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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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er wusste, dass es gefährlich wäre, zu interessiert zu wirken. Stattdessen schaute er sie lüstern an.
    »Ich gebe zu«, sagte er mit gespielter Ehrerbietung, »dass ich dich unterschätzt habe. Dich und deinen Charme.« Er legte einen Lederbeutel auf den Tisch. Elena wirkte unbeeindruckt. »Du hast es mit einem reichen Mann zu tun, der einen schlechten Tag hatte …«
    »… und der nicht nur Gesellschaft braucht«, ergänzte sie süffisant lächelnd.
    »Es scheint, als hättest du das richtige Gespür.«
    Levin stand auf, bestellte beim Wirt eine Kammer und ließ sich einen weiteren Krug Wein hinaufbringen. Bald saß er auf der Bettkante, Elena neben ihm. Eine Lampe stand auf dem Nachttisch.
    Als sie sich ihm erwartungsvoll zuwandte, reichte er ihr den Becher. »Du täuschst dich nicht in mir. Ich habe wirklich Geld. Und ich habe Zeit. Erzähl mir noch mehr von dir.«
    »Erzählen? Was möchtest du denn hören?«
    »Woher kommst du? Wer bist du?«
    Elena begann und Levin achtete auf neue Hinweise. Doch sie sagte nichts über Briangard.
    Schließlich reichte sie ihm den Becher und sagte ebenfalls etwas undeutlich: »Los, trink. Wir sollten den gleichen Geschmack im Mund haben.«
    Er nahm einen Schluck, schaute ihr ins Gesicht und traf einen Entschluss. Er konnte nicht immer in Deckung bleiben. »Vorhin hast du von Briangard erzählt, nicht wahr? Wie bist du dort hingekommen?«
    Elena erhob sich, als hätte sie die Frage nicht gehört, und zog den ersten Stift aus dem Haar. Ihr Lächeln wirkte künstlicher als je zuvor. »Ich werde langsam ungeduldig«, sagte sie und strich anzüglich mit der Hand an sich herunter.
    In diesem Moment, als sie ihn so verführerisch anlächelte, als sei er einer dieser primitiven Narren da unten, verspürte er große Lust, den Becher an die Wand zu werfen und mit Gewalt aus ihr herauszupressen, was sie ihm nicht sagte.
    Doch er besann sich. Er stellte den Becher auf den Tisch und machte ein ernstes Gesicht. »Du weißt genau, was ich möchte. Ich sehe es dir an. Lass uns ehrlich sein. Du wirst mir jetzt sagen, wie du nach Briangard gelangt bist, und ich werde dich besser bezahlen als jeder deiner Kunden.«
    »Du willst …« Ihre Lippen begannen zu zittern. Sie setzte sich verstört aufs Bett. »… wieso willst du das von mir?«
    »Es ist besser, wenn du es nicht weißt.«
    »Ich tue alles für dich, was du willst. Die Männer sagen, ich sei die Beste.« Sie warf ihm wieder einen betörenden Blick zu.
    Levin schüttelte den Kopf.
    »Dann lass mich gehen. Bitte. Ich werde keinem etwas erzählen. Behalte dein Geld«, sagte sie.
    »Du weißt, was ich möchte.«
    Sie barg das Gesicht in den Händen. Levin konnte ihre Augen nicht sehen, doch er glaubte zum ersten Mal die verletzliche Frau zu hören, die in der Prostituierten steckte.
    »Du weißt nicht, was du verlangst«, stotterte sie, schon halb ergeben.
    Levin schwieg und wartete. Sie atmete tief durch, sagte: »Ich werde es bereuen« und schaute ruhig zu ihm auf. Sie ließ ihre Hand nach oben wandern und streifte sich langsam das Gewand von der Schulter. Levin wollte sie aufhalten, doch dann sah er, wie sie einen offenbar künstlichen Hautfetzen an ihrer Schulter packte und mit schmerzverzerrtem Gesicht abzog. Ein dunkelbrauner Bussard kam zum Vorschein, mit geschwungenen Linien gezeichnet und in eine runde Form gefasst.
    Levin schluckte. »Du bist eine Brianerin.«
    »Wie man es nimmt«, relativierte sie kaum hörbar.
    Levin war verwirrt. Er konnte seinen Blick nicht von dem Bussard wenden, auch wenn er das Wappen längst erkannt hatte.
    »Mein Vater ist Brianer. Meine Mutter ist Alsunerin. Damals war die Festung noch nicht von der Stadt getrennt. Er lernte sie bei seinen Besuchen in der Stadt kennen und holte sie als seine Frau nach Briangard. Nach meiner Geburt bekam ich das Brandzeichen. Meine Mutter sollte auch eines bekommen, doch sie lehnte ab. In ihrem Herzen war sie Alsunerin, und das wollte sie bleiben. Dafür wurde sie auf Briangard verachtet. Sie begann, die Menschen dort zu hassen, und wollte zurück nach Alsuna. Mein Vater ließ sich überreden und baute ein Weingut in der Nordstadt auf.«
    »Wurdet ihr in Alsuna nicht weniger verachtet?«
    »Nicht meine Mutter. Sie ist eine reinrassige Ghazalerin. Man sieht es ihr schon an der braunen Haut an. Als der Konflikt zwischen Alsuna und Briangard sich zuspitzte, ließ mein Vater bei mir und bei sich selbst den Bussard bedecken. Doch er blieb seiner Heimat treu und belieferte

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