Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
genau passte: Zwei sind ein Paar, drei sind ein Gedränge. Empfand ich das so, weil Harrison sich anders benahm, wenn Violet dabei war? Höflich, aber kühler, als müsse er um jeden Preis die Zuneigung verbergen, die er mir beim Alleinsein immer unbefangen und herzlich gezeigt hatte?
7. KAPITEL
Von Tag zu Tag fiel es mir schwerer, für Violet freundschaftliche oder gar schwesterliche Gefühle zu empfinden. Ihre Anwesenheit bestimmte das Leben im Haus, als wäre es ihr eigener Besitz. Sie ließ sich von Wilma von vorne bis hinten bedienen und beanspruchte die Dienste des Mädchens für mehrere Stunden am Tag. Derweil saß ihre eigene Zofe Nou-Nou die ganze Zeit in ihrem Zimmer, und Wilma musste auch ihr das Essen servieren. Es ging mir wirklich nicht darum, dass wir eine fremde Person versorgten, aber Wilma fehlte bei den anderen täglichen Arbeiten. Harrison hatte Recht, ich käme wohl nicht umhin, ein neues Mädchen einzustellen, doch zögerte ich die Entscheidung hinaus. Rosie war mir sehr ans Herz gewachsen, und ich hoffte, sie würde nach Cromdale zurückkehren. Zu unser aller Erleichterung teilte Violet schließlich mit, Nou-Nou werde am Ende des Monats abreisen. Sie bräuchte nur noch einige Tage, bis sie sich kräftig genug fühlte, um die weite Fahrt nach Frankreich anzutreten.
An einem Nachmittag ritt ich alleine aus. Violet klagte seit dem Morgen über Kopfschmerzen, sie wollte den Tag im Bett verbringen. Wo Harrison war, wusste ich nicht. Unwillkürlich lenkte ich das Pferd zum Hof der Grindles. Es war jetzt vier Wochen her, dass ich das letzte Mal dort gewesen war. Auch hatten seither weder Mrs. Grindle noch die Arztfrau oder eine andere Dame der Umgebung ihre Aufwartung in Cromdale gemacht. Am Tor zögerte ich kurz, dann aber sah ich den Einspänner des Arztes vor der Tür stehen. Hoffentlich war niemand krank geworden? Ich gab mir einen Ruck, klopfte und wurde von dem Mädchen umgehend in den Salon geführt. Meine Befürchtungen bestätigten sich glücklicherweise nicht. Mrs. Craig, die Frau des Arztes, war lediglich zum Tee zu Besuch. Auf dem Tisch lagen diverse Modezeitungen ausgebreitet. Offenbar wollte sich Mrs. Grindle eine neue Abendgarderobe schneidern lassen. Der Anblick erinnerte mich daran, dass ich mich noch nicht um mein Hochzeitskleid gekümmert hatte. Wenn Mrs. Grindle über meinen Besuch überrascht war, zeigte sie es nicht. Mit einem unverbindlichen Lächeln bat sie mich, Platz zu nehmen, und Mrs. Craig nickte mir zu. In der folgenden halben Stunde sprachen wir über die neusten Modetrends aus Frankreich. Mrs. Grindle erwähnte, sie suche ein passendes Abendkleid für ihre Tochter.
»Wir denken daran, demnächst einen Ball für sie zu geben. Sie ist zwar noch sehr jung, aber es wird langsam Zeit, Carla in die Gesellschaft einzuführen.«
Mrs. Craig nickte wohlwollend.
»Ein junges Mädchen kann sich nicht früh genug an einen geschliffenen Umgang gewöhnen. Wie finden Sie dieses Modell?« Ihr Finger zeigte auf ein verspieltes, taubenblaues Kleid mit züchtigem Ausschnitt. »Das müsste an Ihrer Tochter doch zauberhaft aussehen!«
»Carla erhält seit einigen Wochen Tanzunterricht«, erklärte Mrs. Grindle. »Es macht ihr viel Spaß, und sie zeigt sich sehr begabt. Nun ist sie natürlich begierig, ihre erworbenen Kenntnisse so bald wie möglich anzuwenden.«
Ich schluckte, dann fragte ich frei heraus.
»Haben Sie etwas von James gehört?«
Kein Muskel in Mrs. Grindles Gesicht bewegte sich, als sie an mir vorbeischaute.
»Seinen Briefen nach geht es ihm gut. Die Geschäfte entwickeln sich zu seiner Zufriedenheit.«
»Wie schade, dass Ihr Sohn bei Carlas Ball nicht dabei sein kann! Er wäre bestimmt sehr stolz auf seine kleine Schwester«, bedauerte Mrs. Craig.
Ich erhob mich und meinte, in Cromdale warte noch Arbeit auf mich. Keine der beiden Damen unternahm einen Versuch, mich zurückzuhalten. Als ich vom Hof ritt, wurde mir bewusst, dass ich zu dem Ball keine Einladung erhalten hatte. Plötzlich verspürte ich keine Lust, nach Cromdale zurückzukehren. In Wahrheit wusste ich nämlich nicht, was ich mit dem Rest des Tages anfangen sollte. So lenkte ich Bachelor hinunter zum Fluss. Es war ein wunderschöner Herbsttag, wer wusste schon, wie viele es in diesem Jahr noch geben würde. Bald hatte ich die alte Mühle erreicht. Ich saß ab, band das Pferd an einen Baumstamm und betrat das verfallene Gebäude. Harrison hatte mir gegenüber nichts davon erwähnt, dass er Interesse an der Mühle
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