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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Gutberiet
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zurück und schloss das Fenster. Er bemerkte das Kreuz, das unter seinem Kopfkissen hervorragte, zog es heraus und legte es auf den Tisch.
    Während er sich anzog, erinnerte er sich vage an seinen schrecklichen Traum, doch die Bilder waren schon so verblasst, dass er sich nicht weiter Gedanken darüber machte. War da etwas mit einem Horn gewesen? Ein weiß gekleidetes Mädchen?
    Er zog sich an. Während er die Kniehose zuknöpfte, entschied er sich angesichts der desolaten Situation im Hinterhof für die Stulpenstiefel statt der Schnallenschuhe. Da er heute das Schloss aufsuchen wollte, wählte er als Kopfbedeckung den Dreispitz, weil er das Gefühl hatte, ein schlichter Bürgerhut wäre nicht fein genug. Er schnallte sich seinen Degen um, den er nur als Schmuckstück bei sich trug. Solange er sich noch nicht endgültig für den Kirchendienst entschlossen hatte, durfte er als Kavalier gehen.
    Er stieg die steile Treppe hinunter und betrat die Gaststube. Mit der vagen Hoffnung, Marie zu begegnen, blickte er sich um, aber sie war nicht da. Der Gastraum war leer. Er setzte sich an einen Tisch und wartete. Schließlich kam der Wirt herein, und Burchard ließ sich helles Brot, französische Konfitüre und einen Becher Milch bringen.
    Seine drei Begleiter ließen sich nicht blicken. Sie hatten am Abend so viel getrunken, dass mit ihnen wahrscheinlich nicht vor dem Mittagsläuten zu rechnen war. Er aß, trank seine Milch und trat nach draußen. Die Morgensonne tauchte den Marktplatz in warmes Licht. Die Kirche warf einen langen tiefschwarzen Schatten. Es war noch früh am Tag.
    Verschiedene Wagen, Karren und Kutschen rollten über die holprigen Straßen. Er entschloss sich, einen kleinen Rundgang zu machen und dann das Schloss aufzusuchen. Also wandte er sich zunächst nach rechts und spazierte durch die Gassen.
    Man merkte der Stadt an, dass sie sehr lange von ihren Regenten vernachlässigt worden war. Überall war das Pflaster in erbärmlichem Zustand. Die Rinnsteine waren sehr breit und an vielen Stellen übermäßig mit Kot und Unrat angefüllt. Nicht selten war es unmöglich, die Straße zu überqueren. Die Bewohner der Stadt schienen die Angewohnheit zu haben, ihren Unflat einfach in die Gasse zu gießen, wo niemand sich darum kümmerte. Schon bei ihrer Ankunft in der Dunkelheit hatten Burchard und seine Begleiter bemerkt, dass es nirgends Straßenbeleuchtung gab, wie es in einer Stadt dieser Größe eigentlich inzwischen üblich war. Immer wieder entdeckte er brachliegende Grundstücke, die ihren Teil zu dem traurigen Gesamtbild beitrugen. Andererseits gab es auch ganze Straßenzüge mit prächtigen Villen, Zeugnisse eines wohlhabenden und selbstbewussten Bürgertums, das seinen Geschäften auch in den Zeiten politischer Vernachlässigung mit Erfolg nachgegangen war.
    Als er nahe der Wallanlage einen Platz erreichte, auf dem jämmerliche, aus Holz gezimmerte, windschiefe Hütten standen, zwischen denen von Krankheit und Armut gezeichnete Frauen zu sehen waren und zerlumpte Kinder sich im Schmutz tummelten, machte er erschrocken kehrt. Eine Horde Kinder hatte ihn aber schon bemerkt und rannte ihm bettelnd und krakeelend hinterher. Er warf ein paar Münzen hinter sich und eilte davon.
    Vorbei am Friedhof ging er jetzt direkt auf das Schloss zu. Er stutzte, stolperte beinahe. Ein Mann in Uniform, der Wachposten am Stadttor, kam ihm entgegen. Der Kerl starrte ihm frech ins Gesicht, grinste hämisch, grüßte nicht und ging vorbei. Es war der Wachposten, der sie am Vorabend nicht in die Stadt lassen wollte. Dieser gedrungene Kerl mit den krummen Beinen. Wie kam der bloß dazu, sich einzubilden, er sei etwas Besonderes?
    Das Schloss war einst eine richtige Festung gewesen, lag nun aber, nachdem man den Burggraben zugeschüttet hatte, offen zur Stadt hin. Nachdem der vorherige Herrscher der Stadt und dem Stammschloss seines Geschlechts einen Besuch abgestattet hatte, war das Schloss immer wieder umgebaut worden. Nun konnte keiner mehr sagen, in welchem Stil es gehalten war und welcher Baumeister ihm seine Handschrift aufgedrückt hatte. Über dem von zwei Kolossalpilastern eingefassten Portal lauerten zwei wilde Männer, die die Initialen des früheren Herrschers hielten. Zweifellos würden sie verschwinden, dafür würden Nicolai und Eckart sorgen, die sich schon während der Reise Gedanken darüber gemacht hatten, welche Gebäudeteile sie abreißen und wieder neu aufbauen lassen wollten. Sie hatten große Pläne, und die

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