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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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davon gesprochen, eine Zusammenkunft einzuberufen, um unsere Rituale zumindest zu üben, selbst wenn wir zu wenige waren, um sie tatsächlich zu zelebrieren. Den meisten von uns ist es ja gelungen, im Lauf der Jahre wenigstens in der Nähe eines anderen Bruders zu bleiben, sodass wir uns gegenseitig abhören konnten. Damals stand ich über drei Jahre lang in enger Verbindung mit einem Bruder namens Philippe de Mansur. Wir haben gemeinsam gekämpft und an unseren Ritualen gearbeitet, bis er bei einem Scharmützel auf der Straße nach Jaffa gestorben ist. Seitdem habe ich nichts mehr unternommen, und meine Enttäuschung ist ständig gewachsen …«
    De Payens zuckte mit den Schultern.
    »Doch es gibt da noch etwas zu bedenken. Ich kann – als einer der wenigen hier – lesen und schreiben. Dadurch fällt mir der Umgang mit Worten leichter als manch anderem. Und so haben wir von Zeit zu Zeit versucht, eine Zusammenkunft zu arrangieren. Aber du weißt ja, wie es ist, wenn man mitten in einem Krieg versucht, etwas zu tun, was nur der eigenen Erbauung dient. Die Männer damals waren alle meine Altersgenossen. Wir kannten uns schon vor dem Krieg, den der Papst ausgerufen hat. Doch dann sind wir mit verschiedenen Lehnsherren nach Outremer gekommen, und das hat uns voneinander ferngehalten. Das hat genau wie die Erfordernisse des Krieges und unserer Pflichten dazu beigetragen, dass wir nie Zeit für Privates hatten. Und es sind immer wieder Männer gestorben, sodass von den Dutzenden von Ordensbrüdern vor der Jahrhundertwende bald nur noch weniger als zwanzig übrig waren. Darüber hinaus hörten wir ständig, dass wieder einer im Kampf gefallen oder einer Seuche erlegen war …«
    Abermals hielt er inne. Ohne St. Omer zu beachten, senkte er den Kopf und rieb sich den Nasenrücken, während seine Gedanken offensichtlich an einen Ort weitab des knisternden Feuers schweiften. Doch nach wenigen Sekunden saß er wieder aufrecht da und sprach weiter.
    »Dann folgten eine Zeit lang neue Gesichter, begeisterte junge Männer aus Frankreich, die nach Ruhm hungerten, mit leuchtenden Augen und sonnenverbrannter Haut, die jedem die Hand schüttelten, bis sie auf die richtige Reaktion stießen. Sie brannten stets darauf, älteren Brüdern zu begegnen und von zu Hause zu erzählen. Doch es erwies sich erneut als zu schwierig, eine Zusammenkunft zu arrangieren. Einmal haben wir es mit neun Mann fast geschafft. Am vereinbarten Tag wurde jedoch drei Meilen von uns entfernt eine Karawane überfallen, und wir haben die folgende Nacht damit verbracht, die Wüste zu durchkämmen und Geiseln zu retten …«
    Bei dieser Erinnerung verengten sich de Payens’ Augen zu Schlitzen.
    »Damals hatte ich meinen Entschluss zu schweigen allerdings schon getroffen. Neulinge hatten keine Möglichkeit, mich zu finden, und ich hatte keine Möglichkeit, von ihrer Existenz zu erfahren. Also habe ich weiter geschwiegen, selbst gegenüber meinen Eidesbrüdern und dem Orden selbst. Ich weiß, dass das Tadel verdient. Vielleicht ist es sogar unverzeihlich, aber die einzige Entschuldigung, die mir einfällt, ist mein Eigensinn.«
    St. Omer sah de Payens mit gerunzelter Stirn an, dann nickte er.
    »Aye, und manche würden es als Starrsinn bezeichnen.«
    Seine Worte waren anklagend, doch sein Ton klang nachsichtig. De Payens nickte.
    »Das ist wahr. Aber was ist mit dir? Wann hattest du zuletzt Verbindung mit dem Orden?«
    St. Omer blickte hinter sich, um sicherzugehen, dass sie immer noch allein waren, bevor er antwortete.
    »Vor fünf Jahren, und es ging dabei um dich, mein Freund. Ich hatte Anweisungen aus Amiens für dich dabei, als ich in die Hände der Korsaren fiel.«
    »Für mich, aus Amiens? Ich kenne niemanden in Amiens.«
    »Mich kanntest du.«
    »Ich meine außer dir. Wer sollte mir sonst von dort schreiben?«
    »Der Orden. Der Seneschall persönlich, Jean Toussaint, Seigneur d’Amiens.«
    »Toussaint hat mir geschrieben? Warum? Was könnte er von mir wollen?«
    St. Omer breitete die Hände aus und verzog den Mund.
    »Vieles offensichtlich, dem Umfang der Depesche nach zu schließen. Unglücklicherweise ist mir nichts von ihrem Inhalt bekannt, da er mir nicht mündlich anvertraut wurde, sondern, wie gesagt, in Schriftform.«
    Er zuckte sanft mit den Schultern, eine Geste, die zwar keine Reue, aber Hilflosigkeit ausdrückte.
    »Ich habe sie verloren … wie alles andere auch, als unser Schiff auf See versenkt wurde.«
    »Du hast sie verloren …«
    De

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