Der Schatz von Njinjo (German Edition)
findet, der ihm weiterhilft, passiert er drei menschenleere Büros. Die Bediensteten, die zwischen den Räumen hin und her wieseln, nehmen keine Notiz von dem blonden Fremden. Schließlich erbarmt sich ein junger Spund und fragt Petermann in holprigem Englisch, ob er helfen könne. Wen er denn suche? Ohne groß auf die Antwort zu achten, führt der junge Mann ihn schnurstracks in ein weiteres verlassenes Büro. „ Wait here! I look for you! “ Auf dem Türschild entdeckt Petermann den Namen des Angestellten, auf den er warten soll: „ Sam Masisi, Fishery Department & Ministry of Antiquities “. Eine geschlagene Stunde später, in der Petermann zunehmend nervöser wird, nimmt sein Bekannter schwungvoll hinterm Schreibtisch Platz und eröffnet förmlich das Gespräch.
„ Good morning, Sir Jens! What can I do for You? “
„Guten Morgen, Sam! Gut geschlafen?“
„Oh, natürlich. Aber hier bin ich im Dienst.“
„Als Fischerei- und Touristenberater? Wieso hat man mich denn ausgerechnet zu Ihnen gebracht?“
„Weil man von allen wazungu , die hier unangemeldet auftauchen, annimmt, sie wollten die Ruinen besuchen. Sie doch auch, oder?“ Petermann schweigt, so fährt Masisi direkt fort: „Dafür braucht man eine Erlaubnis, ein permit. Und das gibt’s von mir.“
„Wieso das? Ich will doch nicht fischen!“
„Aber übersetzen wollen Sie, durch tanzanische Gewässer, noch dazu auf eine Insel von touristischem, wissenschaftlichem und fischigem Wert! Dafür braucht’s einen Passierschein.“ Dass Kilwas Weltkulturerbe nur per Boot erreichbar ist, stand nicht im Reiseführer. Auch nicht, wie man von dort zurück aufs Festland kommt ...
„Bürokratischer geht’s wohl nicht, oder?“
„Nein, noch nicht“, antwortet Masisi ein wenig verstimmt. „Aber den Passierschein kriegen Sie sogar umsonst. Ist nur eine Formalie. Darüberhinaus allerdings brauchen Sie auch noch eine Eintrittskarte.“
„Die sicher ein bisschen Geld kostet ...“, unterstellt Petermann Masisi prompt. Der hat unterdessen ein Formular hervorgeholt, das er blanko abstempelt und unterschreibt.
„Ja, selbstverständlich. Welche weltberühmte Stätte können Sie schon umsonst besuchen? Unsere kostet Sie zweitausend Shilling, kaum mehr als einen Dollar! Kriegen Sie auch von mir, diesmal in meiner Eigenschaft als Vertreter des Ministeriums für Altertümer. – Hier muss noch Ihr Name rein, die Passnummer“ – Petermann trägt seinen Namen und trotzig eine Fantasienummer ein –, „dann können Sie damit runter zum Anleger gehen und einen Fischer suchen, der Sie hinüberbringt. Das Fort können Sie schon vom Festland aus sehen, die Fahrt dauert keine halbe Stunde.“
Nachdem der Deutsche Masisi leicht beschämt einen Zweitausender zugeschoben hat, stellt er noch eine Frage: „Könnte ich am Hafen vielleicht auch jemand finden, der mich woanders hin bringt?“
Masisi wird auf der Stelle hellhörig. „ Wo anders hin?“
„Weiß ich gar nicht so genau,“ weicht Petermann fürs Erste aus, „aber Ruinen und Sehenswertes finden sich doch auch andernorts.“
„Ja, natürlich. Wenn’s sich dabei um Kulturgüter handelt, kann ich Ihnen sicher helfen ...“ Das Misstrauen, das Masisi für einen Moment erkennen ließ, ist schnell wieder verflogen. Der muzungu aus dem Norden Deutschlands wird doch nicht etwa dieser gesuchte südafrikanische Söldner sein, dem sie im Radio heute Morgen den Überfall auf die Grenzstation anlasteten?
Petermann, den Masisis Stichwort „Kulturgüter“ auf ganz neue Gedanken bringt, setzt ermutigt seine Fragerei fort. „Einen Autoverleih gibt’s in Kilwa nicht zufällig, oder?“
Das Lachen seines Gegenübers hat er erwartet. „Hören Sie, Jens, Autos sind hier in etwa so exotisch wie ein Computer für ihre Urgroßeltern. Selbst Fahrräder gibt es viel zu wenige. Mit denen lässt sich allerdings auch selten was anfangen, bei den beschissenen Straßen rundum. Ach, was red ich, Straßen kann man diese Matschwege ja kaum nennen. Selbst mit Allradantrieb lässt sich da oft nichts ausrichten. In Kilwa Masoko gibt es gerade mal drei Landrover. Einen besitzt der Polizeichef, den Zweiten der Distriktchef, den Dritten der Grieche. Ein Vierter steht in Kilwa Kivinje beim Krankenhaus. Der Einzige, der so gewartet wird, dass er meistens fährt.“
„Mieten kann ich mir von denen wohl keinen, was?“
„Wozu, Jens? Selbst wenn Ihnen das gelänge – schätze, dafür müssten Sie den doppelten Neupreis als
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