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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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für einen Moment ausgesperrt, als etwas Großes lautlos wie eine Sommerbrise über die Wipfel hinwegschwebte.
    Der Fresser!
    Das Monster flog keine hundert Klafter über ihnen: ein riesiger Fisch im Himmelsmeer. Kriss konnte die zerschrammten schwarzen Eisenschuppen sehen und –
    Ein Schuss ging los; ein Schwarm blutroter Vögel stob kreischend aus den Baumkronen. Eine Rauchschwade breitete sich aus, zusammen mit dem Gestank von Schießpulver.
    » Bist du irre? « Lorgis wirbelte zu Grimald herum, der wie eine Statue dastand, den furchtsamen Blick auf die vorbeiziehende Riesenmaschine geheftet, die Muskete noch erhoben.
    Kriss’ Herz raste, als sie und die anderen Deckung hinter den Bäumen suchten.
    Aber der Fresser interessierte sich gar nicht für sie oder irgendetwas sonst auf der Insel. Stattdessen zog er friedlich seines Weges und gab die Sonne wieder frei.
    »Reiß dich zusammen, Mann!«, herrschte Lorgis Grimald an.
    Grimald schwieg. Sein Mund zeigte nur das abstoßende Narbengrinsen, aber sein Blick war reuig. Er griff nach dem Pulverhorn an seinem Gürtel und begann, die Muskete wieder zu stopfen.
    »Ob dieses Vieh von hier kommt?« Aulin strich sich eine rote Locke aus dem Gesicht.
    »Vielleicht is’ es nur auf der Durchreise«, murmelte Lorgis. Barabell knuffte ihn in die Seite. »Was?«, rief er aus. »Das war ernst gemeint!«
    Kriss spähte hinter dem Baum hervor; sie sah der ælonischen Maschine nach, bis diese außer Sicht war.
    Und wenn das hier doch Dalahan ist? , fragte sie sich. Oder wenn die Menschen, die hier lebten, von dort stammten? Hatten ihre Vorfahren den Fresser geschaffen? War das die Waffe, hinter der Ruhndor her war? (Denn sie konnte sich immer noch nicht vorstellen, was außer einer Waffe ihn interessieren könnte.)
    Aber wie passte das zu den Berichten, nach denen der Schiffsfresser auch über anderen Ozeanen gesichtet worden war?
    Bria . Wenn sie und die anderen dem Biest hier im Verbotenen Meer begegnet waren, hatten sie die Begegnung vielleicht auch überlebt! Vielleicht hatten sie sich ebenfalls auf diese Insel gerettet, dem einzigen Stück Festland weit und breit! Kriss’ Herz schlug ihr schmerzhaft gegen die Brust, als neue Hoffnung in ihr aufging.
    Und was hatte er damit gemeint? ›Du bist die Einzige‹?
    Sie spähte zu Lian. Nun, da der Schatten des Schiffsfressers vorübergeglitten war, hatte er sich aus seiner Deckung hervorgewagt. Kriss war drauf und dran, ihn zur Rede zu stellen, als sie sah, wie er in den Wald hineinlauschte und sein Blick die Bäume absuchte. Ihr Herz sank wieder in die Tiefe.
    Sie hatte es nicht als einzige bemerkt. Niemand wagte es, sich zu rühren.
    »Was ist?«, flüsterte Grimald Lian zu.
    »Ich dacht’, ich hätt’ was gesehen«, murmelte Lian argwöhnisch.
    Im gleichen Moment wirbelte Aulin herum. »Da ist was!«, zischte sie. »Zwischen den Bäumen!«
    Jeder Nerv in Kriss’ Körper schien zum Zerreißen gespannt. Da war es wieder, das Gefühl beobachtet zu werden. Mit angehaltenem Atem ließ sie ihren Blick durch den Wald schweifen – da! Etwas wie ein grüner Schatten hatte sich zwischen den Bäumen bewegt und war kurz darauf schon wieder mit der Urwaldkulisse verschmolzen. War es vielleicht nur ein Tier? Oder hatte ihre Fantasie ihr einen Streich gespielt?
    Lorgis bedeutete der Gruppe mit einem Wink, enger zusammen zu treten. Hinter mich! , befahlen Lians Lippen Kriss stumm, während er und die Matrosen mit schussbereiten Musketen einen Kreis um sie schlossen.
    Sie hörte Schritte. Leise, unregelmäßige Schritte, von allen Seiten.
    »Die kreisen uns ein!«, raunte Barabell.
    » Korf «, flüsterte Grimald. Er klang noch nervöser, als Kriss es war.
    »Nicht schießen!«, flehte sie.
    Dann traten sie aus dem Dickicht. Sie waren zu neunt.
    Nein. Es waren keine Tiere.
    Sie waren groß; der Kleinste von ihnen überragte selbst Lorgis um eine Handlänge. Sie gingen aufrecht auf zwei Beinen und trugen Speere in zwei Händen. Dennoch wäre Kriss nie auf den Gedanken gekommen, sie für Menschen zu halten.
    Ein Fieber schien sie zu überkommen. Sie glaubte, den Verstand zu verlieren.
    »Großer Weltengeist!«, hauchte Barabell.
    Es war, als hätten Pflanzen beschlossen, zu menschlicher Form zu wachsen, um Krieg zu führen. Kriss erkannte ihre Gesichter wieder: nasenlos, mit schmalen Strichen als Münder und winzigen Augen (die Iris rubinrot, die Pupille schwarz).
    Anstelle von Haaren trugen sie auf ihren Häuptern und den breiten,

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