normale Frage.«
    »Entschuldigung, Benny. Aber bitte lassen Sie meine Schwester aus dem Spiel.«
    »Vastehste, was ich meine?«, fuhr Benny fort. »Warum ’nen Aufstand, wegen so ’ner Frage?«
    Wieder klatschte ein Kaugummi gegen die Zimmerdecke. Die drei Gangster schielten nach oben und beobachteten, wie der Kaugummi einen Augenblick hängen blieb, aber dann mit einem feuchten
Platsch!
wieder auf den Boden fiel.
    »Mist!«, fluchte Benny. »Wenn der nich’ hängen bleibt, hab ich bald kein Pokergeld mehr.«
    »Das liegt an deiner Spucke, Benny«, bot einer der beiden Gangster als Erklärung an.
    »Und was soll das heißen?«, fragte Benny drohend.
    »Keine Ahnung. Die klebt irgendwie nicht. Woher soll ich das wissen? Vielleicht liegt es an deinen Nasennebenhöhlen.«
    »Wenn dir was an meinen Nasennebenhöhlen nicht gefällt, kannste’s mir gleich ins Gesicht sagen«, knurrte Benny.
    »He, Jungs! Regelt das draußen!«, sagte der dritte Gangster.
    »Ja, das sollten wir«, sagte Benny, und aufgestaute Magie umflirrte plötzlich seine mächtige Statur. »Fäuste oder Sprüche?«
    »Mir ist beides recht«, erwiderte der Kleinere der beiden. Aber Sascha entging nicht, dass der andere leise ein paar kleine Schritte rückwärts machte.
    Sascha seufzte und wollte schon unverrichteter Dinge den Laden verlassen. Doch Benny rief ihn zurück.
    »Moment mal, komm in einer halben Stunde wieder. Versprechen kann ich nichts, aber ich sach dem Boss, dass du ihn sprechen willst.«
    Als Sascha zurückkam, waren die drei immer noch da. Aber statt mit Kaugummi zu spielen, schauten alle begehrlich auf eine lange, schnittige Limousine, die wie ein ankernder Luxusdampfer am Bordstein stand. Sascha warf im Vorübergehen ein Auge auf das Auto und hatte den Eindruck, dass dessen Glanz nicht allein von der Politur stammen konnte. Ein Schimmer umfloss das Auto, nicht gerade wie eine Aura, aber doch ein schillerndes Regenbogenlicht, wie die Farben, die in einer Öllache spielen, ehe der Regen sie vom Asphalt wäscht.
    Meyer Minsky war ein Mann, der wenig dem Zufall überließ, und so hatte sein Auto nicht nur kugelsichere Scheiben.
     
    Minsky saß am selben Schreibtisch und spielte mit demselben Fünfcentstück wie bei Saschas letztem Besuch.
    »Ich soll dir also helfen, den Klezmermörder zu finden?«, fragte Minsky, nachdem er Saschas sorgfältig vorbereitete Rede angehört hatte.
    »Sam Schlosky ist unschuldig«, behauptete Sascha.
    »Und warum sollte ich mich für Sam Schlosky einsetzen? Nichts für ungut, Junge, ich frage nur.«
    »Ja, weil …«
    Minsky warf wieder die Münze in die Luft und verdeckte

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