Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
Vom Netzwerk:
öffnen lässt, genau wie der Ankh der Schlüssel zu dieser Kammer war. Wo könnte er also sein?«
    »Die Fackelhalter? Sie sind das Einzige hier, was nicht aus massivem Stein besteht.«
    De Montbards Augenbrauen fuhren hoch.
    »Natürlich! Das versuchen wir. Übernimm du die andere Seite, ich nehme diese.«
    Der dritte Halter an der Wand drehte sich in St. Clairs Hand, als er daran zog, und noch während er die Fackel auffing, die herausfiel, hörten sie dasselbe unterirdische Rumpeln wie zuvor. Nur war es diesmal näher und nicht gedämpft, denn vor ihnen versank die nackte Kopfwand langsam im Boden.
    Der gesamte Hohlraum war von einem schweren Vorhang aus reich besticktem Tuch verdeckt, dessen Farben selbst im diffusen Fackelschein noch leuchteten. Lange tat keiner der beiden Männer auch nur einen Mucks. Schließlich trat de Montbard zögernd einen Schritt vor und streckte die Hand vorsichtig nach dem Vorhang aus. St. Clair beobachtete gebannt, wie sich der Stoff unter der forschenden Hand bewegte, bis de Montbard plötzlich zupackte und ihn heftig zur Seite riss, sodass das Licht der Fackeln in die Dunkelheit dahinter drang.
    St. Clair fuhr erschrocken auf und stieß ein schrilles Geräusch aus, dann fiel er auf die Knie, als hätte ihn ein Streitkolben getroffen. De Montbard ging es ähnlich; auch er stieß ein unverständliches Geräusch aus, blieb jedoch trotz seines Schreckens stehen.
    Vor ihnen erstreckte sich eine Kammer, die genauso groß war wie die, in der sie standen; ein langes, schmales Gemach, das ganz in zwei kontrastierenden Farben gehalten war: schwarz und weiß. Es war ein Spiegelbild der rituellen Begegnungsstätten ihrer Heimat – von den abwechselnden schwarz-weißen Bodenfliesen bis hin zu den mit Stoff verhüllten Thronsesseln zu beiden Seiten und den Säulenpaaren, zwischen denen sie ihr Ordensgelübde abgelegt hatten. Jeder von ihnen erkannte es auf Anhieb und wusste doch in der dröhnenden Stille seines Verstandes, dass dieser Tempel seit Jahrhunderten in der Finsternis verborgen gewesen war und auf ihre Ankunft gewartet hatte.
    De Montbard war der Erste, der sich wieder sammelte – wahrscheinlich, so dachte St. Clair, weil er im Voraus schon genug gewusst hatte, um zu vermuten, was sich hier verbarg. Mit erhobener Fackel trat er behutsam in die Kammer, und St. Clair begleitete ihn Schritt für Schritt und mit hämmerndem Herzen.
    »Wir stehen im Westen«, sagte de Montbard.
    »Aye, und blicken nach Osten«, erwiderte St. Claire beinahe unbewusst die Worte des Rituals, »wo sich alles enthüllen wird.«
    Gemeinsam schritten sie nun resolut weiter, bis sie auf einen weiteren Vorhang stießen, der dem ersten sehr ähnlich war, nur schmaler. Sie wechselten einen Blick, und wieder streckte de Montbard die Hand aus und zog den Vorhang diesmal vorsichtiger und respektvoller beiseite.
    Dahinter spiegelte sich der Schein ihrer Fackeln auf einer goldenen Oberfläche, einer langen, rechteckigen, massiven und gleichzeitig dennoch höchst komplexen Form. Es dauerte mehrere Sekunden, bis St. Clair begriff, dass er einer reich verzierten goldenen Truhe gegenüberstand, deren Länge er auf etwa vier Fuß schätzte, die Höhe und Breite auf die Hälfte. Sie wurde von einer ebenfalls goldenen Skulptur gekrönt, die etwas Undefinierbares darstellte. Zwei lange goldene Balken an ihren Seiten dienten offenbar zu ihrem Transport.
    Diese Pracht erfüllte St. Clair mit einer Ehrfurcht, die an ein religiöses Gefühl grenzte. Lange stand er einfach nur da und starrte vor sich hin, während de Montbard reglos etwas weiter weg vor ihm kniete wie in Trance – ohne dass Stephen gemerkt hatte, dass dieser vor ihm auf die Knie gesunken war. Seit der Vorhang zur Seite geschoben worden war, hatte er nur noch Augen für die Truhe. Jetzt drängte es ihn, sich zu bewegen, und er zwang sich, Schritt für Schritt auf den knienden Mann zuzugehen. Die goldene Pracht vor ihm nahm sein ganzes Gesichtsfeld ein, und er streckte die Hand aus, um de Montbards Schulter zu berühren.
    »Was ist das?«
    Er hörte die ehrfürchtige Scheu in seiner eigenen Stimme. Seine Frage schien jedoch die Trance zu lösen, die den anderen Mann erfasst hatte, denn er packte St. Clair am Arm und zog sich hoch. Sobald er stand, setzte er sich rückwärts in Bewegung und zog St. Clair mit sich zu dem anderen Vorhang zurück, den er respektvoll schloss, sodass die goldene Truhe nicht mehr zu sehen war. Dann wich er weiter zurück, ohne nach rechts

Weitere Kostenlose Bücher